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(Zustimmende Zwischenrufe) Stimmt es, und ist es ntig, da Doktor Samuel Fergusson seine englische Staatsangehrigkeit verleugnet. ? Aber nein, keineswegs . Wenn er Erfolg hat, werden die weien Flecken auf den Karten Afrikas endgltig verschwinden. (Donnernder Applaus) Und wenn sie miglckt. . ? Niemals, es gibt kein Miglcken . . ... wird sie zumindest zu den verwegensten Projekten des menschlichen Genies zhlen (Anhaltendes Getrampel) God save the Queen1 brllte die enragierte Gesellschaft Hoch der Doktor Fergusson rief eine vor Begeisterung sich berschlagende Stimme und ri andere mit, tausend Lippen formten den Namen Fergusson, der, aus englischen Kehlen geschleudert, einen besonders wohltonenden Klang bekam. In diesem drhnenden Konferenzsaal hatten sich all die ergrauten, ausgemergelten, wagemutigen und mimer noch verwegenen Reiseveteranen versammelt, die Wind und Temperament in alle fnf Erdteile getrieben hatte, alle, die noch einmal davongekommen waren, die Zusammenbrche, Schiffbrche und Brnde berstanden hatten, den Tomahawks der Indianer, den Keulen der Eingeborenen, den Marterpfhlen und schlielich den Verdauungsorganen der Wilden Polynesiens entronnen waren. Sie kannten die Furcht nicht mehr, aber whrend dieser Rede des Prsidenten hatte ihr Herz geklopft. Da sich Begeisterung in England schneller noch in Geld Luft macht als in Worten, beschlo man in der gleichen Sitzung, Dr. Fergusson ein kleines Vorschuhonorar von 2500 Pfund Sterling zu berweisen. Die Summe sollte ihm zeigen, da er auf dem richtigen Weg war. Und nach all dem Lob, das man seinem Projekt gezollt hatte, erhob sich der Wunsch, diesen offenbar merkwrdigen Menschen leibhaftig zu sehen. Der Doktor hat sich der Versammlung zur Verfgung gestellt, sagte Sir Francis. Herein mit ihm, brllte es, diesen Mann wollen wir selbst sehen! Vielleicht ist das wieder nur eine herbe Enttuschung, und man will uns mit diesem unerhrten Projekt an der Nase herumfhren! rief ein alter Commodore, den Schicksalsschlge und Schlagflu gezeichnet hatten. Wenn es diesen Doktor berhaupt nicht gbe ... ... mte man ihn erfinden, ergnzte jemand malizis. Da trat gelassen Fergusson herein. Er war ein ungefhr vierzigjhriger Mann von mittlerer Gre und Figur, nur die rtliche Gesichtsfarbe verriet den ausgeprgten Sanguiniker. Aus einem kalten, regelmig geformten Gesicht ragte die Nase wie ein Bugspriet hervor und verriet: Fergusson war der geborene Forscher und Entdecker. Die besondere Anziehungskraft seiner Physiognomie rhrte von den sanften Augen her, in denen sich Wagemut, aber mehr noch Intelligenz ausdrckte. Seine Arme und Beine waren ungewhnlich lang, und an der Art, wie er seine Sohlen bei jedem Schritt abrollte, erkannte man den begnadeten Fugnger. Die unaufdringliche Wrde dieser Erscheinung lie alle betroffen schweigen, die den Mann fr einen Scharlatan gehalten hatten. Dr. Fergusson trat vor die Versammlung, spannte seinen Krper, blickte konzentriert und voll geballter Energie, erhob den Zeige und Mittelfinger wie zum Schwur und sagte nur: Excelsior. Danach setzte er sich in einen Sessel und lie ungerhrt den Beifallsrausch ber sich ergehen. Er hatte das Wort der Stunde getroffen, und der Schlagflu-Commodore war davon so fasziniert, da er die Aufnahme der vollstndigen Rede in das Bulletui der Kniglichen Gesellschaft fr Geographie verlangte. Vater Fergusson war Kapitn der Royal Navy gewesen und hatte seinen Sohn bereits im zarten Kindesalter in den abenteuerlichen und gefhrlichen Seemannsberuf eingefhrt. Schon damals zeigte der Junge ohne Furcht und Tadel einen Hang zu Forschung und Wissenschaft; er verstand es, sich geschickt aus den schwierigsten Affren zu ziehen und bestand selbst die schwerste Prfung fr alle Kinder: zum ersten Male mit Messer und Gabel zu essen, bravours. Kaum konnte er lesen, hatte er auch die Geschichten der groen Entdeckungen verschlungen. Aber er nahm die Schilderungen nicht etwa kritiklos hui. Wenn er Robinson Crusoe gewesen wre, htte er vieles anders angepackt, vor allem aber die Insel niemals wieder verlassen selbst wenn man ihn zum Ersten Lord der Admiralitt gemacht htte. Sicherlich hatten diese Beschftigungen die psychische Entwicklung des Rindes stark beeinflut. Der Vater nahm schien Sohn aber nicht nur auf Reisen in alle vier Ecken der Welt mit, sondern unterwies ihn auch ernsthaft und streng in der Ozeanographie, Physik und Mechanik, ohne die allgemeinen Grundlagen der Botanik, Medizin und Astronomie zu vergessen. Beim Tod des Kapitns war Samuel Fergusson 22 Jahre alt und hatte schon die erste Weltreise hinter sich. Bald verdiente er sich im bengalischen Pionierkorps die ersten Meriten, obwohl er weder gern gehorchte noch gern befahl. Als er den Dienst quittiert hatte, hing er sich Jagdgewehr und Botanisiertrommel um und durchstreifte zu Fu den indischen Subkontinent von Kalkutta bis Surat. Von dort aus fuhr er nach Australien und schlo sich der Expedition des Kapitns Sturt an, der mitten in Neu Holland das legendre Kaspische Meer entdecken sollte. Nach kurzem Aufenthalt in England packte ihn wieder die Forscherlust, und er begleitete Kapitn McClure von 1850 bis 1853 bei einer Kstenforschungsreise von der Beringstrae bis Cap Farewell. Auch bei den schlimmsten Strapazen lie ihn seine Konstitution nicht im Stich, denn er verstand es, sich allen Entbehrungen anzupassen. Das Volumen seines Magens konnte sich auf Befehl verkleinern, und seine Beine zogen sich zusammen, wenn das Dschungelbett zu kurz war; er konnte auf der Stelle einschlafen und zu jeder gewnschten Zeit wieder aufwachen. Bei diesen Voraussetzungen versteht es sich von selbst, da Samuel Fergusson von 18551857 zusammen mit den Brdern Schlagintweit den Westen Tibets durchforschte, von wo er hochinteressante ethnographische Analysen mit nach Hause brachte. Whrend dieser Zeit hatte er sich auerdem als fleiiger Sonderkorrespondent einen Namen gemacht, er schrieb farbigpackende Reportagen fr ein Groschenblatt, den Daily Telegraph, das bei einer Auflage von 140 000 Exemplaren mehrere Millionen Leser erreicht. Obwohl er bei keinem der illustren Institute Mitglied war und keiner der unzhligen kniglichen geographischen Gesellschaften angehrte, war er auch unter Fachleuten bekannt wie ein bunter Hund. Mit dem Vorsitzenden der renommierten Royal Polytechnic Institution, dem Statistiker Kokburn, war er sogar eng befreundet. Kokburn stellte bei einem Staatsexamen einmal folgende Aufgaben: 1. Wenn die Krpergre Dr. Fergussons und die von ihm zurckgelegten Entfernungen bekannt sind: wieviel weiter ist dann der Kopf gereist als die Fe? 2. Wenn die von Kopf und Fu zurckgelegten Wegstrecken gegeben sind: wie gro ist dann Dr. Fergusson? (Rechenschiebergenauigkeit gengt.) Fergusson hielt sich von allen Disputen fern. Er liebte den Kampf mit der Natur, aber nicht die Kontroverse auf dem Papier. Er unterschied sich grndlich von anderen Englndern, die zumeist, wenn sie mit einer Kutsche rund um den Genfer See gefahren waren, so unglcklich gesessen hatten, da sie whrend der ganzen Fahrt nur ihr Gegenber und die Fenstergardine sahen, aber spter in London von der malerischen Schweizer Landschaft schwrmten. Wenn Fergusson von einer Landschaft sprach, so konnte man sichergehen, da er sie nicht nur gesehen, sondern auch zu Fu durchquert hatte. Er fuhr jedoch nie aus bloer Lust am Reisen in die .Ferne. Er selbst behauptete, er werde zu seinen Reisen getrieben und sagte gern: Nicht ich verfolge meinen Weg, mein Weg verfolgt mich. Ein Biograph mutmate bereits, Fergussons auergewhnliche Expeditionen seien weniger auf wissenschaftliche Neugier als auf einen bestimmten Drang im Unterbewutsein zurckzufhren, und das ist gar nicht so unwahrscheinlich. Es erklrt jedenfalls die Gleichgltigkeit, mit der Dr. Fergusson die berlaute Resonanz auf seinen Plan in der Kniglichen Gesellschaft fr Geographie hinnahm. Er hielt sein Projekt fr so simpel und naheliegend und befand sich jenseits von Stolz und Eitelkeit, so da ihn die Aufregung des Publikums nicht mehr erreichte. Im Anschlu an die Sitzung gab man zu Ehren des Doktors ein Festbankett im Traveller's Club auf der Fall Mall. Zum Diner hatte man einen Str aus dem Kaspischen Meer herangeschafft, der nur 3 cm krzer war als Samuel Fergusson selbst. Dazu fuhr man die erlesensten franzsischen Weine auf und stie auf nicht weniger als 129 berhmte Afrikareisende an, nmlich: Abbadie, Adams, Adamson, Anderson, Arnaud, Baikie, Baldwin, Barth, Batouda, Beke, Beltrame, du Berba, Bimbachi, Bolognesi, Bolwik, Bolzoni, Bonnemain, Brisson, Browne, Bruce, Brun-Rollet, Burchell, Burckhardt, Burton, Caillaud, Cailli, Campbell, Chapman, Clapperton, Clot-Bey, Colomieu, Courval, Cumming, Cuny, Debono, Decken, Denham, Desavanchers, Dicksen, Dickson, Dochard, Duchaillu, Duncan, Durand, Duroule, Duveyrier, Erhardt, d'Escayrac de Lauture, Ferret, Fresnel, Galinier, Galton, Geoffroy, Golberry, Hahn, Hahn, Harnier, Hecquart, Heuglin, Hornemann, Houghton, Imbert, Kaufmann, Knoblecher, Krapf, Kummer, Lafargue, Laing, Lajaille, Lambert, Lamiral, Lampriere, John Lander, Richard Lander, Lefebvre, Lejean, Levaillant, Livingstone, Maccarthie, Maggiar, Maizan, Malzac, Moffat, Mollien, Monteiro, Morrisson, Mungo-Park, Neimans, Overwev, Panet, Partarrieau, Pascal, Pearse, Peddie, Peney, Petherick, Poncet, Prax, Raffenel, Rath, Rebmann, Richardson, Riley, Ritchie, Rchet d'HeVicourt, Rongwi, Rscher, Ruppel, Saugnier, Speke, Steidtner, Thibaud, Thompson, Thornton, Toole, Tousny, Trotter, Tuckey, Tyrwitt, Vaudey, Veyssiere, Vincent, Vinco, Vogel, Wahlberg, Warington, Washington, Werne, Wild und zum Schlu auf Dr. Samuel Fergusson selbst, der die Forschungen dieser Reisenden durch sein unwahrscheinliches Projekt miteinander verbinden und die Konsequenz aller Afrikareisen ziehen will. Und im Daily Telegraph war am nchsten Tag zu lesen: ENDLICH WIRD DAS GEHEIMNIS DER AFRIKANISCHEN WSTEN GELFTET! Ein moderner dipus Er will das Rtsel der Sphinx Afrika lsen! Woran die Gelehrten seit 600 Jahren scheiterten ... (Eigener Bericht). Die Suche nach den Nilquellen, fontes Nili quarere, galt bisher als aussichtsloses, wahnwitziges Unternehmen. Erst vor kurzem sind drei Unternehmen ergebnislos verlaufen. Dr. Barth folgte dem von Denham und Clapperton angegebenen Weg bis in den Sudan, Dr. Livingstone erforschte das Gebiet vom Kap der Guten Hoffnung bis an den Sambesi, die Kapitne Burton und Speke entdeckten die groen Binnenseen. Damit waren drei Wege erschlossen; deren Schnittpunkt aber, das Herz Afrikas selbst, blieb unzugnglich. Die neue khn geplante Expedition von Dr. Samuel Fergusson wird die Ergebnisse aller dieser Vorgnger nutzen. Der verwegene Forscher, dessen fesselnde Reiseberichte unsere Leser so oft verfolgt haben, will jetzt in einem Ballon Afrika von Osten nach Westen durchqueren. Nach unseren Informationen startet er auf der zauberhaftesten der Inseln: auf Sansibar. Das Ziel der Fahrt kann noch nicht mit Sicherheit angegeben werden, da es wesentlich vom Zufall bestimmt sein wird. Selbstverstndlich werden wir unsere Leser ber den Verlauf dieser in der Geschichte der Geographie einmaligen Forschungsreise stndig auf dem laufenden halten ... Dieser Artikel erregte nicht nur Aufsehen, sondern auch Zweifel; viele hielten die Gestalt des Dr. Fergusson fr fingiert, erfunden von jenem berchtigten Sensationsjger und Showman Barnum, der nach den Vereinigten Staaten nun auch England unsicher machte. Die Genfer Zeitschrift Bulletin de la Societe Geographique verulkte nicht nur das Projekt, sondern auch Bankett und Str, worauf Herr Petermann, ein Freund Fergussons, in seinen Gothaer Mitteilungen schrfstens zurckschlug. Bald darauf wurden die ersten Vorbereitungen publik, und aus aller Welt trafen Glckwunschtelegramme ein. Verschiedene geographische Fachzeitschriften errterten die Details der Reise. Dr. W. Koner analysierte in einer sehr sorgfltigen Arbeit fr die Zeitschrift fr allgemeine Erdkunde die Art der Hindernisse; er begeisterte sich fr die Vorzge einer Luftreise, nur den Startplatz hielt er fr ungnstig und empfahl statt dessen die abessinische Hafenstadt Massaua, wo James Bruce 1768 zu den Nilquellen aufgebrochen war. Die North American Review versuchte den amerikanischen Neid satirisch zu verbrmen und forderte den Doktor auf, wenn er doch schon auf dem Weg nach Westen sei, auch rasch nach Amerika hinberzufliegen. Bald gab es, vom Evangelischen Missionsblatt bis zur Revue fr Algier und die Kolonien, von den Annalen der Glaubensverbreitung bis zum Kirchlichen Intelligenzblatt fr Missionare kein wissenschaftliches Blatt mehr, das sich nicht unter irgendeinem Gesichtspunkt mit Fergussons Projekt befat htte, ganz zu schweigen von der Massenpresse. In London und im ganzen brigen England wurden riesige Wetten abgeschlossen: Gibt es den Doktor Fergusson, oder gibt es ihn nicht? Wird die Reise unternommen oder nicht? Kommt Dr. Fergusson zurck oder nicht? Die Englnder setzten dabei Summen, als ginge es ums Epsom-Derby. Fergusson selbst gab jede gewnschte Auskunft ber sein Vorhaben, denn er war der zugnglichste und unkomplizierteste Mensch von der Welt. Er mute allerdings die Angebote mehrerer Abenteurer abweisen, die sich an Risiko und Ruhm der Expedition beteiligen wollten. Und er schickte eine ganze Reihe von Erfindern wieder nach Hause, die ihm ein Speziallenksystem fr seinen Ballon empfahlen. Wenn man ihn jedoch fragte, ob er eine Eigenkonstruktion entwickelt habe, verweigerte er abrupt jede Auskunft. ~2 Dr. Fergusson hatte einen Freund, aber nicht, wie man denken knnte, ein alter ego, ein zweites Ich, denn zwischen zwei vollkommen gleichartigen Menschen kann keine echte Freundschaft entstehen. Samuel Fergusson und Dick Kennedy waren in ihren Eigenschaften, Talenten und Temperamenten grundverschieden, aber sie stimmten in Herz und Seele berein. Kennedy war ein Schotte vom reinsten Wasser, offen, resolut und hartnckig. Er wohnte in Leith, einem Vorort von Edinburgh. Natrlich ging er auf Fischfang, wenn er nicht serner Jgerpassion huldigte, wie es sich fr einen Mann von Stand und Sohn der Highlands gehrte. Er scho so gut, da in Jgerkreisen das Gercht in Umlauf war, er knne eine Messerklinge so genau treffen, da beide Hlften der durchschnittenen Kugel genau das gleiche Gewicht htten. Obwohl er herkulisch gebaut war, bewegte er sich grazil und behende. Aus einem wettergegerbten Gesicht stachen schwarze, lebhafte Augen hervor; seine gutmtige und verlliche Erscheinung nahm spontan fr ihn ein. Fergusson und er hatten sich beim Dienst im gleichen indischen Regiment kennengelernt. Sie gingen gemeinsam auf die Jagd, Dick sprte Tiger und Elefanten, Samuel Insekten und Pflanzen auf, und beide hatten auf ihre Weise Erfolg. Da sie niemals in die Verlegenheit gekommen waren, sich gegenseitig das Leben retten zu mssen oder sonstwie Gutes zu tun, verband sie eine feste, dauernde Freundschaft. Trennungen waren nie von langer Dauer, denn ihre gegenseitige Sympathie fhrte sie immer wieder zusammen. Nach der Tibet-Expedition hatte der Doktor fast 2 Jahre lang nicht mehr von Forschungsreisen gesproczhen, und Dick begann schon zu hoffen, da die gefhrlichen Fahrten des Doktors ein Ende gefunden htten. Er wre herzlich froh darber gewesen, denn er hatte schon oft seinen Freund beschworen, endlich zu Hause zu bleiben, da er fr die Wissenschaft genug, fr die Dankbarkeit seiner Mitmenschen bestimmt schon viel zu viel geleistet habe. Dr. Fergusson gab auf solche Vorhaltungen keine Antwort. Er war jedoch in den letzten Monaten zunehmend nachdenklich geworden, schlug sich die Nchte mit geheimnisvollen Berechnungen und Experimenten um die Ohren, und Dick gewann die berzeugung, da sich trotz aller Verschwiegenheit in Samuel Fergusson eine gefhrlich groe neue Idee entwickelte. Als der Doktor dann im Januar nach London abgereist war, brauchte Kennedy nur wenige Tage zu warten, bis der Artikel im Daily Telegraph erschien und die Lsung brachte. Barmherziger! rief der Schotte. Der Mensch ist bergeschnappt. Mit dem Ballon ber Afrika! Sonst geht es ihm hoffentlich noch gut! Frau Elspeth, seine Haushlterin, beschwichtigte ihn und meinte, er sei wohl einer Zeitungsente aufgesessen. Ach was! rief Dick. Diese Idee riecht natrlich ringsum nach Samuel Fergusson. Eine Luftreise! Die Vgel nachffen! Wenn man ihn jetzt nicht bremst, fliegt er eines Tages auch noch auf den Mond, und dann gute Nacht! Noch am gleichen Abend setzte er sich in den Zug und kam frh am anderen Morgen in London an. Eine Dreiviertelstunde spter setzte ihn eine Droschke in der Greek Street am Soho Square ab. Auf fnfmaliges Klopfen, ihr altes Zeichen, rief der Doktor: Dick? Er selbst, antwortete Kennedy, Der Doktor ffnete und zeigte sich berrascht. Mitten in der Winterjagdzeit fhrst du nach London? fragte er. Kennedy zog den Daily Telegraph aus der Tasche: Samuel, stimmt dieser Artikel? Ach das! Die Presse ist doch reichlich indiskret, findest du nicht? Setz dich erst mal, alter Freund. Zuerst sagst du mir, ob dieser Ballon eine Ente ist oder ob er auf deinem Mist gewachsen ist, fragte der Schotte unbeirrt. Welch seltsame Sprache fhrst du, lachte Fergusson. Ein Ballon ist keine Ente. Aber ich verstehe deinen Unmut. Du bist mir sicher bse, da ich dich noch nicht eingeweiht habe, aber ich steckte so in Arbeit. Natrlich hatte ich dir auf jeden Fall in den nchsten Tagen geschrieben .. . Das httest du dir sparen knnen. Durchaus nicht, Dick. Ich wollte dich nmlich bitten, mitzufliegen. Mich auch ins Irrenhaus bringen! rief der Schotte wtend. Ich habe ganz sicher mit dir gerechnet, alter Junge. Du bist der einzige, den ich mir als Gefhrten vorstellen knnte. Kennedy kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wenn ich aber nicht mitfliegen will? fragte er. Du wirst mir noch dankbar sein, wenn du mal genau .. Wenn ich aber absolut nicht will? Dann fliege ich ganz allein. Mutterseelenallein! Um Gottes willen, sagte Kennedy, das ist ja noch schlimmer, noch verrckter und noch gefhrlicher. Pshaw, Gefahren, sagte der Doktor. Alles ist gefhrlich. Es gibt Leute, die setzen blo ihren Hut auf und ersticken dabei. Was geschehen soll, geschieht, was geschehen ist, wird wieder geschehen, und die Zukunft ist nichts anderes als die verlngerte Gegenwart. Deinen verfluchten Fatalismus kenn' ich. Wer zum Hngen geboren ist, stirbt nicht durch Ertrinken. Sprche! Sprichwort! Jetzt kam Kennedy mit konkreten Einwnden. Wenn du schon ohne Afrika nicht glcklich wirst, warum mut du dann unbedingt anders reisen als gewhnliche Sterbliche? Weil schon zu viele Namen auf der Afrika-Verlustliste stehen! sagte der Doktor und wurde allmhlich ungeduldig. Man kann sich nicht gleichzeitig gegen Hunger, Durst, Hitze, Fieber, gegen wilde Tiere und noch wildere Eingeborenenstmme wehren. Wenn man Erfolg haben will, mu man die Methoden wechseln, und wo man nicht durchkommen kann, geht man eben drber weg. Aber du willst doch gar nicht gehen, sondern gleich fliegen, antwortete Kennedy. Na und? Mein Ballon ist so konstruiert, da er einfach nicht abstrzen kann. Wenn ich aber doch herunterfalle, bin ich auch nicht schlechter dran als andere Afrikafahrer. Dick, mein Ballon bleibt in der Luft. Ich steige nicht aus, bevor ich die westafrikanische Kste erreicht habe. Mit dem Ballon ist nichts immglich. Weder Hitze und Wstenstrme noch Tiere und Menschen knnen mir gefhrlich werden. Wenn es zu hei wird, steige ich hoch, wird es zu kalt, lasse ich den Ballon sinken. ber Berge, Schluchten und Flsse schwebe ich hinweg, und wenn ein Gewitter kommt, dann schau ich's mir von oben an. Vor meinen Augen wird sich die Karte Afrikas enthllen. Kennedy war fast gerhrt von soviel Zuversicht. Du redest ja fast, sagte er, als knntest du deinen Ballon auch lenken. Nein, das ist immglich. Dann fliegst du also ... Wohin der Zufall will. Die Passatwinde werden mich jedenfalls von Osten nach Westen treiben. Und wer fngt dich im Westen auf? 3 oder 4 Schiffe werden zur Zeit meiner Ankunft vor der afrikanischen Westkste kreuzen. Jedenfalls sind wir in lngstens 3 Monaten in Sansibar, fllen den Ballon, und ab geht's durch die Mitte. Ich hre immer wir-r, sagte Dick. Hast du vielleicht etwas dagegen? Ja, Grnde. Wie willst du zum Beispiel verhindern, da sich das Gas langsam verflchtigt? Alle langen Ballonfahrten sind bis jetzt daran gescheitert. Lieber Dick, mir entwischt kern einziges Gasmolekl! Wie willst du den Ballon dann steigen und sinken lassen? Geheminis! Du kannst mir ruhig vertrauen. Stichwort: Excelsior. Okay, Excelsior, antwortete der Schotte und nahm sich insgeheim vor, die Reise mit allen Mitteln zu verhindern. ~3 Dr. Fergusson berwachte selbst den Bau seines Ballons, und Kennedy wich ihm nicht von der Seite, erfllt von panischer Angst, Fergusson knne sich pltzlich vom Fleck weg In die Luft schwingen. Alle Vorhaltungen, berzeugungsversuche und Bitten halfen nichts, der Doktor blieb unbeirrbar und lernte in seiner Freizeit seelenruhig Arabisch, Kisuaheli und Mandingo-Dialekte. Kennedy dagegen wurde von Alptrumen geplagt. Er schwebte im Schlaf in die Lfte hinauf und schaukelte dort mit immer strker werdenden Schwingungen hin und her, bis er abstrzte. Einige Male wurde der Traum so plastisch, da Kennedy tatschlich aus dem Bett fiel und am nchsten Morgen eine Beule vorfhren konnte. Heute war es nur l m, sagte er zu Fergusson, und l cm die Beule. Wie wird das erst werden, wenn ich aus einer Hhe von ... Wir strzen nicht ab, antwortete der Doktor kurz. Kennedy konnte nur noch staunen, sowohl ber die Selbstsicherheit wie darber, da der Doktor nur noch im Plural sprach: Wir werden . .. Auch das Possessivpronomen hatte diese Wandlung mitgemacht: Unser Ballon . .., unsere Expedition . . . Zunchst war der Schotte darber entrstet, da man so ungefragt ber ihn verfgte, aber dann begann diese psychologisch fein dosierte Berieselung zu wirken, und pltzlich kam ein Paket mit Reisekleidung aus Edinburgh, bei dem er feststellen mute, da er es selbst bestellt hatte. Die letzte und schrfste Auseinandersetzung gab es, als Kennedy uerte, ob die Nilquellen einer Entdeckung berhaupt wert seien. Ob diese Reise auch nur einen Deut zu einem friedlichen Dasein der Menschen beitrgt? fragte er. Schlielich ist ja doch sehr ungewi, ob die Vlker Afrikas sich als Teil der zivilisierten Welt wirklich glcklicher fhlen wrden. Nimm nur mal an, da die Afrikaner einen echteren Begriff von Zivilisation verwirklicht htten als die Europer... einen fr sie passenderen jedenfalls. Ich bin berzeugt, es gibt ber kurz oder lang in einem Monat, in einem Jahr bequemere und ungefhrlichere Fortbewegungsmittel. Vielleicht kommt schon bald irgendein Kopf auf die Idee . .. Da schrie ihn Fergusson fast an: Du gnnst mir diesen Ruhm wohl nicht, du Schurke! Soll ich mich vielleicht vor meiner eigenen Vergangenheit lcherlich machen, in der mir kein Weg zu lang, kein Wasser zu tief, kein Hindernis zu hoch erschien? Wenn ich jetzt klein beigbe, wre ich vor der Geographischen Gesellschaft und vorm ganzen Vereinigten Knigreich blamiert! Aber.. . Hast du vergessen, da mir eine andere Expedition schon Konkurrenz macht? eiferte Fergusson weiter. Es wollen schon wieder mal Entdecker nach Zentralafrika aufbrechen. Jetzt hr mir genau zu, und schau dir diese Karte an. Siehst du hier den Nil mit der Stadt Gondokoro am Oberlauf? Wenn du da deinen Zirkel einstichst, einen Bogen auf die Stadt Kazeh schlgst, dort dem 33. Lngengrad nach Norden folgst, triffst du genau das Sdende des Viktoria-Sees. Wenn man den Eingeborenen glauben kann, dann erstreckt sich der See bis ber den quator hinaus. Der Ausflu am Nordende mu notwendigerweise irgendwo in den Nil mnden, wenn er nicht der Nilursprung selbst ist. Klar? Na ja. Und jetzt pa noch einmal auf. Die Geographische Gesellschaft ist dahintergekommen, da es mit dem von Speke entdeckten See einiges auf sich hat. Unter ihrer Schirmherrschaft ist der frhere Leutnant, jetzige Kapitn Speke zusammen mit einem Hauptmann Grant und einer phantastisch ausgersteten Expedition 1860 von Sansibar aufgebrochen und will ber den See nach Gondokoro. Er hat nicht blo 5000 Pfund Regierungszuschsse bekommen, sondern auch Hottentotten-Soldaten. Auerdem kommt den Forschern und ihrer Expedition von Khartum aus ein Dampfboot entgegen, vom Foreign Office finanziert. Gar nicht so dumm, solche Manahmen, sagte Kennedy. Du siehst also selbst, wie die Zeit drngt, wenn wir Rahm und Ruhm der Forschung noch abschpfen wollen. Aber das ist noch nicht alles. Auch andere Forscher dringen zum Herzen Afrikas vor. Aber doch wohl zu Fu. Sicher, antwortete Fergusson, ein Dr. Krapf will den quator von Westen her erreichen, und ein Baron von Decken hat von Mombasa aus das Kenia- und Kilimandscharo-Massiv bestiegen und ist nun auf dem Weg nach Zentralafrika. Auch zu Fu? fragte Kennedy. Oder auf Maultieren. Ein quantitativer, kein qualitativer Unterschied, sagte Kennedy. Dann hat von Heuglin, der sterreichische Vizekonsul in Khartum, eine Gruppe organisiert, die auf der Suche nach dem verschollenen Afrikafahrer Vogel von Massaua startet und bis zum Tschad-See nach Westen vordringen will. Der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha hat extra zu diesem Zweck ein wissenschaftliches Komitee einberufen, das auch die notwendigen Geldmittel zur Verfgung gestellt hat. Und wenn diese Expedition am Tschad-See ankommt, dann ist Afrika von Osten nach Westen durchquert, und ich kann einpacken! Ich wnsche all diesen Menschen jedenfalls nichts Bses, antwortete Dick Kennedy. ~4 Dr. Fergussons Diener Joe war das Musterbeispiel eines guten Hausgeistes. Bevor Fergusson, der Herr, einen Auftrag ganz ausgesprochen hatte, fhrte Joe ihn auch schon durch und verlor dabei niemals seine prchtige Laune. Man konnte sich in smtlichen Fragen und Nten des tglichen Lebens auf ihn verlassen. Er kannte den Geschmack seines Herrn und bercksichtigte ihn, wenn er Mens zusammenstellte; und wenn er Koffer packte, verga er weder Taschentcher noch Zahnbrsten. Ob Schlssel oder Geheimnisse, man konnte ihm alles anvertrauen, denn er war die Korrektheit selber. Fr Joe war Dr. Fergusson nicht nur der Herr, sondern auch das Idol, dessen Ansichten er unbesehen bernahm. Alles, was Fergusson sagte, war fr Joe grundwahr. Alle Fergusson-Plne waren vernnftig, alles Vernnftige war mglich, alles Mgliche gelang, wenn Fergusson es anpackte. Mit Fergusson leben das schien ihm von allen irdischen Vergngen das grte. Als der Doktor mit seinem Luftreisenplan kam, stand fr Joe fest, da er mitfahren wrde, ohne da er ein Wort darber verlor. Htte man fr die Affen im Zoo einen Turnlehrer gebraucht, dieser Diener wre der richtige Mann gewesen. Er konnte springen, klettern, fliegen und Rollen vorwrts und rckwrts machen. Seine Augen waren so scharf, da er, wie Keplers Lehrer Mstlin, mit bloem Auge die Jupitermonde unterscheiden und vierzehn Sterne der Plejaden erkennen konnte. Er erkannte und grte daher alle Leute schon von weitem und wurde wegen dieser Hflichkeit sehr gelobt. Es ging ihm berhaupt alles leicht von der Hand, auch die geistige Arbeit. Seine Allgemeinbildung war nicht sehr weitreichend, deshalb konnte man ihm viel erzhlen, und er fand es selbstverstndlich, logisdi und natrlich. Dadurch, da er einen unaufdringlichen, nie versagenden Optimismus besa, kam es zwischen Kennedy und ihm notwendig dauernd zu Spannungen. Der eine ewig zweifelnd, der andere ewig vom Erfolg berzeugt, lagen sie sich tglich ber das Unternehmen in den Haaren .. . Glauben Sie, sagte Joe, ich lasse ihn jetzt allein reisen, nachdem wir miteinander durch die halbe Welt gefahren sind? Wer wrde ihm denn beim Sprung die Hand reichen? Wer wrde ihn pflegen, wenn er krank wird? Nein, Herr Dick, Joe ist mimer dabei. Aber Sie sprechen von dieser Reise mit einer Verachtung, als kmen Sie nicht mit. Doch. Doch, doch. Ich fahre mit. Aber nur, um Samuel noch im letzten Augenblick von der grten Dummheit seines Lebens zurckzuhalten. Meinetwegen bis nach Sansibar, jawohl, ich gehe bis nach Sansibar, wenn ich diesen verrckten Plan verhindern kann. Verzeihen Sie, aber mit Ihrer Jagdleidenschaft scheint es nicht mehr weit her zu sein, da Sie sich ein so herrliches Revier wie Afrika einfach entgehen lassen wollen! Wissen Sie brigens, da wir alle drei heute gewogen werden? Was? Bin ich ein Jockey? Keine Angst, Sie brauchen keine Abmagerungskur zu frchten. Dr. Fergusson mu nur Ihr Gewicht kennen, damit er die Gasmenge danach berechnen kann. Aber ohne mich. Soll er sehen, wie er seinen Apparat berechnet. Ich kenne Sie doch, sagte Joe. Jetzt sagen Sie noch heroisch nein, aber nachher, wenn Dr. Fergusson zurckkommt und Ihnen in die Pupille schaut und sagt: >Dick, du mut gewogen .. .< Da ging die Tr auf, Fergusson kam herein. Er sah Kennedys mimutiges Gesicht, lie sich aber nicht irre machen und sagte: Dick und Joe, ihr kommt jetzt mit zum Wiegen. Aber... Du kannst bleiben, wie du bist, Dick. Und Kennedy ging mit in die Ballonwerkstatt von Herrn Mitchell, wo er fand, da die Schnellwaage 76,5 kg fr ihn anzeigte. Dann stieg Joe auf die Waage und nahm eine Pose ein wie der General Wellington, der am Eingang zum Hydepark den Achilles nachfft. Er wog nur 60 kg, der Doktor 67,5 kg. Zusammen hatten sie ein Gewicht von 204 kg, und der Doktor war's zufrieden. Zunchst muten jetzt die Fragen des Gesamtgewichts und des Gasvolumens geklrt werden. Mannschaft und Ausrstung wrden rund 2000 kg wiegen. Welche Gasmenge wrde dieses Gewicht tragen? Wasserstoffgas ist leicht herzustellen und hat sich bei allen Ballonversuchen bewhrt. Fergusson rechnete folgendermaen: Wenn 1660 m3 Luft etwa 2000 kg wiegen und Wasserstoffgas vierzehneinhalbmal leichter ist als Luft, dann wiegen 1660 m2 Wasserstoffgas nur rund 138 kg, das heit, aus dem Unterschied von 1862 kg zwischen Luftgewicht und Gasgewicht besteht die Auftriebskraft des Ballons. Der Rauminhalt des Ballons mute allerdings grer sein als 1660 m3; sobald der Ballon steigt und der Luftdruck der Umgebung abnimmt, dehnt sich das Gas immer strker aus und zerreit schlielich die Ballonhlle. Dr. Fergusson lie einen lnglichen Ballon anfertigen, mit einem vertikalen Durchmesser von 23,5 m und einem horizontalen von 15,6 m. Das Volumen fate rund 3400 m3. Mit 1660 m3 Wasserstoffgas war der Ballon halb gefllt. Fergussons erste und liebste Idee war, zwei Ballons miteinander zu koppeln, um jedes Risiko zu vermeiden. Wre ein Ballon geplatzt, htte man sich mit dem anderen noch gut in der Luft halten knnen, wenn man gengend Ballast abwarf. Allerdings mute er einsehen, da sich mit einem Doppelballon nur sehr mhsam manvrieren lt. Fergussons endgltige Konstruktion war dann genial: sie nutzte die Vorteile von zwei Ballons aus, ohne da die Nachteile, in Kauf genommen werden muten, denn sie schlo einen kleineren in einen greren Ballon ein. Der Innenballon hatte einen vertikalen Durchmesser von 21 und einen horizontalen Durchmesser von 14 m und ein Volumen von 2500 m3. Innerer und uerer Ballon waren durch ein Ventil miteinander verbunden. Auf diese Weise konnte man das Gas aus dem groen Ballon ablassen, ohne mit der schlaffen Ballonhlle einen gefhrlichen Windfang zu bieten, da sie abgeworfen werden konnte. Falls der uere Ballon platzte, reichte der Auftrieb des inneren, um die Gondel in der Luft zu halten. Das Material der Hlle bestand aus gummiertem Lyoner Taft, der absolut gasdicht war und auch von Suren nicht angegriffen werden konnte. Die jenigen Stellen, die in geflltem Zustand dem strksten Druck vom Netz ausgesetzt sind, lie Fergusson mit zustzlichen Taftbahnen unterlegen, l m2 Taft wog 250 g, so da die Hlle des groen Ballons mit einer Oberflche von rund 1300 m3 ein Gewicht von 325 kg und die Hlle des kleinen Ballons ein Gewicht von 255 kg besaen, zusammen 580 kg. Die Gondel mit einem Durchmesser von 5 m wurde aus Korbweide geflochten und durch Eisenbnder verstrkt. Sprungfedern sollten den Gondelboden vor allzu harten Aufschlgen schtzen. Die Gondel hing an Hanfseilen mit dem Ballon zusammen, alles in allem wog sie 140 kg. Aus 4,5 mm starkem Blech lie der Doktor zwei Ksten anfertigen, die spter durch Rhren und Hhne miteinander verbunden und genau in die Gondel eingepat wurden. Beim endgltigen Zusammenbau konnte noch eine Rohrschlange an die Blechbehlter angeflanscht werden, die in zwei verschieden lange Enden auslief. Auch eine stromstarke Bunsen-Batterie gehrte dazu. Der ganze mysterise Apparat war so gewichtsparend konstruiert, da er zusammen mit 110 Litern Wasser nicht mehr als 350 kg wog. Das Greenwicher Observatorium hatte Dr. Fergusson beraten, als es um die Instrumente ging. Zwei Barometer, zwei Kompasse, zwei Chronometer, ein Sextant, ein knstlicher Horizont und ein Azimutkompa bildeten schlielich die Me-Ausrstung. Dr. Fergusson hatte nicht die Absicht, physikalische Versuche anzustellen, er wollte mit diesen Instrumenten lediglich die Fahrtrichtung und die geographische Lage von Bergen, Flssen und Stdten exakt bestmimen knnen. Dazu kamen noch weitere Hilfsmittel und Werkzeuge: drei eiserne Anker, eine 17m lange Seidenleiter, ein Zelt, um die Gondel abzudecken, Decken, Gewehre, Kugeln und Pulver. Groe Sorgfalt verwandte er auf die Auswahl der Lebensmittel, denn sie muten nahrhaft und durften nicht zu schwer sein, da das Gewicht der Gondel nicht zu rasch abnehmen durfte. Daneben wurde auch etwas Ballast verladen, aber nur fr den uersten Notfall, da Fergusson glaubte, er habe die Ballastfrage durch seine Spezialkonstruktion gelst. Die endgltige Gewichtsaufteilung sah folgendermaen aus: Fergusson 67,5 kg Kennedy 76,5 kg Joe 60 kg uerer Ballon 325 kg Innerer Ballon 255 kg Gondel und Leinen 140 kg Anker, Instrumente, Decken, Waffen etc. Fleisch, Pemmikan, Zwieback, Tee, Kaffee, Schnaps Wasser Apparat Wasserstoff Ballast Summe: 2.000 kg ~5 Die beiden Ballonhllen hatten ihre Zerreiprobe bestanden, und bis zur Abfahrt blieb noch ein wenig Zeit. Joe war vor Aufregung stndig auf den Beinen und versuchte alle Leute, die er traf, fr die Plne und Ideen seines Herrn zu erwrmen. Vielen zeigte und erklrte er auch den Ballon, und es wre in Anbetracht der Lage der arbeitenden Klassen in England ein Wunder gewesen, wenn Joe fr seine technische Fhrung kein kleines Eintrittsgeld erhoben htte. Am 16. Februar ging die Resolute, ein kombinierter Segler und Schraubendampfer von 800 Tonnen Tragfhigkeit, bei Greenwich vor Anker. Mit diesem Schiff sollte die Expedition bis Sansibar gebracht werden. Die Resolute war zuletzt in der Polargegend gewesen, um die Expedition von Sir James ROSS mit frischem Proviant zu versorgen. Ihr Kommandant Pennet kannte den Doktor von frheren Reisen her und war an seinem neuen Unternehmen ganz besonders interessiert. Er selbst wirkte eher wie ein Gelehrter als ein Soldat, und die vier Schiffskanonen der Resolute hatten bis jetzt auch nur Salut geschossen. Am 18. Februar wurde der Ballon samt Ausrstung verladen. Dr. Fergusson vergewisserte sich, da die empfindlichen Teile am Boden des Laderaums verstaut wurden. Zu aller Ausrstung kamen noch 10 t Schwefel- sure und 10 t Alteisen, woraus das Wasserstoff gas destilliert werden sollte. Auf 30 Fsser verteilt, wurden die Grundstoffe fr die Gaserzeugung in den Schiffsbauch gehievt. Kennedy strubte sich noch immer gegen die Reise. Dennoch schleppte er zwei doppellufige Przisionshinterlader und einen Karabiner von Purdey Moore & Dickson mit an Bord. Mit diesen Waffen, behauptete er, knne man einer Gemse auf 2000 Schritt Entfernung wahlweise das rechte oder das linke Auge ausschieen. Dazu steckte er sich fr alle Flle zwei sechsschssige Colts und gengend Munition in die Tasche. Die Reisenden hatten sich schon an Bord eingerichtet, als die Knigliche Gesellschaft fr Geographie sie am 20. Februar noch einmal zu einem groen Bankett einlud. Bis spt in die Nacht muten Fergusson, Kennedy, Pennet und die Schiffsoffiziere einen Trinkspruch nach dem anderen ber sich ergehen lassen und htten nach all den guten Wnschen fr ihre Gesundheit, mit denen sie berhuft wurden, jetzt eigentlich so alt werden mssen wie Methusalem. Kennedy hatte nichts gegen gesellige Abschiedsbankette, aber dieses schmeckte ihm nicht. Er wurde fortwhrend beim Essen und Trinken unterbrochen, weil man einen Toast auf seine Courage ausbringen wollte; und dabei wurde er rot, worauf sich ein Toast auf seine tapfere Bescheidenheit anschlo, worauf er noch tiefer errtete, was ihm den Appetit ganz verdarb, worauf man ihn herzlich-gewaltsam zum Essen und Trinken zwang, was ihm den Magen umdrehte, in welchem Elend er zu der berzeugung kam, da er als einziger Gegner des Projekts einen schweren Stand haben wrde. Beim Dessert traf ein Glckwunschtelegramm der Knigin ein, und jetzt gingen die Toasts auf Ihro allergndigste Majestt reihum. Um Mitternacht wurde die Tafel aufgehoben. Die Gste verabschiedeten sich und stiegen an der Westminster-Bridge in die Boote. Bald hatte die starke Themsestrmung sie bis Greenwich gebracht, und um l Uhr rhrte sich nichts mehr an Bord. Zwei Stunden spter heizte man die Kessel an, und um 5 Uhr lichtete die Resolute im Morgennebel die Anker und hielt auf die Themsemndung zu. Alle Gesprche an Bord drehten sich nur um ein Thema: Fergussons Expedition. Der Doktor gab den jungen Offizieren einen kostenlosen Anfngerkursus in afrikanischer Geographie und schilderte ihnen die Reiseabenteuer der bekanntesten Afrikaforscher. Der junge Duveyrier hatte Tuareghuptlinge von seiner Saharafahrt mit nach Paris gebracht, zwei andere franzsische Saharaexpeditionen sollten sich in Timbuktu treffen, von Sden her stie der unermdliche Livingstone gegen den quator vor, seit Mai 1862 wanderte er zusammen mit Macketisie den Rowuma-Flu aufwrts. Nach Meinung des Doktors wrden smtliche jahrtausendealten Geheimnisse Afrikas noch vor dem Ende des 19. Jahrhunderts enthllt sein. Auch ber seine eigene Expedition und ber seine Berechnungen gab Fergusson bereitwillig Auskunft. Man war vor allem ber die geringe Menge Lebensmittel erstaunt, die der Doktor mitgenommen hatte. Glauben Sie vielleicht, unsere Reise dauert mehrere Monate? Dann htten wir das alles ganz anders machen mssen. Wissen Sie, wie weit es von Sansibar bis nach Senegal ist? Nicht viel mehr als 6000, genauer 6500 km! Ist das eine Entfernung? Angenommen, wir bewegen uns nicht einmal so schnell wie die Eisenbahn, sagen wir 400 km in 12 h, dann knnen wir die ganze Strecke in 7 Tagen hinter uns bringen, wenn wir Tag und Nacht in der Luft bleiben. Ich will natrlich berall da, wo es sich lohnt, heruntergehen. Wahrscheinlich mu ich auch fter landen, um zu starken Windstrmungen zu entgehen. Ja, damit werden Sie wohl rechnen mssen, sagte Kommandant Pennet. Es wurden schon Orkane mit einer Geschwindigkeit von 400 km/h registriert. Sehen Sie, antwortete der Doktor, mit einem solchen Sturm knnte man ganz Afrika doch in 12 h berqueren. Frhstck in Sansibar und Abendessen in Saint Louis! Aber halten Ballons denn solche Windgeschwindigkeiten aus? fragte ein Offizier. Auf jeden Fall, antwortete Dr. Fergusson. Zur Krnung Napoleons im Jahr 1804 lie der Ballonfahrer Garnerin um 23 Uhr einen Ballon ab mit der Aufschrift: Paris, 25. frimaire, an XIII, couronnement de l'empereur Napoleon par S.S. Pie VII., am nchsten Morgen um 5 Uhr wurde der Ballon bereits von einigen rmischen Frhaufstehern ber dem Vatikan gesehen, danach verschwand er ber der Campagna und ging schlielich auf den See von Bracchiano nieder. Aber er wird unterwegs eine Menge Gas verloren haben. Ein Mensch hlt so eine Teufelsfahrt doch niemals aus! sagte Kennedy. Wieso nicht? Der Ballon bewegt sich ja nicht in bezug auf die umgebende Luft. Nicht einmal eine Streichholzflamme wrde in der Gondel flackern. Aber du brauchst keine Angst zu haben: Wenn es irgend mglich ist, lassen wir unseren Ballon bei Sturm herunter und verankern ihn an einem Baum. Unsere Lebensmittel reichen immerhin fr zwei Monate, so da wir uns schon einige Pausen leisten knnen. Auerdem kannst du Meisterschtze uns ja zur Genge mit Antilopenkeulen und Affensteaks versorgen. Um Ihr Schufeld beneide ich Sie ja, Herr Kennedy, sagte ein junger Oberfhnrich trumerisch. Sie haben nicht nur das Vergngen, sondern spter auch noch den Ruhm, den derartige Unternehmungen . .. Ich bedanke mich fr Ihre Komplimente, meine Herren, antwortete Kennedy, aber ich werde Sie wohl enttuschen mssen: ich fahre nicht mit. Was, Sie wollen Dr. Fergusson allein lassen? Lassen Sie ihn nur, sagte Fergusson, er kommt aus dem Norden, da liebt man das Theoretisieren. In Wirklichkeit wei er sehr gut, da er mitkommt. Beim heiligen Patrick! rief Kennedy. Ich bin . . . . .. gemessen und gewogen und mit samt deinen Gewehren und Kugeln einkalkuliert. Wenn du jetzt aussteigst, wrdest du das Unternehmen wirklich gefhrden. Und du wolltest doch alle Gefahr vermeiden, oder? ~6 Am 30. Mrz zeichnete sich das Kap der Guten Hoffnung in der Ferne ab, und kurze Zeit spter legte die Resolute im Hafen von Kapstadt an, um Kohlen zu bunkern. Tags darauf umfuhr man die Sdspitze Afrikas und hielt auf die Strae von Mozambique zu. Wenn Fergusson vor den Offizieren dozierte, trieb Joe Volksbildung bei der Mannschaft. Es kostete ihn einige Mhe, bis alle seine Zuhrer die Grundlagen der Luftfahrt begriffen hatten. Aber danach waren seiner berzeugungsgabe keine Grenzen mehr gesetzt. Er entwarf die khnsten Reiseplne, und die Matrosen hrten gebannt und glubig zu. Wit ihr, wenn man einmal auf den Geschmack gekommen ist, dann mag man gar nicht mehr anders reisen. Unsere nchste Expedition geht nur noch nach oben. Da kommt man ja auf den Mond! meinte einer der Zuhrer. Ach, der Mond, sagte Joe, Hinz und Kunz fhrt heute schon zum Mond. Auerdem gibt es dort kein Wasser, sogar die Luft mu man in Flaschen mitnehmen. Mit dem Mond ist kein Staat zu machen. Aber ein Planetenspaziergang wrde, mich schon reizen, wenn ihr mich fragt. Man knnte zuerst mal beim Saturn anklopfen. Das ist doch der mit dem Ring drumherum, sagte ein Maat. Ja ja, der Ehering. Nur die Frau ist ihm durchgegangen. Danach besuchen wir den Jupiter, wo der Tag nur 9% Stunden dauert. Das wre doch etwas fr euch Nichtstuer. Ein Jahr dauert dort allerdings 12 Jahre ... Was, zwlf ? rief ein Schiffsjunge erschrocken. Jawohl, Kleiner, als Jupitermensch wrst du noch ein Sugling, und der Alte da hinten wre ein vierjhriger Knirps. Nicht mglich! schrien alle, lachten und drehten sich nach dem Alten um. Seht ihr, ihr Ignoranten, antwortete Joe, wenn man sich nicht umtut in der Welt, wenn man nichts lernt und sieht und nur so dahinvegetiert, dann bleibt man dumm wie ein Meerschwein. Dr. Fergusson war bei seinen Vortrgen im Zwischendeck zu den letzten und schwierigsten Problemen der Luftfahrt gekommen: zur Lenkbarkeit des Ballons. Ich kenne alle Versuche und Systeme, mit denen man Ballons schon lenken wollte. Die besten Kpfe haben sich daran versucht, aber bis jetzt hat niemand eine brauchbare Lsung gefunden. Die Lenkvorrichtung mte uerst wirkungsvoll und gleichzeitig sehr leicht sein, und genau das kann man mit den augenblicklichen Mitteln der Mechanik noch nicht erreichen. Auerdem hat man bisher versucht, nur die Gondel zu lenken und nicht den ganzen Ballon. Das war grundfalsch. Aber wenn man ein Schiff lenken kann, warum nicht auch ein Luftschiff? Ein Schiff lt sich nur dann steuern, wenn es sich im Wasser aus eigener Kraft fortbewegt. Der Ballon dagegen verhlt sich wie ein Boot, das ohne eigenen Antrieb einen Flu hinunterschwimmt, sich also in bezug auf das Wasser nicht bewegt. Das kann man ja auch nicht steuern. Ist die Ballonkunst schon am Ende? Nein, keineswegs. Es braucht nur ein paar neue, belebende Ideen. Wenn man den Ballon nicht lenken kann, mu man versuchen, z. B. die Fahrthhe zu verndern. Je hher man nmlich steigt, desto gleichmiger werden die Luftstrmungen, denen man sich berlassen kann. Wirbel und nderungen der Windrichtung entstehen nur in Bodennhe, ber Tlern und Bergen. In grerer Hhe aber kann man sich die gnstigste Strmung dann bequem aussuchen. Die Frage ist nur, sagte Kommandant Pennet, wie man sich auf diese Weise lngere Zeit in der Luft halten will, ohne allzuviel Ballast und Gas einzuben. Sie steigen, indem Sie Ballast abwerfen, Sie fallen, wenn sie Gas ablassen. Das geht ein paarmal gut, und bei einer Spazierfahrt mag das auch nicht problematisch sein. Aber was wollen Sie auf einer lngeren Reise unternehmen? Genau da liegt das Problem. Wie lt sich der Ballon in vertikaler Richtung lenken, ohne da man Gas verschwenden mu, denn Gas ist nun mal der Motor und das Herz des Ballons. Eine Methode, zu steigen und zu fallen, ohne Gas zu verlieren, hat eben leider keiner gefunden, antwortete Pennet. Sie entschuldigen, aber es gibt eine Methode. Oh. Und wer ist darauf gekommen? Ich. Sie? Glauben Sie vielleicht; ich wre mit einem herkmmlichen Ballon auf die Reise quer durch Afrika gegangen? Da htte ich ja schon nach 24 Stunden mein Gas in der Luft zusammensuchen mssen. In England haben Sie aber nichts davon erzhlt, da Sie etwas Besonderes vorhaben! Die ffentlichkeit brauchte das auch noch nicht zu erfahren. Ich habe meine Experimente in aller Stille angestellt, sie sind mir gelungen, und das gengt. Verraten Sie wenigstens uns Ihr Geheimnis? Warum nicht? sagte Fergusson. Meine Methode ist gar nicht schwierig. Ich werde sie Ihnen kurz erklren. Es gibt eine Reihe von Vorlufern, die versucht haben, ihren Ballon auf und ab zu bewegen, ohne Ballast abzuwerfen oder Gas abzulassen. Monsieur Meunier zum Beispiel baute einen elastischen Preluftbehlter in den Ballon ein, und der Belgier Dr. van Hecke versuchte, die Flughhe des Ballons mit Schwingen und Luftschaufeln zu verndern. Die praktischen Resultate dieser Experimente waren gleich Null. Daran konnte ich mit meinen Arbeiten nicht anknpfen. Das Ballastprinzip wollte ich nur fr einen Notfall beibehalten, meine Konstruktion sollte sonst ganz unabhngig davon sein. Vielleicht haben Sie die Behlter gesehen, die in der Gondel mit verladen wurden. Darin steckt das ganze Geheimnis. Im ersten Behlter befinden sich 110 l Wasser, die ich mit einigen Tropfen Schwefelsure leitend gemacht habe. Zwei isolierte Elektroden, die mit einer Bunsenbatterie verbunden sind, reichen in das Wasser und zerlegen es in seine Elemente: Wasserstoff gas und Sauerstoffgas. Der Sauerstoff sammelt sich am positiven Pol und wird von da aus in einen zweiten Behlter geleitet, der Wasserstoff steigt am negativen Pol auf und strmt in einen dritten Kasten. Diese beiden Gasbehlter sind durch verschieden groe Ventile mit einem vierten Kasten verbunden, worin sich Wasserstoff und Sauerstoff wieder mischen und am oberen Ende durch eine Platinrhre austreten knnen, die mit einem Hahn verbunden ist. Der ganze Apparat, meine Herren, ist nichts anderes als ein hundsgewhnliches Knallgasgeblse. Um das Knallgasgeblse liegen die enggefhrten Windungen einer Rohrschlange, deren unteres Ende in ein kurzes Steigrohr mndet, whrend das obere Ende in ein langes gerades Rohr ausluft. Beide Rohre reichen in das Innere des Ballons, das lange bis knapp unter die Spitze, das kurze nur in den unteren Teil. Wenn das Knallgasgeblse nun entzndet wird und die Windungen der Rohrschlange erhitzt, erwrmt sich der Wasserstoff darin und steigt empor. Er tritt innerhalb des Ballons aus dem langen Rohr an der Spitze aus, vergrert das Volumen und drckt kalten Wasserstoff in die untere Rohrffnung. Der durchluft die Rohrschlange, wird erhitzt, steigt nun ja, und so weiter, ein stndiger Wrmeaustausch, ein Gasstrom erhht die Temperatur im Innern des Ballons, und er steigt. Jeder Grad Hitze vergrert das Gasvolumen um '/267. Erhitzt man die gesamte Gasmenge des Ballons um beispielsweise 10 Grad, dehnt sich das Gas um 10/267 aus, es verdrngt 62 m3 mehr, das heit, seine Auftriebskraft steigt um rund 80 kg. Bei 100 Grad erhht sich das Gasvolumen um 3/4 auf rund 2300 m3, der Ballon kann 800 kg mehr tragen. Mein Ballon ist so berechnet, da er mit halber Fllung das Gesamtgewicht gerade eben in der Luft halten kann. Sobald die Gastemperatur hher ist als die Temperatur der umgebenden Luft, dehnt sich das Gas aus, die Hlle strafft sich, und der Ballon steigt. Khlt das Gas ab, dann fllt er wieder, das Steigen geht natrlich bedeutend rascher als das Fallen. Aber das ist mir gerade recht, wenn ich gezwungen bin, Hindernissen schnell auszuweichen. Unten liegen die Gefahren, nicht oben. Und fr Notflle bleibt mir auch noch der Ballast; die Gasklappe an der Oberseite der Ballonkugel ist nur ein Sicherheitsventil. Fr die Praxis habe ich folgendes berechnet: Der Wasservorrat von 110 l erzeugt bei seiner Zerlegung 220 Pfund Sauerstoff und 25 Pfund Wasserstoff, das heit unter normalen Druckverhltnissen 70 m3 Sauerstoff und 140 m3 Wasserstoff, zusammen 210 m3 Mischung. Das voll geffnete Knallgasgeblse, das ein sechsmal strkeres Licht erzeugt als eine groe Straenlaterne, verbraucht pro Stunde l m3 Mischung, zur Fahrt in mittlerer Hhe gengen mir aber schon 0,2 m3/h, das heit, mit 110 l Wasser kann ich rund 700 h oder 29 Tage in der Luft bleiben. Da unterwegs berall die Mglichkeit besteht, Wasser aufzunehmen, sind unserer Reise keine praktischen Grenzen gesetzt. Das ist der ganze Apparat; nichts anderes als eine Zimmerheizung, in der statt Luft Gas erwrmt wird. Diese Erluterungen schienen so klar und logisch, da keiner etwas dagegen einzuwenden fand. Man feierte die geniale Idee, aber schlielich fiel dem Kommandanten doch etwas auf: Knallgas, Doktor ... Sie mssen zugeben, da Ihre Konstruktion eine stndige Gefahrenquelle ist. Aber sie ist praktisch, antwortete Fergusson lachend, und Ballonfahrer mssen sich daran gewhnen, mit dergleichen Gefahren zu leben. ~7 Unter gnstigem Wind hatte die Resolute die Strae von Mozambique rasch durchfahren, bald kam die Insel Sansibar in Sicht, die nur 50 Kilometer vor der afrikanischen Kste liegt. Am 15. April Punkt 11 Uhr ging das Schiff im Hafen der Hauptstadt Sansibar vor Anker. Die Insel gehrt zum Besitztum des Sultans von Maskat, einem Verbndeten Englands und Frankreichs. Der Hafen ist ein Hauptumschlagplatz fr Gummi, Elfenbein, ganz besonders aber fr Sklaven. Huptlinge vom Festland liefern gewhnlich ihre gesamte Kampfesbeute in Sansibar ab, von wo aus der Markt an der Ostkste bis hinauf zum Nil versorgt wird. Guillaume de Jean hat sogar Sklaventransporte unter franzsischer Flagge entdeckt. Gleich nach der Ankunft kam der englische Konsul an Bord und bot seine Hilfe an, wo man sie nur bentige. Er hatte das Projekt zunchst mit Skepsis in den Berichten der europischen Zeitungen verfolgt, als Dr. Fergusson aber in voller Lebensgre vor ihm stand, sagte er leise und kleinlaut: Ich zweifelte, Sir, aber jetzt glaube ich. Reisende und Gepck wurden in der Villa des Konsuls untergebracht. Dr. Fergusson erfuhr, da Kapitn Speke mit seiner Expedition nur sehr langsam vorwrtskam und da mit Nachrichten in nchster Zeit nicht mehr zu rechnen war. Woran hngt's denn? fragte Fergusson. Der Konsul zuckte die Schultern. Hitze, Durst und Hunger, vermute ich. In Hafennhe fand man einen geeigneten Platz, wo der Ballon zusammengebaut und aufgepumpt werden konnte. Ein dicker Turm, der die Form einer riesigen senkrecht aufgestellten Tonne hatte, gab Schutz vor dem Ostwind, und auerdem konnte man die neugierig herumlungernden belutschischen Polizeiobergefreiten dort hinaufschieben und das umliegende Gelnde von der Plattform aus sichern lassen. Man hatte soeben mit dem Ausladen beginnen wollen, da erfuhr der Konsul aus der Bevlkerung, die Eingeborenen wollten den Ballonstart mit Waffengewalt verhindern. Von Christen, die sich in die Luft erheben, hielten die leicht reizbaren und aberglubischen Neger nichts. Sie frchteten fr die Sicherheit ihrer Sonnenund Mondgtter und waren fest entschlossen, die Strenfriede ihrer Gtter mit allen Mitteln am Aufsteigen zu hindern. Kommandant Pennet wollte sich diesen Drohungen um kernen Preis beugen, aber Dr. Fergusson frchtete, der Ballon knne trotz Bewachung ernsthaft beschdigt werden. Er besprach sich mit dem Konsul, und der empfahl ihm, den Start auf einer kleinen Insel jenseits des Hafens vorzubereiten und englische Matrosen als Wache aufziehen zu lassen. Am nchsten Morgen lief die Resolute daher die kleine Insel Kumbeni an, und die Ballonteile wurden auf einer Waldlichtung abgeladen. In harter Arbeit wurden zunchst 27 m hohe Masten in einer Entfernimg von 27 m in den Boden gerammt und ber Rollenfhrung mit einem Tau verbunden, mit dem der Ballon hochgezogen werden konnte. Das Gas sollte erst am nchsten Tag, dem 17. April, produziert werden, weil die Ausgangsstoffe, 8250 kg Alteisen, 8223 l Schwefelsure und 4250 l Wasser, noch nicht bereitstanden. Die Gasproduktion wurde auf dreiig Tonnen verteilt. Sobald das Wasser mit Schwefelsure und Eisen in Verbindung kam, sonderte sich der Wasserstoff ab und wurde nach einem besonderen Reinigungsproze in einem Sammelbehlter aufgefangen. Inzwischen waren die Zuleitungen bereits an die Ballonhlle angeschlossen worden, und der Ballon fllte sich allmhlich mit der genau bemessenen Gasmenge. Die Fllung dauerte beinahe 8 Stunden. Am nchsten Morgen schwebte der Ballon ber der mit Sandscken beschwerten Gondel. Jetzt fehlten nur noch die Gasrhren an den Heizzylindern, und nach dem Verladen der Ausrstung war der Ballon startbereit. Rings um die Insel wurden die Wachen verdoppelt, und die Boote der Resolute suchten das Wasser ab. Einige Eingeborene hatten bereits versucht, die Insel anzuschwimmen. Auf dem Festland tanzten Medizinmnner zwischen den aufgeputschten Gruppen umher und brachten die Neger in Raserei. Regenmacher beschworen die Wolken und riefen Orkane und Hagel herab. Die sonderbarsten Blattmischungen wurden bei schwachem Feuer zu einem Hexensud gekocht, und ein Hammel mute eine Ritualschlachtung ber sich ergehen lassen: man bohrte ihm eine lange Nadel ins Herz. Aber der Himmel blieb klar, der Hammel starb einen vergeblichen Tod, Grimassen waren umsonst geschnitten worden. Da suchten die Neger ihren Trost im Alkohol und veranstalteten ine furchtbare Orgie mit Tembo, einem Kokoslikr, und Togwa, einem Starkbier. Ihre monotonen, rhythmisierten Gesnge verklangen erst spt in der Nacht. Der Ballon schaukelte leicht im Ostwind, als die Reisenden um 6 Uhr frh am anderen Morgen zur Insel hinbergerudert wurden. 20 Matrosen hielten das Luftfahrzeug am Boden, da die Sandscke aus der Gondel entfernt werden muten. Jetzt packte Kennedy den Doktor pltzlich am Arm und fragte: Du fahrst also, Samuel? Ja. Bitte, sag mir, ob ich nicht mit allen mir zur Verfgung stehenden Mitteln versucht habe, dich von dieser Reise abzuhalten? Allerdings. Ich brauche mir also keine Vorwrfe zu machen? Absolut nicht. Na, dann kann ich ja wohl auch mitfahren. Ich hab's ja gewut! Gegen 9 Uhr stiegen die Reisenden nach einem bewegenden Abschied von den englischen Freunden in die Gondel, der Doktor schaltete das Knallgasgeblse ein und drehte die Flamme voll auf. Nach wenigen Minuten hob sich der Ballon, und die Matrosen lieen so viel Halteleine nach, bis die Gondel 7 m ber dem Boden schwebte. Da nahm Fergusson den Hut ab, sah ernst auf den Ballon ber sich und rief: Ich taufe dich Victoria! Prompt kam von unten die Antwort: God save the Queen and the merry old England! Gloria, Victoria! Ist das ein Ballon! Riesenhaft! Kniglich! Jetzt konnten die Matrosen an den Haltetauen dem Auftrieb des Ballons kaum noch Widerstand bieten. Fergusson sah, da es soweit war. Festhalten! schrie er seine Freunde an, und Loslassen! die Matrosen. Unter Rufen und Winken scho die pralle Victoria in den Himmel, und die Resolute im Hafen von Sansibar feuerte Salut. ~8 Die Barometersule war bereits um 5 cm gesunken, ehe die Steigbewegung nachlie und dann ganz aufhrte: 500 m Hhe waren erreicht. Eine schwache Luftstrmung trieb die Victoria nach Sdwesten, und bald konnten die Reisenden die ganze Insel Sansibar berblicken. Bume und Wldchen erschienen nur noch wie groe Strue inmitten von bunten Feldern, und Menschen schrumpften zu Insekten zusammen. Das Hurrageschrei, selbst die Schsse klangen allmhlich ab. Joe konnte sich vor Staunen und Begeisterung kaum noch halten. Auch Kennedy ri die Augen auf, nur der Doktor war mit seinen Instrumenten beschftigt, denn jetzt mute sich erweisen, ob seine Konstruktion auch in der Praxis funktionierte. Unter dem Einflu der Sonnenwrme blhte sich die Ballonhlle weiter auf und lie die Victoria auf 850 m steigen. Aus der Resolute war eine Schaluppe geworden. Weit im Westen leuchtete der Schaumstreifen vor der afrikanischen Kste. Dr. Fergusson kontrollierte unablssig Thermo- und Barometer whrend der Fahrt ber das Meer. Er wollte die Hhe vorerst halten, um den Kstenstreifen ganz berschauen zu krnten. Der Ballon hatte eine Geschwin- digkeit von 15 km/h ber Grund, so da er sich nach etwa zwei Stunden der Kste betrchtlich genhert hatte. Da drosselte Dr. Fergusson die Gasflamme und lie die Victoria bis auf 300 m sinken. Mangrovendickichte bedeckten berall den Strand, und es war zu erkennen, wie der Ozean ihre dicken Wurzeln benagte. Die frheren Stranddnen bildeten landeinwrts den Horizont, den der Nguru-Berg im Nord-westen berragte. Bald berflogen sie das Dorf Kaole, dessen Einwohner in Wutgeheul ausbrachen und einen Pfeilhagel auf das fliegende Monstrum abschssen; aber Gas- und Windgott trieben es in sicherer Entfernung vorbei. Der Wind hatte inzwischen etwas gedreht, so da der Ballon von seiner ursprnglichen Richtung nach Sden abwich. Das war Fergusson nur recht, weil er so der Reiseroute von Burton und Speke dichter folgen konnte. Kennedy und Joe plapperten um die Wette: Wie lcherlich sind Dampferfahrten. Was hat man schon von Pauschalreisen mit der Bahn, man durchrast die Lnder ohne Sinn und Verstand! Ballonfahrten sind berhaupt das Allergrte. Es ist wie im Traum. Wie war's mit dem Frhstck? Ein Schnellimbi mit Zwieback und Konservenfleisch? Den Kaffee kannst du auf meinem Knallgasherd kochen. Aber pa auf, da du den Ballon nicht in Brand steckst. Eigentlich fliegen wir mit einem Pulverfa durch die Luft. Du bertreibst, Dick, antwortete Dr. Fergusson. Das Gas wrde nicht auf einmal, sondern allmhlich verbrennen, so da wir ziemlich sanft auf dem Boden landen wrden. Ah, der Kaffee. Gut gemacht, Joe! Willst du uns nicht einmal dein Geheimrezept verraten? Wir sind hier doch unter uns. Ganz einfach: ein Teil Mokka, ein Teil Bourbon, ein Teil Rio-Nunez. Hoch die Tassen! Die Geschwindigkeit hatte sich inzwischen auf 20 km/h erhht, die Victoria trieb ber einem ppig bewachsenen Landstrich dahin. Mais-, Tabak- und Gerstenfelder wechselten mit dichten Gehlzen, durch die sich schmale Pfade schlngelten. Dann tauchten Reisfelder auf mit purpurfarbenen Blten, weiter nach Sden hin erstreckten sich Baumwollstauden, Kokosnu- und Melonen-plantagen. Wenn sie ber Drfer flogen, achtete Dr. Fergusson sorgsam auf die Hhe, um auerhalb der Reichweite von Pfeilen zu bleiben, denn berall, wo die Victoria, in Sicht kam, brach unten ein Hllenspektakel los, und die Dorfbewohner fluchten dem Ballon noch lange nach. .rji: :?:,>. .-i.:;:;'-'r.': ;'.:.:.. "":~ Jedesmal, wenn der Ballon ber einem Eingeborenendorf erschien, die gleiche Reaktion: Geheul und ganze Wolken von Pfeilen stiegen zu ihm auf. ber dem Dorf Tunda lie Fergusson den Ballon hher steigen als sonst. Von Spekes Expedition her wute man, da die Gegend von Malariaerregern nur so wimmelte. Speke und Burton hatten hier ihre ersten Sumpffieberanflle bekommen. Hoch ber der Miasmenzone der feuchten Erde, deren Dunst von der brennenden Sonne aufgesogen wurde, schwebte die Victoria dahin. Zuweilen waren Kraals zu sehen, von Dickicht und Dschungel geschtzte Pltze, in denen Handelskarawanen auf Abkhlung am Abend warteten, um dann weiterzuziehen. Sobald die Victoria in Sichtweite kam, sprangen die Euigeborenen auf, liefen durcheinander und flohen in alle Richtungen. Kennedy htte sich die Wilden gern einmal aus der Nhe angesehen, aber Fergusson frchtete die Gewehre ihrer Anfhrer. Fr was halten die uns wohl? fragte Joe. Ob sie uns anbeten? Hoffentlich. Beten ist wenigstens ungefhrlich, antwortete Dr. Fergusson. Seht nur, wie sich die Landschaft vor uns ndert. Kaum noch Drfer, keine Mangobume mehr, der Vegetationsgrtel ist hier zu Ende. Ich kann in der Ferne auch schon euiige Hgel erkennen, rief Kennedy. Dort im Westen, antwortete der Doktor, zeichnen sich die ersten Ketten des Urizara-Gebirges ab, dort, jenseits des Duthumiberges, werden wir auch die Nacht verbringen. Bis dahin mssen wir unsere Hhe von 200 m halten. Hier oben merkt man erst richtig, wie genial Ihr Einfall ist, Herr Doktor, sagte Joe, Hahn auf, Ballon hoch, das geht wie geschmiert. Die Vorrichtung kann uns vor allem bei Gefahr mal ntzlich werden, meinte Fergusson. Die Neger sind nicht mimer sehr gastlich. An einem der Affenbrotbume da unten ist vielleicht der 26jhrige Franzose Maizan 1845 ums Leben gekommen. Ein Negerhuptling hatte ihn gefangen und an den Baum gebunden, dann wurde er langsam bei Gesang frikassiert. Seine Gliedmaen verlor er noch verhltnismig human: sie wurden mit einem scharfen Messer abgetrennt. Aber den Kopf ri ihm der Huptling mit den Hnden herunter. Knnen wir nicht vielleicht ein bichen hher. ..? fragte Joe. Meinetwegen, antwortete der Doktor, wir mssen ohnehin den Berg Duthumi berfliegen. Ich rechne damit, da wir unseren Schlafplatz vor 19 Uhr erreichen. Nachts fahren wir nicht? fragte Kennedy. Ich will es mglichst vermeiden. Schlielich wollen wir Afrika ja sehen, nicht nur ahnen. Langsam ffnete Dr. Fergusson die Knallgaszufuhr, die Victoria huschte den Berghang hoch bis auf 1000 m, um 20 Uhr berquerte sie den Kamm und sank dann langsam am jenseitigen Abhang hinunter. Der ausgeworfene Anker verhakte sich in einem Nopalbaum, Joe lie sich am Seil hinab und machte ihn fest. Man warf ihm die Seidenleiter zu, damit er wieder einsteigen konnte. Fast imbeweglich stand der Ballon in der Luft, der Berg hielt den Ostwind ab. Beim Abendessen wollte Kennedy wissen, wie weit sie heute geflogen seien. Dr. Fergusson mute erst seine Karten zu Rate ziehen. Er besa den bekannten Afrika Atlas seines Freundes Petermann aus Gotha, der auch schon die jngsten Entdeckungen kartographiert hatte, auerdem ein Handbuch der Nil-Forschung mit dem Titel: The sources of the Nil, being a gener-al survey of the basin of that river and of its head stream with the history ofthe Nilotic discovery by Charles Beke, th. D., und natrlich smtliche Karten aus den Bulletins der Kniglichen Gesellschaft fr Geographie. Der Landeplatz befand sich 2 westlich von Sansibar: 200 km hatte der Ballon demnach zurckgelegt. Die Nacht wurde in drei Wachen zu je 3 h eulgeteilt. Dr. Fergusson bernahm um 21 Uhr die erste, und die beiden anderen rollten sich in ihre Decken. ~9 Die Nacht verging ohne Zwischenfall, nur klagte Kennedy am Morgen ber Erschpfung und fiebrigen Schttelfrost. Das Wetter schien umzuschlagen, Wolken zogen sich am Himmel zusammen, alsbald ging ein Platzregen auf den Ballon nieder. Die ohnehin schwer zugnglichen, durch Dornen und Lianen versperrten Dschungelpfade wurden von Sturzbchen vllig unbegehbar gemacht. Innerhalb weniger Augenblicke erhob sich ein Gestank wie von Schwefelwasserstoff. Burton hat nicht bertrieben, sagte der Doktor, bei diesem Gestank vermutet man hinter jedem Busch eine faulende Leiche. Herr Kennedy scheint sich hier gar nicht wohl zu fhlen, sagte Joe. Kein Wunder, antwortete Fergusson, schlielich halten wir uns in einer der ungesndesten Gegenden Afrikas auf. Weshalb bleiben wir eigentlich noch? Frhstcken knnen wir oben! Joe hakte den Anker los, und die Victoria flog in Regen und Wind hinein. Htten tauchten in dem gelblichen Nebel auf, das Land zeigte sich pltzlich verndert. Kennedy jammerte sehr ber sein Fieber. Hab noch ein bicherr Geduld, sagte Dr. Fergusson, ich kuriere dich gleich mit einem kostenlosen Wundermittel. Er drehte die Knallgaszufuhr auf, so da der Ballon ber den feuchten und stickigen Dunst stieg und bald auch die Regendecke durchstie. Unter der Gondel brodelten die Wolken und reflektierten das Sonnenlicht, whrend sie zusammenflssen. Aus einer Hhe von 1300 m war die Erde nicht mehr zu sehen, nur der Gipfel des Berges Rubeho ragte in etwa 80 km Entfernung aus dem Wolkenmeer. Bei ihm lag die Grenze des Ugogo-Landes. Die Temperatur war gesunken, der Wind trieb den Ballon mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h vor sich her, ohne da die Reisenden von ihrer Fortbewegung etwas gemerkt htten, und nach drei Stunden war Kennedy tatschlich fieberfrei und frhstckte mit Heihunger. Joe war von der Heilwirkung der Hhenluft so begeistert, da er sich vornahm, auf seine alten Tage in ein Ballonsanatorium zu ziehen. Das Wetter klarte gegen zehn Uhr auf, und durch ein Loch in den Wolken wurde die Erde wieder sichtbar. Fergusson variierte jetzt die Flughhe so lange, bis er in 200 m Hhe eine Strmung fand, die den Ballon nach Nordosten fhrte. Im Osten entschwand die Provinz Zungomero mit ihren letzten Kokospalmen, und das Gelnde stieg wieder an. Der Doktor manvrierte die Victoria mit groer Geschicklichkeit an einigen schroffen Bergspitzen vorbei. Stellt euch vor, sagte er, wir htten da unten auf dem aufgeweichten Boden marschieren und den ganzen Ausrstungskram mitschleppen mssen. Die Hlfte unserer Lasttiere wre sicher schon eingegangen, und wir htten uns mit den Launen von Trgern und Fhrern herumschlagen mssen. Tagsber wrde uns drckende Schwle zur Verzweiflung bringen, und nachts htten uns Mcken rasend gemacht, deren Stechrssel jeden Stoff durchdringen. Dazu die Klte, die Raubtiere und die Eingeborenen! Ganz schn Courage mssen die Reisenden gehabt haben, die bis hierher vorgedrungen sind, und ihre Berichte knnen einem auch das Blut gefrieren lassen. Der Ballon hatte sich dem Becken von Imendsche genhert und brachte wiederum Eingeborenenstmme in Aufruhr, die zu den Waffen griffen, feuerten, den Ballon aber niemals erreichten. Von der Niederung aus erstreckten sich wellige Vorgebirge bis zur hchsten Kette des Usagara-Massivs, dem Rubeho. Jetzt war zu erkennen, da dieses Gebirge sich in drei Stufen bis zur Kste hin senkte. Die stlichen Abhnge dieser kegelfrmigen, abgeschliffenen Bergrcken fallen steil ab, whrend die westlichen in sanft ansteigende Hochebenen bergehen. Die Senken zwischen den Bergkegeln sind von Gerllablagerungen und erratischen Blcken berst, nur der dunkle Boden der Ebene trgt fruchtbare Vegetation. Weite Flchen mit Sykomoren, Tamarinden, Krbisbumen und Palmen werden von Flchen durchschnitten, die alle nach Osten ui den Kingani-Flu mnden. Jetzt heit es aufpassen, warnte Fergusson. Dem Rubeho da vorne, der bei den Eingeborenen Pa des Windes heit, mssen wir in groer Hhe aus dem Weg gehen, und zwar nach meiner Karte in 1600 m. Die Ballonhlle war zu drei Vierteln aufgeblht, als der Barometerdruck eine Hhe von 2000 m anzeigte. Knnen wir uns hier oben eigentlich lange halten? fragte Joe. Mit einem gengend groen Ballon kann man schon einige Kilometer steigen, antwortete der Doktor. Brioschi und Gay-Lussac lieen ihrem Ballon so lange freien Auftrieb, bis ihnen das Blut aus Mund und Ohren scho. Der menschliche Organismus hlt die dnne Luft nicht lange aus. Zwei anderen Franzosen, Barral und Brixio, ri der Ballon . . . Und strzte ab? fragte Kennedy. Ja, aber wie Wissenschaftler eben sind: sie blieben unverletzt. In 2000 m Hhe war die dnnere Luft schon deutlich zu spren. Die Stimmen klangen weniger deutlich, die Ballonfahrer begannen mit einemmal, sich apathisch zu fhlen. Menschen und Tiere waren aus dieser Hhe nicht mehr zu erkennen, Seen erschienen wie Teiche, und die breitesten Pfade zogen sich wie haardnne Striche durch das Land. Ein Luftstrom packte pltzlich den Ballon und ri ihn ber ein kahles Gebirgsmassiv hin. Zur berraschung der Reisenden glnzten dort unten Schneefelder im Schein der Sonne, die jetzt senkrecht ber ihnen stand. Das zerklftete und schroffe Massiv mute whrend der ersten Oberflchenfaltungen entstanden sein und sich fast unverndert erhalten haben; Dr. Fergusson skizzierte in seinem Zeichenblock den Verlauf der vier nebeneinanderliegenden Gebirgskmme. Jenseits des Rubeho-Gebirges begann die Victoria zu sinken und folgte den mit dunkelgrnen Bumen bewachsenen Hngen, die bald wieder zu einer gebirgigen Wstenlandschaft wurden. Die Hgel gingen weiter unten schlielich in gelbliche, drre Ebenen ber, auf denen nur Salzpflanzen und Dornenbsche wuchsen. Am Horizont zeichneten sich Baumgruppen und schlielich Wlder ab. Dort angekommen, lie Fergusson den Ballon hinuntergehen und warf den Anker aus, der an einer riesigen Sykomore hngenblieb. Ankerchef Joe stieg ab und band die Leine fest. Das Knallgasgert wurde nicht abgeschaltet, damit der Ballon aufrecht in der Luft blieb. Der Wind war eingeschlafen. Nimm zwei Flinten mit, Dick, sagte der Doktor, eine fr dich und eine fr Joe, und lat euch nicht ohne Antilopenfilet wieder blicken! Halali, rief Kennedy, schwang sich ber den Rand der Gondel und stieg hinunter. Joe war von Ast zu Ast gehpft und geno den festen Boden unter seinen Fen mit Kniebeugen, Liegesttz und anderer Morgengymnastik. Fergusson konnte jetzt das Knallgasgeblse abschalten, denn ohne Kennedy und Joe hielt sich die Victoria von allein in der Luft. Nicht da Sie sich inzwischen davonmachen, Herr Doktor! rief Joe. Keine Angst. Ich werde sogar fr euch Wache stehen. Wenn ich den Karabiner abfeuere, heit das: sammeln. Das Land war de und drr, Kennedy und Joe traten auf einen tonigen, von der Hitze aufgerissenen Boden. Hie und da fanden sie berreste menschlicher und tierischer Skelette, die in der Sonne bleichten, Spuren untergegangener Karawanen. Als sie eine halbe Stunde spter durch einen Gummibaumwald schlichen, immer mit dem Finger am Abzug, gab Kennedy pltzlich ein Zeichen, und Dick blieb stehen. In einem nahen Flubett standen etwa zehn Antilopen und tranken aus abgestandenen Tmpeln. Nach kurzem Schlrfen streckten sie ihre schmalen Kpfe in die Luft und witterten in Richtung der Jger. Kennedy pirschte sich auf Schuweite heran und feuerte. Sofort stob die kleine Herde auseinander, aber ein Bock, von einem Blattschu getroffen, blieb zurck und ging langsam in die Knie. Es war eine Blau-Antilope, eine seltene Art, mit graublauem Fell, an dem Bauch und Innenseite der Beine wei blieben. Kennedy war stolz auf seinen sauberen Blattschu und htte das Fell sehr gerne mitgenommen und gegerbt, wenn der Ballon die Zuladung ausgehalten htte. Da das nicht mglich war, zerlegten sie die Antilope an Ort und Stelle, der Schotte errichtete eine Feuerstelle, whrend Joe ein Dutzend Koteletts und einige Filets vom zartesten Stck der Lende herausschnitt. Die brieten sie dann a. la nature. Joe war in diesen Dingen tatschlich ein Knner, erst im vergangenen Jahr hatte er im Amateurwettbewerb der Londoner Metzgerinnung den ersten Preis gewonnen. Da krachte pltzlich ein Schu in der Ferne. Der Karabiner! rief Kennedy. Das Warnsignal! Sie packten Koteletts und Filets eilig zusammen und bahnten sich einen Weg durch das Dickicht, das den Blick auf die Victoria versperrte. Da wurde auch schon der zweite Schu abgefeuert. Sie liefen, so schnell sie konnten, und sahen schlielich vom Waldrand aus die Victoria im Wind schaukeln, erkannten auch die Umrisse von Fergusson in der Gondel ... Hlle und Teufel! fluchte Kennedy. Mit einem halben Negerstamm hat er's zu tun! rief Joe. Beim Nherkommen sahen sie etwa 30 dunkle Gestalten mit Geschrei um die Sykomore herumspringen, einige hatten auch schon den Baum erklommen. Da scho der Doktor zum drittenmal und traf einen Eingeborenen, der bereits die Halteleine emporkletterte. Leblos strzte der Krper in den Baum, ri einige Zweige mit, blieb dann aber einige Meter ber dem Boden hngen. Arme und Beine baumelten in der Luft Woran hlt der Kerl sich denn noch fest? rief Joe. Egal, antwortete Kennedy, nichts wie vorwrts. Pltzlich brach Joe ui drhnendes Gelchter aus: Na, mit seinem Schwanz hlt er sich fest! Es ist ein Affe, das Ganze ist nichts als eine wild gewordene Affenbande! Auch Kennedy hatte das erkannt und scho in das Pavianrudel hinein. Zuerst schnitten die hundskpfigen Tiere vor Schreck seltsame Grimassen, dann aber machten sie kehrt, und nur noch ihre bunten Hinterbacken leuchteten in der Sonne. Kennedy kletterte die Leiter hoch, Joe band die Ankerleine los, die Gondel senkte sich zu ihm herab, alle Mann waren wieder an Bord. Die Victoria gewann langsam an Hhe und schwebte, von einem leichten Wind getrieben, nach Westen. Wir dachten zuerst, Eingeborene htten dich beim Studieren gestrt, sagte Kennedy. Es waren Affen mit Bildimgstrieb, antwortete Dr. Fergusson. Von weitem fast das gleiche, sagte Kennedy. Na, na, sagte Joe, Neger haben doch keinen so farbenfrohen Hintern! Bunt oder einfarbig, man hlt hierzulande nicht viel von uns. Die Folgen wren nicht auszudenken gewesen, wenn sich der Anker gelst htte, sagte Dr. Fergusson. Gegen 16 Uhr wurde die Victoria von einem frischen Wind gepackt und mute auf 500 m steigen, um den Bodenerhebungen auszuweichen. 3 Stunden spter identifizierte Dr. Fergusson eine dichtbebaute, 15 km lange Niederung als das Becken von Kanyeme. Die Drfer gehren zum Sultanat von Ugogo, erklrte er, und ihre Bewohner haben der Zivilisation bereits viel abgeguckt und groe Fortschritte gemacht: Bei jedem Verkauf von Familienmitgliedern erheben sie nmlich Umsatzsteuern, und nicht zu geringe! Die runden Htten, die wie Heuschober zwischen Affenbrot- und Krbisbumen versteckt lagen, waren bald verschwunden, und nach einer flotten Fahrt ber ausgedrrtes, steiniges Gelnde lie der Wind pltzlich nach, der Ballon bewegte sich kaum noch und blieb endlich ber einer fruchtbaren Niederung stehen. Auch in greren Hhen fand Fergusson keinen Wind mehr, so da er sich entschlo, ber Nacht in der Luft zu bleiben. Zur Sicherheit lie er den Ballon noch ein paar hundert Meter hher steigen und bernahm dann die erste Wache. Eine sternklare Nacht brach herein. Langsam khlte sich die Luft ab, und whrend der zweiten Wache kamen die Tiere aus ihren Schlupfwinkeln heraus, um nach Beute zu suchen. Bald heulten die Schakale, Frsche quakten in den Tmpeln, und vereinzelt hrte man auch Lwengebrll. Noch whrend der Nacht war Wind aufgekommen und hatte den Ballon bis zum Morgen etwa 50 km nach Nordosten abgetrieben, bis in die Gegend von Mabunguru. Der kahle Boden war hier von Steinbrocken und Syenitblcken berst, dazwischen ragten Druidensteine und glattgeschliffene Steinkegel hervor, die Flche sah stellenweise aus wie das Menhirfeld von Carnac in der Bretagne, und nur die ausgebleichten Knochen von Bffeln und Elefanten erinnerten an Afrika. Wlder und Drfer blieben im Osten liegen, der Ballon hielt geradewegs auf einen abgerundeten Felsrcken zu, der wie eine kilometerdicke Schildkrte aus der Ebene aufragte. Die Richtung stimmt, sagte der Doktor. Wir landen hier kurz, um das Knallgasaggregat mit frischem Wasser zu versorgen. Aber das ging nicht so rasch und so einfach. Es gab kaum einen Baum, der Anker schleifte ein Stck am Boden entlang und verhakte sich schlielich in einer Felsspalte. Auf der Karte waren in dieser Gegend Teiche eingezeichnet. Joe wurde mit einem 40-1-Kanister auf Wassersuche geschickt. Er durchquerte ein verlassenes Dorf und strzte dahinter beinahe in eine Elefantenfalle, fand aber dann einen Tmpel, an dem er seinen Kanister fllen konnte. Fergusson war froh, als der Diener zurckkam, denn in dieser unwirtlichen Gegend war ihm durchaus nicht ganz geheuer. Das Geblse wurde so weit gedrosselt, da die Gondel am Boden anstie und Joe bequem einsteigen konnte. Ganz abstellen konnte Fergusson den Apparat in dieser Hhenlage aber nie, da die normale Gasspannung des Ballons auf Meereshhe berechnet war. Um den Ballon nicht unntig zu strapazieren, hielt Fergusson die Victoria jetzt in geringer Hhe ber Grund, der hier bereits an die 1000 m hoch lag. Der Wind blies aus Sdosten und trieb den Ballon mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h nach Nordwesten. Um 14 Uhr, bei voller Mittagshitze und abflauendem Wind, erschien der Ballon ber der Stadt Kazeh, 560 km von der Kste entfernt. In zwei Tagen, sagte der Doktor, haben wir SOOKilometer zurckgelegt. Burto und Speke marschierten die gleiche Strecke ui viereinhalb Monaten. ~10 Kazeh liegt am Schnittpunkt zweier Karawanenstraen und ist einer der wichtigsten Umschlagpltze Zentralafrikas. Vom Sden werden Elfenbein und Sklaven, vom Westen Baumwolle und Glasprodukte angeliefert. Die Umgebimg von Kazeh ist das eigentliche Mondland, das Land Unfamwegi, der fruchtbare Mustergarten Afrikas. Einige Araberfamilien, die seit Generationen in Zentralafrika und Arabien mit Sklavenhandel und Luxuswaren Geschfte gemacht hatten, haben sich hier niedergelassen, und ihre reich gewordenen Nachfolger und ehemaligen Kunden, die sich in diesem bezaubernden Landstrich mit Frauen und Sklaven eingerichtet hatten, konnten ihr Leben, eine Dauerfolge von Essen, Trinken, Schlafen und Rauchen, bald ganz in der Horizontalen verbringen. Kazeh selbst besteht aus einem Karree von sechs ausgedehnten Gruben; dazwischen stehen die Htten der Sklaven, umgeben von gepflegten Grten, in denen Zwiebeln, Kartoffeln, Auberginen, Krbisse und Pilze wachsen. Auerhalb der Warenlager und Eingeborenenhtten erstrecken sich Hanf- und Stechapfelfelder, hie und da vom Laub der Bume beschattet. Auf dem Markt wimmelte es von Menschen. Das Geschrei der Trger mischte sich mit dem Gebrll der Maultiere, Rinder lachten und kreischten, Frauen sangen, Hrner wurden geblasen, 'der Karawanenfhrer schlug mit seinem spanischen Rohr den Takt dazu. Am Boden lagen die Waren ausgebreitet: bunte Stoffe, Glasperlen, Elfenbein, Haifisch- und Nashornzhne, Baumwolle, Honig und Tabak. Als die Victoria im Blickfeld ber dem Markt auftauchte, ebbte der Lrm ab, die Geschfte wurden unterbrochen, die Menschen gerieten in hastige Bewegung und mit einem Schlag lag der Platz wie leergefegt da, Neger, Kaufleute, Frauen und Kinder waren blitzartig in den umstehenden Htten verschwunden. Die Angst wird bei den Eingeborenen nicht lange vorhalten, sagte Dr. Fergusson. Bald lockt sie die Neugier wieder heraus, und dann mssen wir aufpassen, da unser ungepanzerter Ballon nicht von Pfeilen und Kugeln durchlchert wird. Willst du in diesem afrikanischen Theater vielleicht mitspielen? fragte Kennedy. Warum nicht? antwortete der Doktor. Burton und Speke haben von der Gastfreundschaft und dem Bildungsstand der hiesigen Kaufleute nur Gutes berichtet Als die Victoria weiter gesunken war und der Anker an einem Baum nahe am Marktplatz hngenblieb, erschienen die ersten Kpfe in den umliegenden Fenstern und Tren, und nach und nach kroch die ganze Bevlkerung wieder hervor. Am nahesten wagten sich die Wangangas, die Gemeindezauberer, heran. Sie waren mit spitzen Muscheln geschmckt und trugen erglnzende, schwarze Krbisflaschen am Grtel, und nach dem Zustand ihrer medizinischen Instrumente zu schlieen, mute Dreck ihr erfolgreichstes Heilmittel sein. Langsam kam auch die Menge der Laien nher, Frauen und Kinder scharten sich um ihre Vertrauensrzte und klatschten unter Trommelbegleitung mit den Hnden und streckten sie in die Hhe. Da unten wird gebetet, sagte der Doktor, und wenn mich nicht alles tuscht, kommen wir hier noch ganz gro heraus. Mit der Myanga- Geste gebot einer der Hexer Schweigen und rief unverstndliche Worte zum Ballon hinauf. Dr. Fergusson versuchte die Verstndigung mit Arabisch, worauf der Chefzauberer die Reisenden mit blumigen Worten als Shne des Mondes begrte und den Mond selbst zu einem Aufenhalt in Kazeh beschwor. Dr. Fergusson antwortete in bestem Koran-Arabisch, er versicherte den Euigeborenen, der Mond sei auf seiner Inspektionsreise besonders gerne nach Kazeh gekommen, das er alle tausend Jahre besuche, und man mge sich nicht scheuen, bei dieser Gelegenheit Wnsche und Beschwerden vorzutragen. Von unten kam die Antwort, Sultan Mwani habe schon seit Jahren den Mond um Heilung von seiner schweren Krankheit angefleht. Dr. Fergusson nahm seine Hausapotheke unter den Arm und kletterte die Ballonleiter hinunter, whrend die Eingeborenen schrien, sangen und tanzten. Joe stieg ebenfalls hinab, blieb aber am Fu der Leiter sitzen. Kennedy berwachte das Knallgasgeblse. Die Zauberer nahmen Dr. Fergusson in die Mitte, und eine riesige Menge zog mit in Richtung Sultanspalast, darunter auch der einzige uneheliche Sohn des Sultans, der nach der Landessitte den ehelichen Kindern vorgezogen und zum Alleinerben bestimmt wird. Auf schattigen Wegen gelangte die Mondprozession zum Sitz des Sultans, einem quadratischen, fast fensterlosen Gebude, zwischen dessen Dach und Mauern zur Durchlftung Zwischenrume freigelassen worden waren. Dr. Fergusson und seine Anhngerschaft wurden von der schwerbewaffneten Leibwache empfangen und in die inneren Gemcher gefhrt. Ein ohrenbetubender Lrm brandete ihm entgegen ein Teil der Haremsdamen intonierte ein Schlagzeugkonzert. Der Doktor fand die pfeifenrauchenden, bunt angezogenen Frauen recht hbsch. Er wute, da sechs von ihnen tglich, stndlich auf ihre Beerdigung warteten, denn sie sollten zusammen mit dem Sultan lebendig begraben werden, damit auch in der ewigen Einsamkeit seine Gelste nicht ungestillt blieben. Der etwa vierzigjhrige Herrscher schien jedoch Orgien jeder Art lngst nicht mehr gewachsen. Vllig ausgezehrt und apathisch lag er in seinem Bett, tief ins Delirium tremens versunken; da halfen keine Pillen mehr. Dr. Fergusson flte ihm dennoch ein paar konzentrierte Hoffmannstropfen ein. Fr ein paar Augenblicke kam der Alkoholprinz tatschlich zu sich, bewegte einen Arm, fr die Umstehenden schien die Wunderheilung gelungen. Fergusson machte sich aber so schnell wie mglich aus dem Staub und marschierte Richtung Marktplatz, denn der Abend brach schnell herein. Pltzlich bemerkte er, wie sich von hinten die Stimmen der Euigeborenen nherten, bald sah er sich von schreienden und gestikulierenden Huptlingen und Zauberern umringt, und die Masse der Euigeborenen kam hinterher. Der Doktor stellte sich taub und ging unbeirrt weiter. Am Landeplatz der Victoria blieben die Euigeborenen aus Angst hinter ihm zurck, so da er unbehelligt auf der Leiter nach oben klettern konnte, gefolgt von Joe. Nichts wie weg, rief Fergusson, die Halteleine mssen wir in Gottes Namen kappen. Was ist denn los? fragte Kennedy. Siehst du den Mond dort stehen? antwortete Dr. Fergusson. Alle sahen, wie ein roter Mond langsam ber dem Horizont aufzog. Die Euigeborenen schienen allmhlich zu begreifen, welcher von beiden der echte Mond war, und schickten ein Wutgeheul zur Baiionbesatzung hoch. Blitzschnell schwang sich einer der Hexer in den Baum, griff die Ankerleine und mhte sich ab, den Ballon zur Erde zu ziehen. In der Zwischenzeit hatten die Ballonfahrer das Gas krftig angeheizt; als der Eingeborene den Anker packte und aus den Zweigen herauszog, schnellte der Ballon befreit nach oben und ri den Zauberer ber die Kpfe der staunenden Stammesbrder hinweg mit in die Luft. Mal sehen, ob der Hexenmeister fliegen kann, sagte Joe und nahm ein Beil in die Hand, um die Leine durchzuhauen. Joe, du bist ein Sadist, antwortete Fergusson und nahm ihm das Beil aus der Hand. Wenn unser blinder Passagier wieder heil zurckkommt, wird er sicher als Dmon verehrt, und diesen Ersatzgott sollten wir den armen Leuten gnnen, nachdem wir sie so herb enttuscht haben. Die Victoria war jetzt auf 300 m geklettert, der Zauberer sa mit angstverzerrtem Gesicht auf dem Anker. ner der Medizinmnner hatte sich ans Ankertau geklammert und wurde mit hochgerissen, als Fergusson den Ballast ber Bord gehen lie. ber freiem Feld lie der Doktor den Ballon wieder sinken, und der Anker hatte noch nicht den Boden gestreift, als sich der Zauberer katzengeschmeidig fallen lie und wie von Furien gehetzt in Richtung Stadt davonlief. Die Victoria flog jetzt, von einem krftigen Wind getrieben, mit annhernd 60 km/h in 100 m Hhe dahin. In kurzen Ben kndigte sich Sturm an, am nrdlichen Himmel braute sich ein Gewitter zusammen. Die fruchtbaren, welligen Ebenen des Mondlandes zogen unter den Reisenden dahin. Joe fragte, weshalb ausgerechnet die am wenigsten zivilisierten Lnder die fruchtbarste Erde und die schnsten Landschaften besen. Woher weit du denn, antwortete Dr. Fergusson, da sich in diesem Land nicht die neue Zivilisation entfalten wird? Die Afrikaner sind vielleicht die Kulturvlker der Zukunft, wenn Europa schon lngst erschpft und ausgemergelt ist. Wenn ihr euch einmal ber die Ursachen der Vlkerwanderungen Gedanken macht, werdet ihr mich begreifen. Asien ist die Hebamme der Menschheit, aus Asien kam auch die Urbevlkerung Europas, nachdem ihr Stammland sie nicht mehr ernhren konnte. Aber auch die Energien Europas werden eines Tages verbraucht sein, Miernten knden bereits jetzt die baldige Erschpfung des Bodens an. Nicht von ungefhr wandern die Europer nach Amerika aus, diesem jungen, noch unverbrauchten Kontinent. Aber auch dort werden die Wlder den Industrieanlagen weichen mssen, und der Bodenraubbau wird sich bel rchen, wenn die Felder statt zwei Ernten nicht mehr eine tragen. Dann wird Afrika an der Reihe sein. Seine Bodenschtze werden ans Tageslicht kommen, das ungesunde Klima wird man verndern, und die Krankheitserreger verschwinden, wenn man den Boden kultiviert und Smpfe durch Drainage trockenlegt. Die Strme wird man regulieren, und ein Netz von Schiffahrtskanlen durchzieht dann das Land. Dieser Kontinent birgt noch ungeahnte Kraftreserven, so da man eines Tages noch ganz andere Energiequellen als Dampf und elektrischen Strom benutzen wird. Das wrde ich gerne miterleben, sagte Joe. Trste dich, sagte Kennedy, diese Zeit wird frchterlich. Man wird immer mehr Maschinen erfinden, die alle menschlichen Ttigkeiten besser, grndlicher und genauer ausfhren, bis man ihnen schlielich auch das Tten beibringt, und dann wird sich die Menschheit gegenseitig ausrotten. Ich kann mir den Jngsten Tag nicht mehr anders vorstellen, als da ein gigantischer Kessel mit einem Druck von drei Milliarden Atmosphren die Erde in die Luft sprengt. Ich habe gehrt, da die Amerikaner an solchen Konstruktionen arbeiten. Sie werden wohl nicht die einzigen bleiben, antwortete Joe. Alles, was wir tun knnen, sagte der Doktor, ist, dieses Land zu genieen, solange es sich noch genieen lt. Die schweren Wolken, die sich jetzt ber den Himmel zogen, brachen noch einmal auf und lieen die Sonne durch. Die Konturen der Landschaft traten hervor. Das hgelige Gelnde war immer noch von dichtem Grn berzogen, Gebschreihen und undurchdringlicher Dschungel umgaben die besiedelten Lichtungen. Im mannshohen Gras weideten Gnus, Raubtierrudel flchteten vor der Schwle in die Wlder, und der Duft dieser Wlder stieg bis zum Ballon auf. ald kam der Malasagari in Sicht, der Hauptzuflu des Tanganjika-Sees, dann glnzte es von Wasserflchen, die sich hell von der dsteren Umgebung abhoben. In den greren Teichen schwammen Nilpferde und Krokodile, die trge ihre Muler offenhielten. Der Ballon stand jetzt fast still, die Luft bewegte sich kaum noch und wurde immer schwler und stickiger. Wahrscheinlich entldt sich die aufgestaute Elektrizitt bald in der Atmosphre, sagte der Doktor. Selbst die Tiere da unten spren, da sich etwas zusammenbraut. Landen? fragte Kennedy. Im Gegenteil, antwortete Fergusson. Wir sollten steigen, ich habe nur Angst, da uns die Strmungen dort oben vom Kurs abbringen. Wenn mglich, mchte ich nmlich von hier aus direkt nach Norden in Richtung Nilquellen fliegen, denn auf diesem Wege begegnen wir wahrscheinlich am ehesten der Expedition von Speke oder der Karawane von Heuglins. Die drckende Luft legte sich schwer auf die Lungen, die drei sprachen immer weniger, es schien zudem, als schlucke die Atmosphre jeden Laut. Gegen 21 Uhr stand der Ballon dann endgltig still. Unter ihm lag Msene, eine grere Siedlung. Der letzte Abendsonnenschein lie gerade noch die Bewsserungsgrben erkennen und dazwischen die dunklen Umrisse von Fahnen, Tamarinden, Sykomoren und Euphorbien. Ich habe so ein Gefhl, als ersticke ich, sagte Kennedy und atmete schwer. Diese Luft ist nicht mehr auszuhalten. Warum landen wir nicht, wenn wir sowieso nicht mehr weiterkommen? Landen oder Steigen, beides ist gefhrlich, antwortete Fergusson. Wenn wir gut ber die Wolken kommen, ohne vom Blitz getroffen zu werden, dann haben wir fr den Rest der Nacht keine Orientierung mehr und knnen wer wei wohin abgetrieben werden. Ankern wir an einem Baum, dann kann uns der Sturm zu Boden schmettern. Es bleibt uns nichts anderes brig, als den Ballon irgendwie in der Mitte zwischen Himmel und Erde zu manvrieren. Legt euch mal beide jetzt schlafen. Wenn alles ruhig bleibt, wachen wir morgen an der gleichen Stelle wieder auf. Kennedy und Joe verkrochen sich unter ihre Decken. Mit der klteren Nachtluft sank auch die Wolkendecke und hllte die Erdoberflche in undurchdringliches Dunkel. Sie hatten noch nicht lange geschlafen, als pltzlich ein Blitzstrahl aus dem Wolkenmassiv scho, gefolgt von einem gewaltigen Donnerschlag, der den Ballon zittern lie. Die beiden Schlfer schreckten hoch, und Kennedy fragte: Sinken wir jetzt? Wir mssen schleimigst ber das Unwetter steigen, antwortete Fergusson, bevor der Wolkenbruch herunterkommt und der Sturm richtig losbricht. Wieder ein Blitzstrahl und Donner, eine Unzahl weiterer Entladungen folgte Schlag auf Schlag. Der ganze Hirn mel schien Funken zu sprhen. In dieser Gegend Afrikas wurden schon 30 Blitze pro Minute gezhlt, und einzelne Donnerschlge sind bei derartigen Gewittern schon gar nicht mehr zu unterscheiden. Gleichzeitig brach der Sturm los und wirbelte die Wolken durcheinander, als sei ein riesenhafter Ventilator angeschaltet worden, Der Doktor drehte das Knallgasgeblse voll auf, und der Ballon tanzte wild und drehte sich um seine eigene Achse, aber er stieg unaufhaltsam. Wir mssen hindurch! rief der Doktor und drehte das Knallgasgeblse auf. Binnen kurzem war der Ballon von zuckenden, blendenden Blitzen umgeben ... Die Reisenden hatten Mhe, bei dieser rasenden Karussellfahrt in der Gondel zu bleiben. Von allen Seiten fuhren jetzt die Windste in ihr Fahrzeug und drckten die Hlle ein, da der Seidenstoff chzte und knarrte. Schlielich drhnte das Trommeln eines Hagelschauers auf die Victoria herab, kleine Blitze streiften die uere Hlle wie flammende Tangenten, und am Ballonnetz bildeten sich Bschelentladungen und beleuchteten die Gondel. Die Reisenden waren jetzt auf jede Katastrophe gefat Durch die fortwhrenden Drehungen wurde ihnen schwindlig und schwarz vor Augen, und sie bemerkten gar nicht, wie sie die Wolkendecke durchstieen. Pltzlich lag die Zone der Entladungen unter ihnen, die Blitze spielten nur noch wie ein harmloses Feuerwerk, der Donner drang gedmpft an ihr Ohr. ber ihnen leuchtete der Sternenhimmel, und der Mond bestrahlte die brodelnden Wolken. Das Barometer zeigte 4000 m. Sie konnten aufatmen. ~11 Der nchste Tag brachte ein Abenteuer, das in einem Braten endete. Noch in der Nacht hatte der Wind die letzten Wolken verjagt. Die Victoria war whrend des Gewitters kaum von der Stelle gewichen, und Fergusson prfte am Morgen verschiedene Hhen, um eine gnstige Strmung zu rinden. Inzwischen war der Ballon schon so weit nach Westen abgekommen, da man die Mondberge sehen konnte, die den Tanganjika-See nach Norden hin abschlieen. Blulich schimmerte die langgestreckte Bergkette, auf einigen Gipfeln lag ewiger Schnee. Diese Gegend hat noch kein Europer gesehen, sagte der Doktor. Burton ist zwar sehr weit nach Westen vorgestoen, die Mondberge hat er aber nicht erreicht. Speke wollte das Gebirge gesehen haben, aber Burton hielt es fr eine Fata Morgana. Nach unserer Reise haben alle Halbwahrheiten darber ein Ende. Fast 1000 Kilometer muten sie noch weiter nach Norden vordringen, wenn sie das Rtsel der Nilquellen aufdecken und den Punkt erreichen wollten, an dem alle von Norden kommenden Expeditionen bislang umgekehrt waren. Gegen Mittag berflog die Victoria das Dorf Uyofii und hielt sich parallel zum Viktoria-See, der aber noch hinter Bergen versteckt lag. Die Reisenden wollten jetzt endlich wieder festen Boden unter die Fe bekommen und hielten Ausschau nach einem geeigneten Landeplatz. Es war Zeit, die Aggregate zu inspizieren. Fergusson hatte den Ballon bis auf wenige Meter ber dem Boden heruntergelassen, und der abgeworfene Anker schleifte an der Erde entlang. So weit man sehen konnte reichte ein Meer aus Grsern und Blten, in das der Anker Furchen zog, die sich hinter ihm wieder schlossen. Sanft wogte das Gras im Wind, Scharen buntgefiederter Vgel flogen auf, wenn der Schatten des Ballons erschien. Da, mit einemmal ein pltzlicher Ruck ui der Gondel. Der Anker mute irgendwo gefat haben. Gerade als Joe die Leiter abwerfen wollte, erschtterte ein dumpfer Schrei die Luft, und der Ballon setzte sich langsam wieder in Bewegung, obwohl die Ankerleine straff gespannt war. Unser Ankerfelsen luft weg! rief Kennedy. Und aus dem Gras erhob sich ein riesenhaftes graues und zerfurchtes Ungetm. Ein Elefant! schrie Kennedy begeistert und legte an. Nicht schieen, sagte Dr. Fergusson, vielleicht nimmt uns das Tier ins Schlepptau. Der Elefant versuchte vergeblich, den Anker, der sich zwischen seinen zweieinhalb Meter langen Stozhnen verfangen hatte, abzuschtteln, schleuderte seinen Rssel in die Luft und stampfte gereizt davon. Wig a more, wig a. more, rief Joe, und das Tier galoppierte mit so wilden Sprngen, da die Gondel auf- und niederwippte. Dr. Fergusson stand bereit, jeden Augenblick die Leine zu kappen. Wie ein Walfangboot von einem Wal lie sich die Victoria von dem Elefanten stundenlang ber die Prrie schleppen. Erst als ein Wald in Sicht kam, wurde die Lage kritisch. Kennedy erffnete das Feuer, gab einen Schu nach dem anderen ab, aber das Tier wurde nicht ernsthaft verwundet, sondern nur noch gereizter und verdoppelte seine Geschwindigkeit. Ein Schu durch das Auge lie es endlich straucheln, aber erst ein gezielter Herzschu legte den Elefanten vllig um. Nein, nicht schieen! Der soll uns in Schlepp nehmen! Elefanten knnen nmlich einen ganz beachtlichen Galopp vorlegen. Im Todeskampf bumte er sich noch einmal hoch und zerbrach im Niederstrzen einen Stozahn. Jetzt kletterte Joe hinunter und prfte den Anker. Dann hob er eine Bratgrube aus, schichtete drre Zweige und darber einen Holzsto auf. Aus der Elefantenhaxe und dem Rssel schnitt er die zartesten und saftigsten Stcke heraus, wickelte sie in Bltter und packte sie in die unterdessen ausgebrannte Grube. Er bedeckte das Fleisch mit heier Asche und setzte darber nochmals ein Feuer in Brand. Das Fleisch htte im Londoner Ritz nicht besser schmecken knnen. Die Gegend schien so verlassen und friedlich, da man sich nach dem saftigen Abendessen auf der Erde schlafen legte. Zwar wurden Hynen und Schakale vom Blutgeruch angelockt und umstrichen das Lager, aber Joe verscheuchte sie mit Feuern, die er rings um den Schlafplatz entzndete, und Kennedy scho von Zeit zu Zeit, wenn eines der Tiere zu nahe kam. Am nchsten Morgen vor dem Start orteten sie ihren Standpunkt. Sie befanden sich genau 2 40', etwa 280 km, sdlich des quators. Mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h trieben sie jetzt nach Norden, lieen zahlreiche kleine Drfer unter sich und stiegen an den Hngen des Rubemhe hoch. Dahinter begannen bereits die Auslufer des Karagwe-Gebirges, das die Eingeborenen als Wiege des Nils bezeichnen. Das Massiv, das nach Fergussons Ansicht mit den Mondbergen zusammenhing, schliet den Viktoria-See nach Westen ab, und dieser See, den Speke am 3. August 1858 entdeckt hatte, war eines der wichtigsten Ziele ihrer Expedition. Sie sahen ihn am Horizont liegen, als sie ber Kafuro, dem Handelszentrum, schwebten. Bis zu den Seeufern hinunter fiel das Land in Reis-und Gerstenfeldern ab, auf denen Eingeborene arbeiteten. Die Reisenden sahen auch entsetzlich beleibte Frauen, die sich nur unter grter Anstrengung durch die Ackerfurchen schleppen konnten. Fergusson erklrte dem erschrockenen Kennedy, da diese Fettleibigkeit zum Schnheitsideal des Landes gehre und durch Mastkuren mit genau dosierten Dickmilchportionen erreicht werde. Pfff Frauen! sagte der Schotte verchtlich. Tja Frauen . . . sagte Joe vertrumt. Am Nachmittag trieb der Ballon bereits ber den See, der hier ungefhr 150 km breit war. Die Victoria war schon so weit nach Norden abgekommen, da der Doktor den Plan aufgeben mute, die sdlichen Gestade zu kartographieren. Die Seeufer waren anscheinend imbewohnt, Moskitoschwrme verdeckten das Ufergebsch, Nilpferde dsten im Morast. 30 km vom jenseitigen Ufer entfernt lieen die Reisenden ber einer kleinen Insel den Anker hinab. An Absteigen war nicht zu denken, denn Myriaden Moskitos schwrmten in dichten Wolken ber dem Boden. Die Ankerleine lie man so lang wie mglich, um die Gondel in sicherer Entfernung zu halten. Der Wind hatte sich gegen Abend gelegt. Fergusson las an seinem Barometer eine Hhe von 1134 m ab: fast auf die gleiche Hhe hatte Speke die Lage des Viktoria-Sees geschtzt. Obwohl auf der unbewohnten Insel keine Gefahr zu befrchten war, wollte der Doktor die Nacht ber wachen. In Wahrheit war er zum Schlafen viel zu aufgeregt, denn ab hier sollten die eigentlichen Forschertaten beginnen. Er lie die Victoria schon um 4 Uhr morgens wieder aufsteigen, als ber dem See noch Nebelbnke lagen. Bald ri sie ein frischer Wind auseinander und schob den Ballon vor sich her nach Norden, und dann kam der Augenblick, in dem Fergusson seine Gefhrten mit dem Ruf weckte: Der quator liegt unter uns! Wir sind wieder zu Hause in der nrdlichen Hemisphre! Das Westufer des Sees war nur als flacher Streifen zu erkennen, dahinter tauchten die Umrisse der Hochebenen von Uganda und Usoga auf. Der Wind hatte zugenommen, jagte die Victoria mit 50 km/h dicht an der Oberflche ber den See und whlte das Wasser auf. Auch wenn die Brise abflaute, beruhigten sich die Wellen nicht: ein Zeichen dafr, da der See sehr tief war. Bald konnten die Reisenden auch das nrdliche Ende des Viktoria-Sees erkennen. Zur Linken war das Ufer bewaldet, geradeaus vor ihnen ragten schroffe Berge auf, zwischen denen in einer tief eingeschnittenen Schlucht ein schumender Strom glnzte. Also haben die Araber recht gehabt! sagte der Doktor. Dieser reiende Ausflu des Sees dort das ist die Quelle des Nils! Der Ballon trieb genau in die Richtung des Flusses, dessen Wassermassen sich an Felsen brachen und als Stromschnellen und Wasserfalle donnernd zu Tal strzten. Von den umliegenden Bergen kamen weitere Zuflsse, und aus den Seitenschluchten ergossen sich schumende Bche in den anschwellenden Strom. Wir mssen hinunter, rief Fergusson, wir knnen an unserer Entdeckung nicht so einfach vorbeifliegen. Aber die Eingeborenen Schemen hier nicht besonders gtterfreundlich zu sein, sagte Kennedy. Schau dir die Pfeilhagel mal an, die von da unten heraufkommen. Wir landen auf jeden Fall, antwortete der Doktor, auch wenn wir die Warfen gebrauchen mssen. Es wre nicht das erste Mal, da die Wissenschaft ein Gewehr in die Hand nimmt. Klar zum Landen? fragte Joe. Noch nicht, antwortete der Doktor. Zuerst steigen wir noch mal, damit ich unseren Landeplatz von oben erkunden kann. Sie gingen bis auf 800 m ber Grund und konnten von dort ein Netz von Wasseradern berblicken, die alle in den Hauptstrang mndeten. Wir sind schtzungsweise 150 km sdlich Gondokoro, sagte Fergusson, als er die Landschaft mit seinen Karten verglichen hatte. Etwa 8 km von hier mu die Stelle sein, bis zu der alle Reisenden aus dem Norden vorgedrungen sind. Die Victoria sank jetzt langsam tiefer, Kennedy und Joe lehnten mit schubereiten Bchsen ber dem Gondelrand. Der Ballon folgte dem Flulauf in etwa 30 m Hhe und brachte die Uferbewohner in Aufruhr. Der Nilzuflu war hier fast 100 m breit, und nach einem 3,5 hohen Katarakt weitete er sich zu einem breiten, inselbersten Becken. Das ist der Wasserfall, den Debono angegeben hat, rief der Doktor und suchte mit seinem Fernglas die Wasserflche ab. Und dort sehe ich auch die Insel Benga mit den vier Bumen! Da mssen wir auf alle Flle aussteigen! Aber die Eingeborenen . . . Ach was, Feuer frei! Die Victoria senkte sich ber der Insel; als Kennedy einem der Neger den Korkhut zerschossen hatte, strzten sich die Eingeborenen kreischend in den Flu. Der Anker wurde abgeworfen und verfing sich in einer Fels- spalte. Der Ballon schwebte hoch genug ber den Felsen, so da ihn die Pfeile der wtenden Uferbewohner nicht beschdigen konnten. Kennedy, Joe und der Doktor kletterten an der Leiter hinunter. Dick, du kommst mit mir, Joe bewacht den Ballon, sagte Fergusson. Was soll ich bei dir? fragte Kennedy. Ich brauche einen Zeugen. Eine Zeitlng suchte der Doktor die Bsche am Rand der Insel ab und ri sich die Hnde blutig. Aber dann stand er pltzlich vor einem Felsen, den er offensichtlich gesucht hatte, denn er packte Kennedy aufgeregt am Arm: Sieh mal hier! Tatschlich ... Buchstaben! sagte Kennedy. Die Lettern A. D. waren deutlich lesbar in den Felsen eingeritzt. Andrea Debono! sagte Fergusson fast andchtig. Er hat den Lauf des Nils am weitesten nach Sden verfolgt. Der Doktor zeichnete die Buchstaben l: l ab, entrollte eine britische Flagge und befestigte sie am Felsen. Dann kehrte er mit Kennedy zur Leiter zurck, sie stiegen wieder ein und machten die Leinen los. Fergusson war bester Laune: Wenn der Wind noch ein Weilchen nach Norden blst, sind wir in ein paar Stunden in Gondokoro und knnen unseren Landsleuten die Hand schtteln! Aber als die Victoria aufgestiegen war und der Doktor die Fahrtrichtung prfte, merkte er, da sie nicht mehr nach Norden flogen, also auch nicht nach Gondokoro kommen wrden. Wenigstens haben wir unseren wissenschaftlichen Auftrag erfllt, haben mit eigenen Augen gesehen, da der Bahr-el-Abiad, der Weie Flu, aus dem Viktoria-See entspringt und nicht aus irgendwelchen mysterisen Quellen oder gar aus der Sonne selbst, wie man in der Antike glaubte. Schade, da diese schnen Geschichten sang- und klanglos untergehen, weil sich die Wissenschaft so brutal breitmacht, antwortete Kennedy. Trste dich, sagte der Doktor, und glaube mir: die Poeten, die solche und hnliche Mrchen erfinden, werden auch die Wissenschaft nicht zum Schweigen bringen knnen. Der Ballon hatte jetzt den Wasserfall von Makado erreicht, in der Ferne erschien der Gipfel des Logweks, den die Araber Zitterberg nannten. Bis hierher ist Andrea Debono vorgestoen, alles Land hinter dem Zitterberg ist noch unerforscht, sagte der Doktor. Wir haben bis jetzt nicht viel mehr gesehen als andere Forscher auch. Hier aber beginnt unsere Expedition. Als die Victoria beim Einbruch der Dunkelheit an den Abhngen des Zitterberges hochstieg, hatte sie an diesem Tag insgesamt 500 km zurckgelegt. Die Reisenden waren schweigsam geworden, auch Fergusson grbelte nicht nur ber geographischen Details. Sie erlebten einfach einen Anfall von kollektivem Heimweh. Am nchsten Morgen war die schlechte Laune verflogen, der Doktor hielt geographische Vorlesungen. Vor uns liegt das sogenannte Land Usoga, sagte er. Die Araber an der Kste erzhlten, das Innere Afrikas sei ein riesiger Binnensee, und unsere Geographen und Landkartenzeichner haben das auch prompt geglaubt. Man befragte zwar Negersklaven aus dem Landesinnern, aber da man sich nicht richtig verstndigen konnte, entstand aus allen Wahrheiten und Halbwahrheiten schlielich das System, auf dem unsere Landkarten beruhen. Natrlich sind Sie imbrauchbar, deshalb will ich versuchen, sie zu korrigieren. Wohnt irgendwer in diesem Land? fragte Joe. Die Njam-Njam-Stmme, antwortete der Doktor. Weil die Eingeborenen so viel schmatzen, nannte man sie einfach Njam-Njam. Was macht ihnen denn soviel Appetit? fragte Joe. Unsereins, antwortete Fergusson. Es sind Menschenfresser. Zunchst hatte man diese Stmme sogar fr Halbaffen gehalten, bis man entdeckte, da der hinten angehngte Schwanz ein Schmuck aus Tierfellen war. Ein Schwanz wre in diesen Gegenden schon ganz praktisch, meinte Joe, man knnte die Moskitos damit totschlagen. Der sumpfige Boden dampfte unter der Mittagssonne, und bald war die Erdschicht von einem Nebelschleier versperrt. Der Doktor lie den Ballon absteigen. Bereits am Morgen war ein krftiger Monsun aufgekommen, der von unten in die erschlaffte Ballonhlle fuhr, da die Gasrhren knarrten. Joe mute sie mit Seilen festzurren. Fergusson prfte die Ventile und war froh, da sie noch unbeschdigt waren. Ausstrmendes Wasserstoffgas knnte sich rasch entznden, sagte er. Wrden wir dann abstrzen? fragte Joe. Ich glaube kaum. Das Gas wrde nur langsam abbrennen. Die Ballonfahrerin Madame Blanchard geriet mit ihrem Flugapparat einmal in Flammen, als sie ein Feuerwerk in der Gondel abbrannte. Der Ballon schwebte sanft zu Erde, und sie wre sicherlich mit heiler Haut davongekommen, wenn die Gondel nicht auf einem Dach aufgeschlagen wre und die Luftschifferin abgeworfen htte. Hr mal zu, Sam, Bangemachen gilt nicht, sagte Kennedy. Du brauchst keine Angst zu haben, Ballonfahren ist vllig ungefhrlich. Auf ein paar tausend Starts kommen hchstens 20 tdliche Unflle, und fast immer waren Leichtsinn oder technische Fehler dafr verantwortlich. ~12 Der Wind blies aus allen Richtungen und lie den Ballon tanzen. Dennoch kam die Victoria mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h vorwrts. Unter den Forschern dehnte sich ein breites Waldstck, auf einer Lichtung waren Htten verstreut. Warum starren diese Neger uns denn so entgeistert nach? fragte Joe. Wundert dich das? fragte der Doktor. Als in Frankreich die ersten Ballons erschienen, haben die Bauern sogar darauf geschossen, weil sie glaubten, es sei der Vogel Rock. Einfaches Staunen ist doch viel vernnftiger. Das Dorf verschwand wieder. Kennedy entdeckte pltzlich am Boden einen Baum mit zweierlei Laub. Das ist nichts als ein Feigenbaum mit einer Palme obendrauf, erklarte Fergusson. Eines Tages hat sich etwas Humus auf dem Feigenbaumstamm angesammelt, und ein paar Palmsamen sind darauf hngengeblieben. Ein Rucksackbaum, meinte Joe. Diese Methode werde ich in London patentieren lassen. Bei den steigenden Grundstckspreisen wird man sowieso die Grten bald in die Hhe ziehen mssen, und dann werden mich die Londoner Kleingartenvereine aus lauter Dankbarkeit zum Ehrenmitglied ernennen. Fergusson mute den Ballon jetzt schneller steigen lassen, um ber einen Wald von ungewhnlich hohen Feigenbumen hinwegzukommen. Dahinter lag ein freier Platz, Der fazA/e Stamm war mit abgeschlagenen Menschenkpfen behangen. Der Kriegsbaum der Kannibalen flsterte Dr. Fergusson. mit kreisfrmig um einen frei stehenden Baum angeordneten Htten. Beim Nherkommen sahen die drei Freunde, da der untere Stamm der Sykomore fast ganz von einem Knochenhaufen zugeschttet war. An den sten hingen Menschenkpfe, an langen Messern aufgespiet. Der Kriegsbaum der Kannibalen, sagte der Doktor andchtig. Die Indianer hngen sich nur die Kopfhaut an den Grtel, die Afrikaner aber den ganzen Kopf! Modelaunen! meinte Joe. Um das nchste Dorf lagen verstreut halbverweste Leichen, Skelette, einzelne Krperteile. Fergusson konnte auch das erklren: Die Verbrecher werden hier zum Tod verurteilt, indem man sie fesselt und den Schakalen berlt. Der Galgen ist zwar nicht humaner, antwortete Kennedy, aber ein bichen hygienischer. Ihre Aufmerksamkeit wurde jetzt von einem Adlerschwarm gefangengenommen, den Kennedy und Joe in der Ferne entdeckt hatten. Der Doktor war beunruhigt, denn der Ballontaft wrde Schnabelhieben nicht gut widerstehen knnen. Doch so schnell die Raubvgel aufgetaucht waren, verschwanden sie auch wieder. Wir knnten ein paar Vgel dieser Grenordnung vor den Ballon spannen, sagte Joe, das wre auch eine Lsung der Frage >Wie lenkt man einen Ballon?<. Irgendjemand hat das auch schon vorgeschlagen, antwortete Fergusson. Aber wie willst du es fertigbringen, diese widerspenstigen Raubvgel zu zhmen? Ich wrde ihnen keine Trense in den Schnabel stecken, antwortete Joe, sondern Scheuklappen vor die Augen hngen. Wenn ich das linke Auge zudecke, geht's nach rechts und umgekehrt, und beide Augen zu heit Anhalten! Da ertnte unter ihnen pltzlich ein frchterliches Geheul und Geschrei. Zwei feindliche Stmme waren im Nahkampf aufeinandergestoen, Wolken von Pfeilen wechselten ber dem Kampfplatz. Etwa 300 Mann prallten aufeinander und waren so in ihr blutiges Handwerk vertieft, da sie den Ballon zunchst gar nicht bemerkten. Als aber wenig spter die ersten Pfeile heraufflogen, hatte Fergusson die Victoria bereits aus der Gefahrenzone gebracht. Die Eingeborenen sahen bald, da sie nichts ausrichteten, wandten sich wieder einander zu und gingen mit xten und Spieen aufeinander los. Kaum lag einer der Gegner am Boden, wurde ihm auch schon der Kopf abgeschnitten, mitten in dem Gemetzel sprangen Frauen umher, sammelten die bluttriefenden Kpfe ein und schichteten sie am Ende des Schlachtfeldes auf, wo sie sich mit ihren Stammesschwestern um die Trophen prgelten. Sieht das nicht aus, als seien da blutsuferische Bestien am Werk? fragte Joe. Aber stellt euch mal vor, sie wren nicht nackt, sondern htten gutgeschnittene Uniformen an, dann wrde sich kein Mensch ber dieses Schlachtfest entrsten. Ihr Krieg da unten hat etwas Lcherliches, sagte Fergusson. Die Herren Generale mten ihre strategischen Heldentaten einmal wie wir von oben verfolgen, vielleicht wrde die Politik dann nicht mehr so oft mit anderen Mitteln fortgesetzt. Die Wilden wteten unterdessen mit ihren konventionellen Waffen weiter. Besonders ein hochaufgeschossener Huptling schlug mit seiner Axt wie ein Berserker um sich. Als er einem Verwundeten bei lebendigem Leib einen Arm abtrennte und das Fleisch mit den Zhnen zerri, konnte sich Kennedy nicht mehr beherrschen und legte an. Von einem Kopfschu getroffen, strzte der riesige Neger der Lnge nach hui. Die Krieger hielten einen Augenblick erstaunt inne, dann ging aber die Gegenpartei zum Angriff ber und schlug den fhrerlosen Stamm in die Flucht. Bevor die Reisenden den Kampfplatz aus den Augen verloren, mten sie noch mit ansehen, wie sich die Sieger auf Verwundete und Gefallene strzten und sich um das noch warme Fleisch stritten. Bei Anbrach der Nacht, nach einem Flug von 240 km, landete die Victoria unter 27 Lnge und 4 20' nrdlicher Breite. Im Nu war es stockfinster geworden, der Baum, in dem der Anker hing, war nur noch als unfrmige Masse zu erkennen. Dr. Fergusson bernahm wie gewhnlich die erste Wache, um Mitternacht lste Kennedy ihn ab. Irgend etwas ist da, du mut aufpassen, warnte ihn der Doktor. Hast du was gesehen? Nicht direkt, aber mir ist ein eigenartiges Gerusch aufgefallen. Tiere wirst du gehrt haben. Nein, das war etwas anderes. Ich wei nicht, was. Weck uns jedenfalls sofort, wenn sich etwas rhrt. Fergusson kroch unter seine Decke. Es war vollkommen windstill. Die Victoria rhrte sich nicht von der Stelle. Kennedy sphte angestrengt in die Nacht, und mit einemmal glaubte er einen Lichtschimmer in der Ferne zu sehen, der sofort wieder verschwand. Zuerst nahm er an, seine bermdeten Augen htten ihn getuscht, dann blitzte wieder etwas auf, diesmal ein ganzes Stck nher. Kennedy lud seine Waffen durch, zgerte aber noch, seine Kameraden zu wecken, und schaute mit dem Nachtglas nach unten. Es schien ihm, als huschten imbestimmbare Wesen um den Baum herum. Pltzlich kam der Mond fr einen kurzen Augenblick hinter einer Wolkenbank hervor und lie deutlich aufgerichtete Gestalten erkennen. Kennedy mute an die Pavianbelagerung denken, weckte dann aber doch den Doktor. Was ist los? fragte Fergusson. Still, wir mssen Joe wecken. Sind es wieder die Affen? fragte Joe schlaftrunken. Kann sein, antwortete Kennedy. Wir beide klettern jedenfalls die Leiter hinunter. Der Doktor blieb in der Gondel und hielt das Knallgasgeblse in Bereitschaft. Kennedy und Joe verschwanden ber dem Rand und kauerten sich auf der Astgabel nieder, in welcher der Anker sich verhakt hatte. Eine Zeitlang hockten sie stumm auf ihrem Posten und lauschten; auf einmal ergriff Joe Kennedys Hand und deutete nach unten. Ein Zweig hatte geknackt, und es schien, als bewegten sich Schatten am Stamm hinauf. Es sind Neger, flsterte Joe. Fremde Laute waren zu hren, und der Geruch von ranzigem Fett, mit dem sich die Eingeborenen eingerieben haben muten, stieg ihnen in die Nase. Als zwei der Neger die Hhe Joes und Kennedys erklommen hatten, gab Kennedy das Kommando. Die Schsse krachten fast gleichzeitig. Sofort waren die Eingeborenen mit groem Geschrei verschwunden, aber in dem Lrm fiel eine Stimme auf, die deutlich Au secours, au secours! rief. Habt ihr das gehrt? fragte Fergusson, als die beiden wieder oben waren. Ein Franzose hat um Hilfe gerufen. Vielleicht ein Reisender oder ein Missionar? sagte Kennedy. Wir mssen ihn retten. Er hat sicher eure Schsse gehrt und erwartet jetzt unsere Hilfe. Auf ein Zeichen drckten Kennedy undJoe zugleich ab, und pltzlich regnete es schwarze Gestalten aus dem Baum. Das Wimmern des Franzosen klang ganz nah. Wir mssen alles vorbereiten und versuchen, ihn bei Tagesanbruch zu befreien. Wieder rief die Stimme um Hilfe, aber diesmal schwcher als zuvor. Wenn ihn die Eingeborenen aber noch heute nacht umbringen? fragte Kennedy. Das ist sehr unwahrscheinlich, antwortete Fergusson. Diese Stmme tten ihre Gefangenen immer bei Tageslicht. Ich wte nicht, warum sie es diesmal anders halten sollten. Am liebsten wrde ich mich jetzt gleich hinunterschleichen, sagte Kennedy. Der arme Kerl ist sicher am Verzweifeln. Wir knnen uns ja mit ihm verstndigen, sagte der Doktor und rief auf franzsisch hinunter, da man ihm bald Hilfe brchte. Die Antwort des Franzosen ging in einem frchterlichen Geheul der Euigeborenen unter. Man massakriert ihn, bevor wir ihm helfen knnen, sagte Kennedy. Sam, wir mssen jetzt sofort etwas unternehmen. Aber man sieht nicht einmal die Hand vor... Warte mal, da kommt mir ein Gedanke. Der Franzose ist sicher ziemlich abgemagert und wird nicht viel wiegen. Wenn wir also ein paar Sack Ballast abwerfen, hat der Ballon auch noch genug Auftrieb, wenn wir einen vierten Mann mitnehmen. Um noch schneller aufsteigen zu knnen als nur mit dem Knallgasgeblse, brauchen wir nur den Rest Ballast ber Bord gehen zu lassen... Einen Haken hat die Sache allerdings: wenn wir wieder landen wollen, mssen wir Gas ablassen, weil die Gondel um einiges leichter ist als bisher ... Aber was sind schon ein paar Kubikmeter Gas, wenn wir einen Menschen retten knnen? Joe schichtete die Ballastscke am Rand der Gondel auf, Kennedy lud smtliche Waffen. Joe, du kmmerst dich um den Ballast und lt ihn ber Bord gehen, und Dick, du bernimmst den Gefangenen, wenn es losgeht. Wartet aber meine Zeichen ab. Joe glitt am Halteseil hinunter und zog den Anker aus der Astgabel. Inzwischen lie der Doktor den Gasdruck im Mischungskasten ansteigen, bis die Ventile kaum mehr hielten, und lste die Kontakte der Batterie von den isolierten Drhten, die zu den Elektroden im Wasserkasten fhrten. Er klemmte andere Drhte an die Pole der Battere und verband sie mit zwei zugespitzten Kohlestcken. Dann nahm er in jede Hand einen Kohlestab, so da die Spitzen aufeinander zeigten. Kurz bevor sie sich berhrten, sprang ein Lichtbogen ber und leuchtete mit unertrglicher Helligkeit. Kennedy und Joe waren sprachlos. Fergusson leuchtete mit dieser Bogenlampe die Umgebimg ab. Der Ballon schwebte ber einem Affenbrotbaum, der inmitten von Sesam- und Zuckerrohrfeldern und niedrigen kegelfrmigen Htten stand. Die Eingeborenen rannten hin und her und begannen aufgeregt zu schreien. Jetzt war auch der Franzose zu sehen. 30 m unter dem Ballon lag er blutberstrmt an einem Pfahl, halb ausgezogen, der Kopf war vor Schwche auf die Brust gesunken. Lange, verklebte Haare hingen ihm ins Gesicht, aber auf dem Kopf war die Spur einer Tonsur zu erkennen. Als er den Lichtscheu! ber sich wahrnahm, hob er den Kopf und streckte die Arme nach oben. Er lebt! rief Fergusson. Seid ihr fertig? Joe, Geblse lschen!. Allmhlich sank die Victoria, und als die Eingeborenen das herabsteigende Licht sahen, flohen sie in ihre Behausungen und lieen ihren Gefangenen zurck. Aber whrend sich jetzt die Gondel dem Boden nherte und auf den Pfahl zutrieb, begriffen einige Neger, was man mit ihrem Gefangenen vorhatte, und kamen wieder zum Vorschein. Der Pfarrer versuchte vergeblich, sich aufzurichten, er sank vor Schwche immer wieder auf die Knie. Da berhrte die Gondel den Boden, Kennedy sprang hinaus, schnitt den Gefangenen vom Pfahl los, packte ihn und hievte ihn in das Fahrzeug. Im gleichen Augenblick lie Joe die 100 kg Ballast ber Bord gehen. Wider alles Erwarten erhob sich der Ballon nur schwerfllig und kam kaum hher als einen Meter ber Grund.-Was ist denn los? schrie der Doktor. Einer hat sich unten angehngt! rief Joe, der sich ber den Rand gebeugt hatte. Dick, den Wasserkanister raus! brllte Fergusson, und Kennedy packte augenblicklich zu und warf einen 50-1-Kanister hinaus. Daraufhin stieg der Ballon 100 m, verhielt kurz und scho pltzlich noch einige hundert Meter in die Hhe. S*~^^S'*S Zwischen den beiden Elektroden in der Hand des Doktors sprang pltzlich ein greller Lichtbogen ber, der die ganze Ebene unter ihnen ausleuchtete. Er hat losgelassen, sagte Joe. Im Schein des Lichtbogens sahen sie, wie sich der Eingeborene mit ausgebreiteten Armen in der Luft berschlug und dann am Boden aufprallte. Fergusson lie die Bogenlampe verlschen und schlo die Batterie wieder an das Gasaggregat an. Nach einigen Minuten begann sich der Franzose zu regen und schlug die Augen auf. Sie sind gerettet, sagte der Doktor zu ihm. Vielen Dank, antwortete der Pfarrer, aber mit mir geht es bald zu Ende. Er stirbt ja, sagte Kennedy. Noch nicht, antwortete der Doktor. Wir wollen ihn unter das Zelt legen. Vorsichtig betteten sie den blutverkrusteten Krper des wieder bewutlosen Pfarrers auf ein Lager aus Decken. Der Doktor wusch die Wunden aus und legte ausgezupfte Scharpien darauf. Nachdem er ihm ein Herzmittel eingeflt hatte, schlug der Pfarrer die Augen wieder auf. Fergusson beruhigte ihn und zog den Zeltvorhang zu. Bald brach die Morgendmmerung an, die Victoria trieb mit einem leichten Wind nach Westnordwest. Der Pfarrer schien tief zu schlafen, nur manchmal sthnte er leise. Man lie ihn den ganzen Tag ber in Ruhe, und in der folgenden Nacht wachten Kennedy und Joe abwechselnd neben seinem Lager, whrend der Doktor auf den Ballon achtgab. Als der Kranke am nchsten Morgen an die frische Luft gelegt wurde, schien die Sonne von einem strahlend blauen Himmel. Er konnte jetzt schon wieder etwas krftiger sprechen und fragte die Reisenden, wer sie seien und woher sie kmen. Erzhlen Sie von Europa und von Frankreich, bat er, seit fnf Jahren habe ich nichts mehr von zu Hause gehrt. Fergusson begann von den wichtigsten Ereignissen zu berichten, aber der Pfarrer weinte so sehr vor Heimweh und schttelte sich derart im Fieber, da der Doktor abbrach. Mit ein paar Tassen Tee brachte man ihn wieder etwas zu Krften und erfuhr, da er aus Aradon im bretonischen Departement Morbihan stammte und schon mit 20 Jahren nach Afrika geangen war. Jahrelang hatte er unter den Stmmen am oberen Nil missioniert. Solange man ihn fr verrckt hielt, wurde er von den Eingeborenen wenig belstigt. Unter den Njam-Njam-Stmmen aber mihandelte man ihn furchtbar; der Huptling eines Dorfes war vor einigen Tagen gestorben, die Eingeborenen schoben dem Weien die Schuld zu und hatten begonnen, ihn langsam zu Tode zu qulen. Um die Mittagszeit des vergangenen Tages htte er sterben sollen. Der Pfarrer war wieder eingedmmert, die Victoria kam nur langsam voran. Gegen Abend meldete Joe einen starken Lichtschein in westlicher Richtung. Beim Nher kommen schien es, als wrde dort der ganze Himmel brennen. Wahrscheinlich ein Vulkan, sagte Fergusson. Das sagst du so ruhig, wo wir direkt darauf zu fliegen? rief Kennedy. Benimm dich nicht wie ein Anfnger, Dick! Wenig spter hatten sie das Gebirgsmassiv erreicht; gerade vor ihnen schleuderte ein ausbrechender Vulkan Lava und glhende Brocken in die Luft, und die flssigen, weiglhenden Lavastrme krochen an allen Seiten des Kraters die Abhnge hinunter. Der Wind trieb den Ballon auf den glhenden Schlund zu, doch der Doktor lie ihn bis auf 2000 m steigen, so da die Victoria 600 m ber dem Ausbruch dahinschwebte. Die Unterseite des Ballons fing den Feuerschein auf und warf ihn in die Gondel; ein Gluthauch stieg bis zu den Reisenden hinauf. Die flssige Lava schien die Hnge des Kraters wie mit einem brennenden Teppich zu berziehen. Gegen zehn Uhr abends schlielich war das ganze Schauspiel zu einem kleinen roten Punkt am stlichen Horizont zusammengeschrumpft. Wir knnen doch nicht direkt auf diesen speienden Vulkan zuhalten!: riefJoe. In gengender Hhe schon, antwortete Fergusson ungerhrt. Mit dem Pfarrer ging es zu Ende. Er konnte nur noch mit Mhe atmen, und das auch nur, weil ihn die klare Nachtluft etwas belebte. Ich mu sterben, flsterte er. Man stirbt doch nicht mitten in einer Sommernacht, sagte Kennedy, um etwas zu sagen. Der Apostel wollte zum letzten Gebet hinknien, aber Kennedy mute ihn sttzen. Die Agonie hatte bereits begonnen, und der Pfarrer starb auf halbem Wege zum Himmel in den Armen des heulenden Schotten. Man wollte ihn am nchsten Morgen begraben. Bei Tagesanbruch zog ein kahles Hochplateau unter der Gondel hinweg, zwischen erloschenen Kratern waren tiefe Schluchten eingeschnitten, Felsen trmten sich bereinander. Nirgends ein Grashalm, nirgends in dieser Steinwste auch nur ein Tropfen Wasser. Der Doktor lie den Ballon ui eine Schlucht sinken, um, ihn bei der Landung vor dem Wind zu schtzen. Er fand keinen Ankerhalt und mute die Gondel deshalb auf Grund setzen. Joe sprang hinaus, hngte sich mit der einen Hand an den Rand der Gondel und warf mit der anderen Steine hinein, um das Gewicht seines Krpers abzugleichen. Danach konnte er mit beiden Hnden arbeiten und hatte in krzester Zeit einige Zentner Steine hineingeschafft. Die einzelnen Brocken waren merkwrdig schwer. Der Doktor besah sie sich genauer: sie enthielten groe Mengen Quarz und Porphyr. Joe und Kennedy scharrten jetzt eine Grube aus, um den toten Krper vor Tieren zu schtzen. Die Sonne strahlte unbarmherzig in die Schlucht, kein Lufthauch rhrte sich, der Boden brannte unter den Fen. Whrend Kennedy und Joe den Leichnam packten, in die Mulde legten und das Grab mit Steinen zudeckten, stand Dr. Fergusson grbelnd und geistesabwesend in der Nhe. Was schaust du so tiefsinnig? fragte Kennedy. Mitten in dem Leben sind wir vom Tod . . . Nein, es ist etwas anderes. Da hat dieser Apostel Armut gelobt und in Armutgelebt und verbringt das Ende der Tage in einer Goldmine. Was, Gold? riefen die beiden anderen. Jawohl, antwortete Fergusson, die Steine, die ihr ihm eben aufgeladen habt, sind reines Golderz. Wenn ihr zwischen den Platten da drben sucht, findet ihr sicher auch Goldklumpen. Sie sagen das so unbeteiligt, Herr Doktor, antwortete Joe. Fr mich als Wissenschaftler bedeutet Gold nichts. Es ist nur ein Mineral wie jedes andere. Stellen Sie sich mal vor, Herr Doktor, sagte Joe, wenn Sie hier ein paar Goldklumpen einstecken wrden, brauchten Sie nie mehr um Forschungsstipendien zu betteln! Und um deine Altersversorgung brauchte ich mich auch nicht mehr zu kmmern, antwortete Fergusson. Junge, du stirbst ja gleich am Goldfieber. Aber ein paar Millinchen knnten wir doch einpacken, meinte Joe. Von wir aus kannst du das Gewicht des Pfarrers in Gold aufwiegen, aber mach dich darauf gefat, da du deine Millionen jeden Augenblick zum Fenster hinauswerfen mut. Ein Rest wird hoffentlich brigbleiben, sagte Joe, damit wenigstens unsere Spesen wieder hereinkommen. Wenn wir wieder in England sind, kannst du ja die geographische Lage der Mine bekanntgeben und wirst Goldknig. Joe arbeitete verbissen und hatte bald 10 Zentner Quarzbrocken, in denen das Gold eingeschlossen ist wie in einem harten Gangstein, neben der Gondel aufgeschichtet. Fergusson sah belustigt zu, wie Joe jeden Brocken liebevoll auf den Gondelboden legte. Als sie wieder eingestiegen waren, zndete der Doktor das Geblse an, die Rohrschlange wurde hei, der Gasstrom zirkulierte und die Ballonhlle straffte sich, aber nichts rhrte sich. Joe, rief Fergusson. Der Diener sah verlegen zur Seite. Der Doktor sprach ihn nochmals an. Joe, la die Zinsen deines Vermgens ber Bord gehen! Ich glaube, Ihr Knallgasgeblse funktioniert heute nicht richtig, antwortete Joe. Mchtest du gerne hierbleiben? Joe suchte, bis er den kleinsten Quarzbrocken fand, wog ihn lange in der Hand und warf ihn zgernd hinaus. Der Ballon zerrte zwar an den Seilen, aber die Gondel rhrte sich nicht. Joe opferte noch ein paar Kilogramm. Gib deinem Herzen einen Ruck, sagte der Doktor, und lad noch ein paar Zentner Kapital ab. Joe wartete nach jedem Brocken lange, ob sich die Gondel immer noch nicht bewegte. Kennedy lachte aus vollem Hals, whrend der Diener sich mit saurem Gesicht abarbeitete, um rmer zu werden. Schlielich, nachdem alle dicken Brocken wieder drauen waren, hob sich die Victoria und schwebte unter vollem Gasdruck ber den Rand der Schlucht hinweg. Von dem Rest kannst du dir mimer noch selbst einen Diener halten, sagte der Doktor zu Joe, aber der fand das gar nicht komisch. ~13 10 Tage haben wir fr etwas weniger als die halbe Strecke Sansibar/Westkste gebraucht, sagte der Doktor. Es kann sein, da wir fr den Rest noch Monate bentigen. Und gerade jetzt geht uns das Wasser aus! Na hr mal zu, sagte Kennedy, auf 3000 km Weg kein einziges Wsserchen mehr, das gibt es doch nicht. Joe, dann mssen wir dein Gold versetzen und Wasser kaufen. Aber Joe sagte nichts mehr, er war beleidigt wie ein Kapitalist nach der Steuerfahndung. Auch der Doktor brtete vor sich hin, er dachte an die Schrecken der Sahara, wo die Karawanen oft wochenlang nach Trinkwasser suchen mssen. Auf Kilometer hinaus war jetzt keine Senkung mehr zu sehen, die letzten Bodenwellen liefen allmhlich in die weiten Flchen der Wste aus. Hier hrten Htten und Drfer auf, die Vegetation wurde dnner, das letzte waren verkrppelte Pflanzen, wie man sie aus dem schottischen Hochland kennt. Sand und Feuersteine traten zutage, und zwischen vereinzelten schroffen Felsrndern zeigte sich das rohe Gerippe der Erde. Eine Karawane schien sich in diese verlassene Gegend noch niemals verirrt zu haben, denn die Reisenden entdeckten weder Reste von Lagern noch von Menschen oder Tieren. Langsam, aber unaufhaltsam, nherte sich die Victoria der Sandwste, ein Zurck war nicht mehr mglich. Im stillen hoffte Fergusson, ein Sturm wrde den Ballon packen und rasch ber die Wste hinwegtreiben. Aber keine Wolke zeigte sich am Himmel, und am Abend war der Ballon kaum 50 km weitergekommen. Knapp 14 l Wasser waren ihnen geblieben. 4 l bestmimte Fergusson als eiserne Trinkwasserration, den Rest schttete er in das Aggregat. 18m3 Knallgas konnten damit erzeugt werden, bei einem stndlichen Verbrauch von 0,3 m3 mute ihre Reise in 60 Stunden zu Ende gehen. Der Doktor legte seinen Kameraden diese Rechnung vor: 60 Stunden knnen wir noch fliegen. Das sind dreieinhalb Tage, denn bei Dunkelheit mssen wir auf jeden Fall anhalten, damit wir nicht die kleiaste Pftze bersehen. Du kannst ja unsere Rationen schon mal einteilen, sagte Kennedy, damit wir uns nicht auch noch in die Haare geraten. Joe tischte beim Abendessen Grog auf, aber diesmal war das Verhltnis von Branntwein und Wasser umgekehrt als sonst. Diesen Grog zu trinken war das Ungeschickteste, was sie tun konnten, denn danach brannte ihnen der Rachen frchterlich. Bei Einbruch der Dunkelheit ging der Ballon auf einem Plateau nieder, das keine 300 m ber dem Meeresspiegel lag. Dahinter erkannten sie eine Senke. Fergusson ertappte sich dabei, wie er an den angeblichen zentralafrikanischen Binnensee denken mute, ber den es zahlreiche Gerchte gab, und da er sich sogar ausrechnete, wie die Victoria auf keinen Fall daran vorbeifliegen knnte, wenn sie die eingeschlagene Richtung hielt... Kaum war am Morgen, die Sonne aufgestiegen, brtete die von keinem Dunst gemilderte Hitze ber dem Wstensand. Die Rckstrahlung des glhenden Bodens schlug in heien Wellen bis zur Gondel hoch. Fergusson wollte aber auf keinen Fall in khlere Luftschichten steigen, um das Wasser nicht vorzeitig zu verbrauchen. So schwebte der Ballon ui 30 m Hhe und hatte bis zum Mittag nur ein paar Kilometer zurckgelegt. Mir scheint, jetzt ist es aus mit der natrlichen Baiionsteuerung, die ich zu Hause propagiert habe, sagte Fergusson. Zu dumm. Du httest den Propeller-Erfindern nicht die Tr weisen sollen, antwortete Kennedy. Propeller wrden uns erstens vorwrtsbringen und zweitens Fahrtwind in die Gondel ziehen. Schn und gut, sagte der Doktor, und wenn wir fr den Antrieb des Propellers auch noch Wasser brauchen wrden, sen wir noch schneller auf dem trockenen. Dick, du vergit, da man noch keinerlei praktische Erfahrung mit Propellern gemacht hat. Der Ballonbau steht auf der gleichen Entwicklungsstufe wie der Schiffsbau vor der Erfindung der Dampfmaschine. 6000 Jahre lang hat man sich alle mglichen und unmglichen Segel ausgedacht und Tausende von Galeerensklaven zu Tode geschunden, bis man auf Schaufelrder und Schrauben kam. Beim Ballon wird es vielleicht doch etwas schneller gehen. Besonders Joe setzte die Hitze zu. Er fluchte und sthnte, das Wasser lief ihm am Hals herunter, seine Kehle war trocken, und das Gurgeln im Surebehlter mit den Elektroden brachte ihn zur Raserei. Htten wir blo den Kanister noch, klagte er. Tja, sagte der Doktor, dann knnten wir Tausende von Metern steigen und kmen aus dem Glutofen heraus. Steigen? rief Joe. Trinken!! Tut es dir jetzt leid, da du den Kanister geopfert hast? fragte Kennedy. Nein, natrlich nicht, antwortete Fergusson, immerhin haben wir das Leben des Pfarrers damit um ein paar Stunden verlngert. Ich mu nur dauernd daran denken, da wir mit 40 l Wasser noch 12, 13 Tage lnger fliegen knnten, also weit ber die Wste hinaus. Aber die Hlfte der Reise haben wir doch hinter uns! An Kilometern schon, aber nicht an Zeit. Der flache Boden ebnete sich immer mehr ein, die Wellenlinien der Goldaderberge verschwanden im Flimmern des stlichen Horizontes. Die organische Natur schien sich allmhlich ganz zu erschpfen. Ein paar Grasbschel konnten sich noch halten, aber bald war auch das schwchste Grn verweht. Die von den letzten Gebirgsauslufern herabgestrzten Felsen hatten sich zerrieben, zunchst zu Kieseln, dann zu Sand. So hast du dir doch Afrika immer vorgestellt, Joe, sagte Dr. Fergusson, bist du jetzt zufrieden? Warum nicht? antwortete der Diener. Afrika ist eben Hitze, Sand und Durst, die Wlder und Wiesen, mit denen Sie mich hierhergelockt haben, interessieren mich nicht. Die sieht man ja auch in England. Bisher war's wirklich langweilig, aber jetzt fhle ich mich zum erstenmal wie in Afrika. Dafr hat sich all die Mhe schon gelohnt. Bis zum Abend war die Victoria nur 30 km weitergekommen. Die Tage unterschieden sich nicht mehr. Die Sonne brannte vom Himmel herunter, und der kaum fhlbare Luftzug schien sich langsam auszuhauchen, so da man sich ausrechnen konnte, wann der Ballon endgltig stillstehen wrde. Fergusson suchte mit seinem Glas die Umgebung ab, aber alles, was er sah, waren letzte Bodenwellen, die sich verflachten, letzte Spuren von Vegetation, die verschwanden. Zum erstenmal wurde ihm bewut, da er fr seine Kameraden verantwortlich war. Er hatte sie als Freund und als Arbeitgeber mit Verlockungen zu dieser Reise berredet, ja fast gezwungen, und nun drohten sie zu scheitern. Hatte er sich auf verbotene Wege begeben? Hatte er versucht, gegen die Grenzen des Unmglichen anzugehen? Depressionen qulten ihn, und in seiner Verzweiflung verbanden sich die Gedanken zu seltsamen, irrealen Vorstellungen. Er wute jetzt genau, was er nicht htte tun sollen, nun grbelte er darber nach, was ihm zu tun noch brigbliebe. Es gab vielleicht die Mglichkeit zur Umkehr. Das Land im Rcken war ihm bekannt, dort konnte man Wasser finden; vielleicht gab es in greren Hhen einen Wind, der den Ballon nach Osten trieb. ber den Kopf seiner Kameraden hinweg, wollte und konnte er aber nichts entscheiden. Er setzte ihnen die Lage ohne Beschnigung auseinander und rechnete ihnen die Uberlebenschancen vor, falls sie sich in der Wste verlren. Du weit genau, Samuel, da ich die Gefahren des Unternehmens von Anfang an nicht unterschtzt habe, sagte Kennedy. Schlielich habe ich dir vertraut und zu allem ja gesagt, deshalb kommen wir entweder alle bis ans Ziel oder wir gehen unter. Eine Rckkehr wre in jedem Fall genauso gefhrlich. Auch Joe berlie sich vllig der Fhrung des Doktors. Fergusson war gerhrt und wagte nach den Solidarittsbekundungen der beiden wieder zu hoffen. Wir sind nur noch 500 km vom Golf von Guinea entfernt, die Wste ist allem Augenschein zum Trotz nicht unendlich! rief er. Auerdem ist die Kste ein ganzes Stck ins Landesinnere erschlossen und besiedelt. Wir mssen eine Oase und Quellen finden, wenn uns nur eine Luftstrmung von der bisherigen Richtung abbringt. Allerdings riecht es bis jetzt noch nicht sehr stark nach frischem Wind. Wir mssen ihm eben auflauern, sagte Kennedy. Wieder schien der Tag kein Ende zu nehmen, die Ballonfahrer schauten angestrengt ber die gleiende Sandflche, die letzten Bodenwellen lagen bereits hinter dem Horizont, die Strahlen der untergehenden Sonne verlngerten sich auf der Ebene zu rotglhenden Streifen. 20 km hatten die Reisenden geschafft, das Trinkwasser war um einen halben Liter weniger geworden. Wieder brach ein klarer Tag an, der Ballon stieg auf 150 m, die Fortbewegung war kaum zu erkennen. Eines verstehe ich nidit, sagte Fergusson. Warum ist hier Sandwste, whrend in anderen Erdteilen auf dem gleichen Breitengrad und unter der gleichen Sonne die herrlichste Vegetation gedeiht? Was kmmert mich das Warum, antwortete Kennedy rgerlich. Ich frage, damit es nicht so langweilig ist, sagte der Doktor, ich frage, weil der Mensch sich durch das Bedrfnis nach Kausalitt von allen Wesen unterscheidet, die wir kennen. Ich empfinde eigentlich noch strker als das Kausalittsbedrfnis das Bedrfnis nach klarem Wasser, seufzte Kennedy. Wasser trinkt auch das Tier. Ich sehe Wolken! rief Joe pltzlich. Fragen wir uns doch mal, was das bedeutet, sagte Kennedy. Bis jetzt ist mir Wrme mimer sehr lieb gewesen, meinte Joe, besonders im Winter, und ich habe oft Angst gehabt, es knfite eines Frhlings pltzlich nicht nicht mehr warm werden. Aber zu verschwenden braucht man die Hitze auch wieder nicht, im Sommer. Hlt denn der Ballon die Bestrahlung noch lange aus? fragte Kennedy. Der berzug hat noch ganz andere Temperaturen vertragen, denn das Gas wurde zur Probe mehrmals auf 70 Grad erhitzt. Joe sah nach seinen Wolken. Es schob sich tatschlich eine dnne Schicht ber den Horizont, kleine Wolkenhaufen, die ihre Formation nicht nderten und somit auch kein Zeichen fr kommenden Wind waren. Von 8 Uhr morgens, als Joe die Wolken entdeckte, bis mittags 11 Uhr dauerte es, ehe sie die Sonne verdeckten. Aber gleichzeitig lste sich auch das hintere Ende der Schicht wieder vom Horizont ab, ber dem die heie Luft flimmerte. Davon haben wir nicht viel zu halten, sagte Fergusson. Wenn die Wolken nicht zu uns herunterkommen, mssen wir eben zu ihnen hinauf, antwortete Kennedy. Das kostet allerdings einen Haufen Wasser. Aber vielleicht werden uns da oben die Kanister gefllt. Fergusson drehte entschlossen das Geblse auf, derBallon blhte sich und stieg. In 500 m Hhe durchstie er die Wolkendecke und war pltzlich von dichtem, hellem, aber vllig trockenem Dunst umgeben. Immerhin schien die Victoria etwas schneller voranzukommen als vorher. Was ist denn hier los? rief Joe pltzlich, heftig erschrocken. Da verfolgt uns jemand. Leidest du schon jetzt an Verfolgungswahn? fragte Kennedy. Aber schauen Sie doch selbst hui: da kommt ein Ballon auf uns zu und will uns rammen! schrie der Diener. Joe, du httest doch einen Sonnenhut aufsetzen sollen, meinte Fergusson. Nein, Sam, er hat recht! rief dann pltzlich auch der Schotte. Tatschlich war unter ihnen ein Ballon aufgetaucht, der jetzt 70 m ber dem Boden in der gleichen Richtung flog wie die Victoria. Ihr knnt unserer Konkurrenz ja mal zuwinken, sagte der Doktor. Zur gleichen Zeit wie Kennedy zog auch ui der anderen Gondel einer die englische Flagge heraus und schwenkte sie in der Luft. Da sind ja Affen und Papageien drin, die uns nachmachen! Ach Joe, sagte der Doktor und lachte, die Affen haben es dir wohl angetan. Schau mal genau hin, dann wirst du sehen: der Affe, der da winkt, bist du selber. Ihr seht euch und den Ballon in einem Spiegel, der entstanden ist, weil Luftschichten mit verschiedener Dichte und verschiedener Temperatur aufeinandergestoen sind. Ich finde, wir sehen in diesem Luftspiegel recht imponierend aus, sagte Kennedy. Joe konnte sich an dem Phnomen nicht sattsehen und fuchtelte wild mit den Armen. Nach kurzer Zeit aber verblate die Erscheinung wieder und verschwand. werd'verrckt: da drben fliegt noch ein Ballon... gib Zeichen mit der Fahne ... tatschlich, sie erwidern ... eine englische Fahne, genau wie unsere ... Die Wolken stiegen, und der Ballon trieb erneut unter der ungemilderten Sonnenglut dahin. Fergusson lie ihn jetzt knapp ber den Boden sinken. Seine Geschwindigkeit war annhernd Null. Die drei Reisenden fielen unter der lhmenden Hitze in dumpfe Lethargie. Joe, der Unruhigste, sprang fter auf, weil er etwas gehrt zu haben glaubte oder zu sehen hoffte. Und er war es dann auch, der gegen 16 Uhr weit voraus zwei Punkte entdeckte, die sich dunkel von der Sandflche abhoben. Sofort waren die anderen auf den Beinen. Es sind Fahnen! rief Fergusson. Eine Oase, Schatten und Wasser! Wir sind gerettet! Wenn wir dort unten sowieso Wasser finden, knnen wir uns ja gleich jetzt was auf die Nase gieen, sagte Joe. Gott sei Dank, ich wre vor Durst fast geplatzt. Alle drei tranken weit ber ihre Ration. Es blieben noch knapp 2 l Wasser brig. Das beste Export von Gumness wrde ich hier gegen frisches Wasser tauschen! sagte Joe. Bescheiden, sagte der Doktor. Das sind die Freuden der Entbehrung. Man lernt die einfachsten Dinge wieder schtzen. Ich werde dich aber zu Hause beim Wort nehmen. Mich bitte nicht, sagte Kennedy. Guinness is good for me. Bier macht die Wste erst schn. Um 18 Uhr schwebte die Victoria immittelbar ber den Fahnen, aber die Reisenden erschraken. Es waren nur noch Gespenster von Bumen, ohne Bltter, die verdorrten Zweige vollkommen schwarz. Darunter sah man die berreste einer Brunneneinfassung, aber kaum einer der verwitterten und in der Hitze geborstenen Steine lag noch auf dem anderen. Dr. Fergusson erstarrte. Der Umkreis der verschtteten Oase war mit Skeletten und einzelnen Knochen berst, ausgebleicht wie der Sand ringsumher. Eine Karawane mute hier verendet sein, die strksten Tiere hatten es noch bis zu den Fahnen geschafft, die schwcheren waren bereits vor der ausgetrockneten Quelle zusammengebrochen und verendet. Ich setze hier keinen Fu auf den Boden, sagte Kennedy, Samuel, gib Gas, hier finden wir nie im Leben Wasser! Das kannst du nicht wissen, antwortete Fergusson. Auerdem ist es gleichgltig, ob wir hier die Nacht verder woanders. Bald sa die Gondel auf Grund, Kennedy und Joe beschwerten sie mit Sand und marschierten auf den Brunnen los. Die Stufen in seinem Inneren zerfielen unter ihren Tritten und vermengten sich mit dem Sand, der den Boden bedeckte. So sehr sie auch suchten und den ausgedrrten Sand zur Seite scharrten, sie fanden keinen Schimmer von Feuchtigkeit. Staubbedeckt kamen sie wieder zum Vorschein, der Doktor begriff sofort, was los war. Auf dem Weg zur Gondel hob Joe den Rest eines Wasserschlauchs auf. Er zerfiel ui schien Hnden. Joe warf die Reste wtend und verzweifelt zur Seite. Beim Abendessen sprach keiner ein Wort. Alle wuten, da die Qualen erst von hier ab beginnen wrden. ~14 6 m3 Knallgas hatte das Geblse verbraucht, aber die Victoria war nur 15 km weitergekommen. Unsere Maschine arbeitet noch 6 Stunden, sagte Fergusson am nchsten Morgen, wenn wir bis dahin kein Wasser gefunden haben, knnen wir zu Fu Weiterreisen. Auch nicht der sanfteste Lufthauch war jetzt mehr zu spren, der Ballon lag fest wie ein Schiff in der Kalmen zone. Inzwischen war die Hitze auf 45 im Schatten angestiegen. Kennedy und Joe lieen sich in die Gondel fallen und dmmerten vor sich hin. Es gab nichts mehr, was sie ablenken konnte, sie sanken in Halbschlaf, um ihre vergangenen Leiden aus dem Bewutsein zu verdrngen und zu vergessen, was sie noch erwartete. Aus lauter Verzweiflung hatten sie Schnaps getrunken und sich so frchterlich die Schleimhute verbrannt, da sie bis auf einen Rest von l l alles Wasser hinunterstrzten. Fergusson bereute jetzt, da er so viel Wasser in das Aggregat geschttet hatte. Es war gleichgltig, ob der Ballon erst hier oder schon 100 km weiter zurck htte landen mssen, weil das Geblse nicht mehr arbeitete; immerhin htten die Reisenden 9 l Trinkwasser mehr gehabt genug fr eine weitere Woche. Im Notfall htte man auch Ballast abwerfen knnen, um zu steigen und nach Wind zu suchen . . . Aber was half der Konjunktiv. Um 10 Uhr morgens zndete der Doktor in einem jhen Entschlu das Geblse an, drehte das Gasventil voll auf und lie den Ballon, whrend seine Kameraden schliefen, bis auf 1500 m steigen. Aber die Luft stand in allen Schichten still, der Ballon stieg und fiel in einer senkrechten Linie, genau ber dem Platz, von dem er sich erhoben hatte. Da lie auch schon der Druck des Knallgases nach. Die Elektroden hingen nicht mehr im Wasser, die Flamme erlosch, die Ballonhlle begann zu erschlaffen, die Victoria sank unaufhaltsam, und die Gondel berhrte knapp neben dem ausgetrockneten Brunnen den Boden, wo ihre Spuren noch eingedrckt waren. Der Sto beim Aufsitzen der Gondel ri Kennedy und Joe aus dem Schlaf. Warum landen wir schon wieder? fragte Kennedy. Es ist aus, antwortete Dr. Fergusson. Er hatte berechnet, da sie sich etwa 800 km sdstlich des Tschad-Sees und 650 km stlich des Golfs von Guinea befinden muten. Der Ballon rhrte sich nicht, da der Boden auf gleicher Hhe mit dem Meeresspiegel lag. Die Reisenden beluden die Gondel mit Sand, bis sie imbesorgt aussteigen konnten, und kauerten sich zum Abendessen nieder. Keiner interessierte sich fr Zwieback und Pemmikan, keiner hielt mehr Wache, aber auch niemand schlief. Verstohlen nippte einer nach dem anderen aus der Wasserflasche, und am Morgen war ein knapper Viertelliter briggeblieben. Der Doktor nahm diesen Rest unter Verschlu. Das Quecksilber war an diesem Tag auf 60 geklettert, und der Sand brannte unter den Fen. Wir haben noch lange keuien Grund, zu verzweifeln, sagte Fergusson. Auf groe Hitzewellen folgen in diesen Breiten unvermeidlich Strme. Innerhalb von wenigen Stunden kann das Wetter schon umschlagen, ohne da es sich auffallend ankndigt. Mir scheint auerdem, das Barometer hat leicht fallende Tendenz. Was hilft das alles, sagte Kennedy, wenn unsere Victoria flgellahm ist. Bald verstummte das Gesprch vllig, jeder brtete vor sich hin. Nicht nur Hitze und Durst lahmten die Sinne, sondern auch der bloe Anblick der Wste brachte Panik. Nirgendwo konnte sich das Auge ausruhen, nichts in dem Sandmeer zog die Aufmerksamkeit an. Die grenzenlose Langeweile schlug allmhlich in fast krperlichen Ekel um, und die Reisenden glaubten, Symptome der gefrchteten Wstenkrankheit an sich zu entdecken. Whrend sie hinausstarrten, begann die Luft vor ihren Augen zu tanzen und zu vibrieren, als schauten sie ber ein Feuer hin. Die unabsehbare Wste wurde zum Symbol der Unendlichkeit. Die drei zwangen sich zu der Einsicht, da sich an ihrer Lage kaum mehr etwas ndern wrde; aber je klarer das wurde, desto mehr bumten sich ihre Sinne dagegen auf. Nichts nderte sich an der vollkommenen Stille und dem trostlos gleichbleibenden Anblick der Wste, und bevor der Abend kam, verschwammen auch die Einzelheiten der nchsten Umgebimg vor ihren Augen. Nach Einbruch der Dunkelheit erhob sich Fergusson von seinem Lager und ging ein paar Schritte auf und ab. Er wollte seinen Krper durch einen kleinen Marsch wieder in Bewegung bringen und hoffte, seine Gedanken dabei ablenken zu knnen und seine berreizten Nerven zu beruhigen. Kommt ihr mit zu einem Wstenlauf? fragte er die Gefhrten. Das wird euch guttun. Keuien Schritt, antwortete Kennedy barsch. Ich will nur noch eins: schlafen! murmelte Joe. Reit euch zusammen! schrie der Doktor. Wollt ihr hier verrecken? Aber keiner rhrte sich. Jeder Zuspruch war zwecklos. So ging er allem los. Die ersten Schritte fielen ihm schwer, aber bald kam Bewegung in seine Glieder, und er konnte in seinem gewhnlichen Tempo marschieren. Das ging vielleicht eine Stunde lang gut, er kam mehrere Kilometer in westlicher Richtung vom Ballon ab, fhlte schon seine alten Krfte zurckkehren, da begann er pltzlich in den Knien zu wanken, es schwindelte ihm vor Augen, und er hatte das Gefhl, ein Abgrund tte sich vor ihm auf. Die Sandflche um ihn herum drehte sich, er geriet in einen Taumel und glaubte in ohnmchtigem Schrecken, er strze in die Einsamkeit hinab. Verzweifelt sah er sich um, aber den Ballon hatte lngst die Nacht verschluckt. Er wollte sich aufraffen und umkehren, brach aber wieder zusammen. Er schrie in voller Verzweiflung. Nichts rhrte sich, der Sand verschluckte jeden Widerhall. Da verlor Dr. Fergusson, der unerschrockene Forscher, vor Angst das Bewutsein und sackte als lebloser Krper zusammen. Zwingen konnte er seine Gefhrten nicht, also lie er sie sitzen und ging allein in die Nacht. Er ahnte nicht, da sein Krper bereits zu schwach war, um wieder zurckzufinden... Er kam erst wieder zu sich, als ihn jemand schttelte und massierte. Joe war schien Fuspuren nachgegangen und hatte ihn schlielich gegen Mitternacht im Sand gefunden.Ist Ihnen etwas zugestoen? fragte Joe. Nur eine Migrne, antwortete Fergusson und rgerte sich ber seine Schwche. Joe half ihm auf die Beine und fate ihn unter den Arm, damit er gehen konnte. Sie sind wirklich leichtsinnig, schimpfte der Diener. Man htte Ihnen die Taschen ausleeren knnen, ohne da Sie es merkten! Im brigen finde ich, da es so nicht weitergehen kann. Fergusson gab keine Antwort. Einer mu sich opfern. Wie stellst du dir das vor? fragte der Doktor hastig. Ich stecke mir die Taschen voll Lebensmittel und marschiere einfach los. Irgendwo mu ich einmal hinkommen. Finden Sie Wind, so fahren Sie ab, ohne auf mich zu warten. Sollte ich ein Dorf erreichen, werde ich Hilfe fr Sie organisieren, Sie knnen mir ja einen Zettel mit ein paar arabischen Stzen schreiben. Das ist edel von dir, aber sinnlos, antwortete Fergusson. Trotzdem will ich es versuchen. Hier gehen wir alle drei vor die Hunde. Die Frage ist nur noch, wann. Jetzt ist es Montag, l Uhr morgens. Wenn bis Dienstag nichts geschieht, dann gehe ich los, und Sie werden mich nicht daran hindern. Am anderen Morgen sah der Doktor als erstes auf das Barometer; es war kaum gefallen. Das Wetter hatte sich nicht gendert, unbarmherzig brannte die Sonne vom Himmel. Joe stierte vor sich hin und wlzte Hilfsprogramme in seinem Kopf; Kennedy schien am schlimmsten mitgenommen. Er hatte die Kontrolle ber seine Nerven verloren, und sein Mund war schon so ausgetrocknet, da seine Worte nur noch wie ein Krchzen klangen. Alle wuten, da noch ein paar Tropfen Wasser in der Flasche waren. Aber keiner wagte, die Hand danach auszustrecken. Mitrauisch sahen sich die Forscher an, mit kaum verhohlener Gier. Kennedy konnte sich nur noch mit Mhe beherrschen, der krftige Schotte erlitt hier die rgsten Schwcheanflle. Er taumelte bisweilen im Delirium, schrie, bi sich in die Fuste und war drauf und dran, sich die Adern zu ffnen und sein Blut zu trinken. Dann kam wieder eine Phase, in der er vollkommen teilnahmslos wurde, sich kaum noch bewegte und mhsam die Luft durch die aufgesprungenen Lippen einzog. Gegen Abend war es auch mit Joe soweit. Er strzte sich kopfber in den Sand, stopfte sich den Mund damit voll und spuckte ihn angewidert aus. Nichts konnte ihn von der Vorstellung abbringen, die Wste sei ein See mit klarem, hellem Wasser. Sein Durst trieb ihn schlielich zu der Wasserflasche. Auf den Knien rutschte er zur Gondel, whrend er sich vergewisserte, da Kennedy und der Doktor ruhig blieben. Mit einem Griff hatte er die Flasche in der Hand und ri sie an die Lippen. Da jammerte auch schon eine Stimme neben ihm! La mich trinken. Kennedy war zu ihm hingekrochen und bettelte heulend um Wasser. Jetzt begann auch Joe zu schluchzen; er streckte ihm die Flasche hin, Kennedy packte sie und soff sie in einem Zug leer. Dann fielen beide in den Sand. Nach dieser furchtbaren Nacht glaubten die Reisenden, ihre Glieder verschmorten allmhlich unter einer feurigen Dusche. Es war der Morgen, an dem Joe hatte losmarschieren wollen; aber er konnte sich schon nichtmehr auf den Beinen halten. Fergusson hatte die Arme vor der Brust gekreuzt, stand aufrecht in der Gondel und starrte mit krem Blick auf einen imginren Punkt am Himmel. Noch schlimmer hatte es Kennedy erwischt. Er lag im Sand und warf ununterbrochen den Kopf hui und her wie ein tollwtiges Tier. Pltzlich entdeckte er seine Bchse, deren Kolben ber den Rand der Gondel ragte. Mit einem Schrei strzte er sich.auf die Waffe, kehrte sie um und richtete das Rohr gegen seinen Mund. Aber Joe hatte das verfolgt und warf sich auf den Schotten. La los! schrie Kennedy. Hau ab, oder ich leg dich um! Doch der Diener hielt ihn so fest umklammert, da er nicht zum Schieen kam. Beide wlzten sich am Boden. Da lste sich ein Schu. Fergusson erwachte aus seiner Trance und blickte entgeistert um sich. Er verstand nicht, was vorging. Mit einemmal aber schien sich seine Aufmerksamkeit auf etwas zu konzentrieren, und er schrie los: Da! Dort hinten! Kennedy und Joe lieen unwillkrlich voneinander ab und starrten in die Richtung, die Fergusson mit ausgestrecktem Arm wies. Die ganze weite Flche am Horizont hatte sich in Bewegung gesetzt, Wogen von Sand berrollten einander. Von Sdosten her nherte sich mit rasender Schnelligkeit eine scheinbar vom Boden bis zum Himmel reichende rotierende Sule, die den Sand hochri und herumwirbelte. Die Horizontlinie verschwand in einem feinen Sandschleier, und die Sonne verdunkelte sich mit undurchdringlichen Wolken, deren Schatten eben den Ballon erreichten. Der Samum! schrie Fergusson. Der Samum, plapperte Joe nach. Kennedy sah das Ende nahen und lie seiner verzweifelten Wut freien Lauf. Der Doktor aber begann mit beiden Hnden den Sand aus der Gondel zu schaufehl. Allmhlich begriffen auch seine Kameraden, worum es ging, und kletterten in die Victoria. Joe, dein Erz mu raus! rief der Doktor, und Joe schleuderte, ohne zu zgern, ein paar Brocken in den Sand. Der Ballon hob sich vom Boden. Hchste Zeit! rief Fergusson erleichtert. Blitzschnell war der Sandsturm da und bedeckte den Ballon mit einem Hagel von Krnern. Um ein Haar wre es zu spt gewesen, der Orkan htte die Victoria zerfetzt und in Stcke gerissen. Joe mute nochmals Golderz ber Bord gehen lassen, dann erst stieg der Ballon bis ber die Sandhose, wurde dort von wirbelnden Luftmassen gepackt und fortgerissen. Seine Geschwindigkeit lie sich immglich schtzen. Um 15 Uhr legte sich der Sturm, die Sandmassen sanken langsam zu Boden, wo sie sich zu Bergen auftrmten. Allmahlich klrte sich die Sicht nach unten: die Victoria schwebte gerade ber einer grnen, baumbestandenen Oase, die aus dem Sandmeer emporstieg. Wasser! schrie der Doktor, ffnete das Ballonventil und brachte die Victoria augenblicklich zum Sinken. In den 4 Stunden des sturmgetriebenen Fluges hatte der Ballon 400 Kilometer zurckgelegt. Fergusson blieb als Wache in der am Boden festgemachten Gondel zurck, Kennedy und Joe verschwanden mit Waffen und Wasserflaschen zwischen den Bumen. Zunchst blieb alles still, aber pltzlich schreckte sie ein frchterliches Gebrll auf, das sich keine 20 Schritt vor ihnen erhob. Ein Lwe! schrie Joe. Kennedy ri die Bchse hoch und ging unbeirrt weiter. Da setzte das riesige Raubtier zum Sprung an. Noch bevor es wieder auf dem Boden aufkam, hatte Kennedy ins Herz getroffen. Sie fanden den Brunnen, Kennedy strzte die feuchten Stufen hinunter, warf sich an der Quelle zu Boden und begann gierig zu schlrfen. Schon war auch Joe zur Stelle, und minutenlang war nichts als ein Schluckgerusch wie von halbverdursteten Tieren zu hren. Mahalten! sagte Joe. Aber Kennedy tauchte den ganzen Kopf ins Wasser. Erst als der Diener ihn an Fergusson erinnerte, erhob er sich wieder und fllte eine Flasche mit Wasser. Als sie sich umdrehten, war der Eingang von einem dunklen Schatten versperrt Die beiden waren noch nicht fertig mit ihrem Entsetzen, da hallte ein schauerliches Gebrll von den Wanden wider. Die Lwin! rief Kennedy, lud seinen Karabiner durch und feuerte, aber schon war der Schatten verschwunden. Kennedy wollte hinaus. Aber Joe hielt ihn zurck, nahm den leergeschossenen Karabiner und hngte seine helle Leinwandjacke an die Mndung. Kaum hatte er das Gewehr ein Stck aus der ffnung geschoben, da sprang die Lwin darauf los, Kennedy zog ab, mit zerschmetterter Schulter rollte und strzte das Tier die Treppe hinunter, Joe im Fallen mitreiend. Da krachte noch ein Schu, und der Doktor erschien mit der rauchenden Flinte in der Hand auf der Treppe. ~15 Unterm Schatten von Mimosen brachten die Reisenden den Abend mit Essen und Trinken zu. Da sie die einzigen Lebewesen an diesem paradiesischen Flecken waren, konnten sie sich schlafen legen, ohne Wachen auszustellen. Am Morgen des nchsten Tages, dem 7. Mai, strahlte wieder die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Die Reisenden waren durch das dichte Laubwerk geschtzt und konnten in Ruhe auf einen gnstigen Wind warten. Sie hatten getrunken wie die Irrsinnigen; dann lieen sie sich im Schatten der Palmen nieder. Langsam kehrten ihre menschlichen Empfindungen zurck. Joe baute seine zusammenklappbare Kche auf und stellte die ausgefallensten Speisen zusammen. Wir sind schne Helden, sagte Fergusson, eine trockene Kehle schafft es schon, uns um den Verstand zu bringen. Manchmal ist eben ein bichen Wasser dem Menschen ntiger als ein bichen Verstand, antwortete Joe. Der Diener war richtig aufgedreht, er hatte in der Oase das Land seiner Trume gefunden. Nur Kennedy zeigte nicht die beste Laune: zu seinem Begriff von Komfort gehrten jagbare Tiere. In der zweiten Nacht hielt Fergusson es fr ratsam, Warnfeuer anzuznden und Wache zu halten. Glauben Sie, da wir hier Besuch bekommen? fragte Joe. Es kann gut sein, antwortete Fergusson, und wahrscheinlich gefllt er dir ganz und gar nicht. Warum, denken Sie etwa an die Njam-Njam? Ja. Menschen im gleichen Klima haben auch die gleichen Egewohnheiten. Aber die Nacht verlief ruhig, und wieder kndigte der Morgen einen klaren und heien Tag an. Keui Windhauch regte sich, der Ballon stand vollkommen bewegungslos ber der Gondel. Wenn sich die Wartezeit jetzt in die Lnge zog, stand ihnen der sichere Hungertod bevor. Allerdings war das Barometer betrchtlich gefallen, so da der Doktor alles fr den Start vorbereiten lie. Alle Kanister wurden mit Wasser gefllt. Dadurch bekam die Gondel aber so viel bergewicht, da Joe wiederum Teile seines Goldvermgens opfern mute. Der Diener machte ein langes Gesicht, als der Doktor ihm die Alternative stellte: Wasser oder Gold. Wenn nun ein Afrikaforscher hierherkommt und die Erzbrocken findet? fragte Joe. Der Mann mu doch glauben, er sei verrckt geworden. Keine Angst, Joe. Er wird wahrscheinlich eine Doktorarbeit ber Goldquarzvorkommen in den afrikanischen Sandwsten verfassen, antwortete Fergusson. Und die Aussicht, als subalterner Angestellter einen hochdotierten Wissenschaftler an der Nase herumfhren zu knnen, half Joe etwas, den Schwund seines Vermgens zu verwinden. Dr. Fergusson hoffte den ganzen Tag auf Wetternderung. Aber die Temperatur stieg nur noch strker an, das Thermometer zeigte auerhalb der Oase schlielich auf 65 , die grte Hitze, die man bis dahin zu spren bekommen hatte. Ohne Schatten wre sie nicht zu ertragen gewesen. Um 2 Uhr begann wie gewhnlich die Wache des Doktors. Kurz nachdem Joe um 3 Uhr morgens die Wache bernommen hatte, khlte die Luft pltzlich ab, Wolken zogen auf und verdeckten den Sternhimmel. Auf, auf, schrie Joe erregt, ich rieche Wind! Die beiden anderen waren augenblicklich wach. Na endlich, sagte Fergusson, nichts wie rein! Wir mssen uns sehr beeilen, denn wahrscheinlich bleibt es nicht bei dem Wind es kommt ein Sturm. Er hatte kaum ausgesprochen, da merkten sie schon, da es bereits hchste Zeit war. Der Ballon bog sich unter dem Winddruck zur Seite, wurde abgetrieben und schleifte die Gondel ber den Sand. Wenn nur eine Kleinigkeit Ballast aus der Gondel gefallen wre, htten die Reisenden ihrem Ballon auf mimer adieu sagen knnen. So konnte Joe den Korb gerade noch einholen und festhalten, whrend der Sturm am Ballon rttelte. Sie schwangen sich hinein, der Doktor heizte unverzglich das Gas an und schleuderte alles unntze Gewicht ber Bord. Sofort hob sich die Victoria bis auf 70 m ber die windgepeitschten Bume und wurde abgetrieben. Die drei freuten sich wie die Rinder, als die Wste so schnell unter ihnen vorbeizog. Gegen 10 Uhr morgens entdeckten sie die ersten schchternen Anzeichen von Vegetation; Grser zitterten ber dem Sand, und zwischen Kieseln kamen grne Kenne hervor. Am westlichen Horizont zeichnete sich eine Hgelkette ab, deren Konturen der Dunst milderte. Eine Stunde spter schwebte der Ballon schon ber belebterem Land, grere Bume traten vor dem grauen Himmel hervor. Ein Ring von Hgeln ffnete sich und gab einen See frei. Zahlreiche Tler mndeten in dieses natrliche Amphitheater. Den Boden sah man jetzt kaum noch zwischen den Bumen durchschimmern, diesem grnen Teppich aus lpalmen mit ihren 5m langen Blttern auf den dornigen Stengeln, Bombax-Bumen, Melonen, Stinkbumen, auf denen die sudanesischen Nsse reifen, den Kendas, Affenbrotbumen und Bananenstruchern. Im mannshohen, dichten Gras sah man wilde Ochsen, und in den Wldern hatten riesige Elefanten wie ein Windbruch ihre Spuren hinterlassen. Unterhalb der nrdlichen Hgelabhnge sammelten sich Bche und kleine Wasserfalle in Tmpeln, man sah Flupferde sich im seichten Wasser suhlen, und am Ufer lagen 4 m lange, fischhnliche Seesuger, die ihre prallen Euter von der Sonne bescheinen lieen. Der Landstrich erschien den Reisenden wie ein riesiger Zoo. Unter uns liegt das Knigreich Adamova, dozierte Dr. Fergusson, der alle gute Laune wiedergefunden hatte, bis hierher ist der Hamburger Forscher Barth vorgedrungen. Wir haben also die Verbindung zwischen seinen Forschungen und denen von Speke und Burton hergestellt. Und wie gro ist der Abstand zwischen diesen beiden Expeditionen? fragte Kennedy. 25 Lngengrade, also etwa 2700 Kilometer. Ist das nicht etwas viel fr forschende Fugnger? erkundigte sich Kennedy. Livingstone und Moffat stoen ununterbrochen ins Landesinnere vor, und es wird nicht mehr lange dauern, dann ist das unermeliche Afrika vermessen. Nach weiteren zwlf Stunden Fahrt berquerte der Ballon die Grenzen Nigritiens, und die Reisenden sahen die ersten Bewohner, Chouas-Araber, die mit ihren Herden umherzogen. Am Horizont zeichneten sich die Atlantika Berge ab, die Mondberge Westafrikas, mit einer geschtzten Hhe von 2500 m. Hier war die Wasserscheide, von den Westhngen flssen alle Wasserlufe in Richtung Golf von Guinea. Bald nherte man sich dem Lauf des Benue, einem der Hauptzuflsse des Niger. Fergussor. war der Ansicht, da dieser Benue in einiger Zeit zu den wichtigsten Verkehrsverbindungen ins Innere des Sudan gehren werde. In Sichtweite des schroffen Mendif-Berges, 70 Kilometer vor der Stadt Yola, ankerte die Victoria an einem Baum. In der Nacht zerrte der Wind am Ballon und drckte ihn zeitweilig in die Waagrechte, so da der Doktor oftmals drauf und dran war, das Haltetau zu kappen. Aber bis zum Morgen war der Wind so linde geworden, da er den Ballon nur noch mit miger Geschwindigkeit nach Norden trieb. Kennedy und Joe wollten sich unbedingt mit frischem Fleisch versorgen, der Doktor drngte aber auf Weiterreise, nachdem die Schwarzen wieder einige Male auf den Ballon geschossen hatten. Zwischen Viehweiden erstreckten sich bisweilen Drfer mit bienenkorbartigen Htten, die im Schutz von Palisaden standen, und Kennedy fhlte sich an die Hgel der Highlands erinnert. Allen Bemhungen zum Trotz trieb die Victoria weiterhin nach Nordosten statt nach Osten und hielt geradewegs auf das Mendif-Gebirge zu, das die Einzugsgebiete des Niger und des Tschad-Sees trennt. Fergusson mute den Ballon bis auf 2700 m klettern lassen, Drfer und Felder verschwanden unter der Gondel. Die Temperatur nahm in dieser Hhe rapide ab, die Reisenden muten sich in Decken hllen. Deutlich konnten sie die abgrundtiefen erloschenen Krater des Mendif erkennen. Seine Abhnge waren so dick mit Vogelmist bedeckt, da man die Landwirtschaft des Vereinigten Knigreiches auf Jahre hinaus mit Dnger htte versorgen knnen. Nach dem Abstieg landete die Victoria schlielich auf einer Lichtung, Kennedy packte seine Flinte und kehrte nach einiger Zeit mit einem halben Dutzend Wildenten und anderen Vgeln zurck, die Bekassinen hnelten. Der Erfolg der Reise schien Dr. Fergusson nun so gut wie sicher. Am nchsten Morgen fhrte sie der Wind weiter nach Norden, und gegen 9 Uhr morgens sahen sie die zwischen Bergen eingebettete Stadt Mosfeia. Ringsum war die Stadt von Anhhen und Smpfen geschtzt, eine schmale Strae bildete den einzigen Zugang, und auf ihr zog eben ein Scheich mit groem Gefolge daher. Als der Doktor den Ballon absteigen lie, um den Zug aus der Nahe zu betrachten, stoben die Eingeborenen in alle Richtungen auseinander, nur der Scheich blieb im Sattel, lud seine Muskete und erwartete den Luftdrachen. Die Victoria schwebte schon 50 Meter ber ihm, als sich der Doktor aus der Gondel beugte und den Scheich auf arabisch begrte. Da sprang auch der Scheich von seinem Rappen, warf sich in den Staub und lie sich durch nichts in seiner Andacht stren. Alle Europer sind hier als bernatrliche Wesen angestaunt worden, sagte Fergusson, auch unser Ballon wird bald einen Heiligenschein bekommen. Die Demonstration der Macht und Kultur Europas wre aber auf die Dauer wahrscheinlich wirkungsvoller, wenn wir den Schwarzen als gewhnliche Menschen gegenbertrten, meinte Kennedy. Aber wie? Selbst wenn du den Gelehrten in diesen Breiten unsere Maschine lang und breit erklrst, wrden sie einen kleinen Gott darin vermuten. Mosfeia war hinter dem Horizont verschwunden, der Ballon schwebte ber die Akazienwlder, ber die Baumwoll- und Indigostauden des Landes Mandara auf den Distrikt Loggum zu, den der Doktor als Friedhof der Europer bezeichnete, weil zahlreiche Forscher dort umgekommen waren. 130 km sdlich des Tschad-Sees kreuzte der Ballon einen seiner Zuflsse, den Schari, auf dem einige Einbume fluabwrts trieben. Dann tauchte Kernak auf, die Hauptstadt Loggums, und die Victoria senkte sich bis auf 70 m ber Grund. Aus dieser Hhe lie sich die Stadt berblicken wie ein auf- gerollter Plan. Die von Huserreihen begrenzten Straen waren ziemlich breit. Auf einem groen Platz wurde gerade unter groem Zulauf Sklavenmarkttag abgehalten. Besonders die wegen ihrer kleinen Hnde und Fe bekannten und geschtzten Mandaraninnen, eine Spezialitt dieser Gegend, wurden hier zu hohen Preisen gehandelt. Wie immer beim Anblick des Ballons schrien die Bewohner und lieen alles stehen und liegen, zumal die Victoria bis auf 20 Meter heruntergekommen war. Da trat der Stadtchef aus einem Haus und schwenkte eine grne Fahne, whrend die Musiker des Scheichs auf ihren Bffelhrnern bliesen, als sollten ihre Lungen platzen. Allmhlich kamen auch die Einwohner wieder hervor und umringten ihren Herrscher mit einem solchen Lrm, da alle Verstndigungsversuche zwecklos wurden. Die Euigeborenen zeigten im Gegensatz zu anderen afrikanischen Stmmen mit ihrem hohen Wuchs, den geraden Stirnen und gebogenen Nasen ein geradezu stolzes Aussehen. In der Nhe zogen sich jetzt bereits Truppen zusammen; die Reisenden schlssen aus den Gebrden, mit denen der Scheich seine sonst unverstndliche Ansprache begleitete, da man den Ballon vertreiben wolle. Der Scheich forderte die Ballonfahrer mit unverstndlichen Worten, aber unmiverstndlichen Gesten zum Abzug auf. Aber kein Wind regte sich, der Ballon hing starr in der Luft ber dem wilden Spektakel, das der Hofstaat veranstaltete, um den seltsamen Vogel zu verscheuchen. Die drei im Ballon waren zunchst weniger von der Gefahr als von den enormen Hngebuchen gebannt, mit denen die Beamten des Herrschers umherliefen. Der Doktor erklrte seinen Kameraden, der Bauch sei hier ein Mastab fr den Ehrgeiz, mit dem sich einer bei Hof auszeichnen wolle. Das Kabinett schrie und gestikulierte, wobei einer, der seiner Taillenweite nach htte Premierminister sein mssen, den Takt angab, die Umstehenden fielen auch mit ein, und zehntausend Arme fuchtelten im gleichen Rhythmus in der Luft. Inzwischen hatten sich aber auch die Soldaten in Linie aufgestellt und warteten auf das Kommando zu einer Pfeilsalve. Nur mit Mhe gelang es, die Victoria auer Schuweite steigen zu lassen. Da griff der Scheich zur Muskete, aber noch bevor er anlegen konnte, hatte Kennedy ihm den Schaft aus der Hand geschossen. Im Nu flohen die Schwarzen in alle Richtungen und blieben bis zum Einbruch der Dunkelheit in ihren Behausungen. In den ersten Abendstunden war kein Lichtscheu! zu sehen. Die Victoria hielt sich bewegungslos in 100 m Hhe, und die Stadt lag wie ausgestorben unter ihr. Um Mitternacht aber flammte es pltzlich berall auf, feurige Linien durchkreuzten die Luft unter der Gondel und stiegen zu ihr empor. Ein wahnsinniges Geheul drang bis zu den Reisenden, Schsse krachten, in der ersten Verwirrung war Fergusson bereit, allen Ballast abzuwerfen. Dann begriffen sie, was geschah. Tausende von Tauben mit lgetrnkten, brennenden Schwanzfedern durchkreuzten die Luft. Von Schmerz und Todesangst gepeinigt, flatterten die Vgel wild umher und drohten den Ballon in Brand zu stecken. Kennedy feuerte ziellos in den wirbelnden Schwrm. Die ersten Tauben hatten jedoch die Gondel schon erreicht, die Ballonhaut reflektierte den Feuerschein ... Da warfen die drei in grter Eile einen groen Quarzbrocken ber Bord, und der Ballon erhob sich glcklich ber die Hauptmasse des Taubenschwarms. Noch stun denlang sahen sie jene Feuerspuren in der Luft, dann wurde es finster und still wie zuvor. Httet ihr den Wilden solche Tricks zugetraut? Ja. Auf diese Weise znden sie gewhnlich die Strohdcher feindlicher Siedlungen an, antwortete der Doktor. Nur haben sie diesmal nicht damit gerechnet, da das Dorf dem Brand davonfliegen knnte. ~16 Alles geht nach Wunsch, sagte Fergusson. Bald erreichen wir den Tschad-See. Heute ist der 12. Mai. Am 18. April sind wir gestartet, 10 Tage lang sind wir vielleicht noch unterwegs. Man wird ja fett in diesem Luftsanatorium! meinte Joe. Ich mchte so schnell es geht wieder einen 50-km-Waldlauf machen. Geht nicht, wir drfen uns auf keinen Fall trennen, sagte Fergusson. Zahllose Expeditionen sind untergegangen, weil sich die Teilnehmer aus den Augen verloren haben. Ich mu zugeben, da mir auch nie ganz wohl ist, wenn Dick mit der Flinte verschwindet. Zuerst hast du mir den Mund mit Jagden wrig gemacht, antwortete Kennedy, und jetzt willst du sie mir vermiesen. Schie doch von der Gondel aus! empfahl ihm Fergusson. Es knallt genauso schn wie unten. Die Victoria folgte genau dem Verlauf des Schari, dessen Uferlinien unter einem Laubdach verborgen lagen. Schlingpflanzen und Lianen schimmerten bunt zwischen dem Grn der Bume hervor. Krokodile dsten am Ufer in der Sonne, ab und zu tauchte eines unter Wasser und kam an einer der vielen bewachsenen Inseln, die aus der Mitte des Flusses ragten, wieder hoch. Gegen 9 Uhr sahen die Reisenden das Ufer des Tschad-Sees vor sich. Dies war also das afrikanische Pendant zum Kaspischen Meer, dessen Existenz so lange bestritten worden war, bis Barth und Denham es gesehen hatten. Dr. Fergusson versuchte vergeblich, die Umrisse des Sees mit seiner Karte zu vergleichen. Die Seeufer sind stndig in Bewegung, Schlammzonen, in denen nur Schilf und Papyrus gedeihen, sinken pltzlich ab und vergrern die Seeflche. Auf diese Weise ist im Jahr 1856 die Stadt Ngornu versunken, und wo frher die Bornus vor ihren Htten saen, planschen heute Flupferde und Alligatoren. Das Wasser spiegelte das Sonnenlicht so intensiv, da der See im Norden mit dem hellglhenden Himmel zu verschmelzen schien. Die Victoria senkte sich bis knapp 2 m ber die Seeflche. Dr. Fergusson lie eine Flasche vollaufen und untersuchte das Wasser. Es war ungeniebar und schmeckte nach Natron nicht salzig, wie man frher geglaubt hatte. Kennedy hatte inzwischen seine Flinte auf ein Flupferd abgefeuert. Es muckte bei dem Knall aber nur kurz auf. Das Spitzgescho schien es blo gekitzelt zu haben. Wie gern htte ich von diesem Fleisch probiert! seufzte Joe. Da fhrt man durch ganz Afrika, und was wird gegessen? Die gleichen Rebhhner und Bekassinen wie in England. Der Ballon geriet ber dem See in einen Luftstrom, der ihn zunchst nach Westen einige Kilometer ins Land hinein fhrte. Bald lag Kuka, die Hauptstadt der Bornus, unter den Reisenden wie ein Haufen von Wrfeln, ber die sich die schmucklosen Kuppeln von Moscheen erhoben. Rings um die zweigeteilte Stadt zog sich eine Mauer aus Ton; ein breiter Boulevard trennte eine vornehme Wohngegend mit hohen, luftigen Husern vom Armenviertel mit seinen niedrigen, kegelfrmigen Htten, in denen die rmsten der Armen in vorindustriellem Dmmerzustand dahinvegetierten. Kennedy fand sogleich Parallelen zu Edinburgh. Da schlug pltzlich der Wind um und entfhrte die Victoria 70 Kilometer weit ber den Tschad-See. ber vielen Inseln, auf denen die Biddiomah-Stmme, die Piraten des Tschad-Sees leben, wurde der Ballon mit einem Pfeil- und Steinhagel empfangen. Joe suchte unterdessen wie mimer den Horizont ab. Herr Kennedy, sagte er pltzlich, dort hinten kommt ein Schwrm Vgel, die hoffentlich bse genug sind, da der Doktor Ihnen das Schieen erlaubt. Diesmal habe ich wirklich nichts dagegen, antwortete Fergusson, der inzwischen durchs Glas geschaut hatte, aber noch lieber wre es mir, wir htten die Biester gar nicht zu Gesicht bekommen. Haben Sie etwa vor diesen Hhnern Angst? fragte Joe erstaunt. Diese Hhner sind leider Lmmergeier, und zwar in Groausfhrung, antwortete Fergusson. Zehn Minuten spter war das krchzende Geschrei der Vgel, die sich bis auf Schuweite genhert hatten, deutlich zu hren. Die fliegende Konkurrenz schien sie eher zu reizen, als zu erschrecken. Es waren 14 Lmmergeier die den Ballon in immer enger werdenden Kreisen umflogen, rasend schnell, mit pltzlich sich ndernder Flugrichtung. Fergusson lie den Ballon steigen, aber die Lmmergeier stiegen mit. Man knnte fast glauben, die htten es auf uns abgesehen, sagte Kennedy und lud seinen Karabiner durch.Die Aasvgel waren jetzt nur noch 20 m von der Victoria entfernt. Jetzt knall ich die hlichen Vgel aber ab! rief Kennedy. Blo nicht! antwortete Fergusson. Du wrdest sie erst recht zum Angriff reizen. Wenn sie uns von oben anfliegen, haben wir sowieso verloren. Wir sind jetzt nicht besser dran als ein einzelner Mann gegen ein Rudel Lwen. Lange warte ich nicht mehr. Untersteh dich, ohne meinen Befehl zu schieen! Die Vgel waren noch nher herangekommen. Man konnte deutlich sehen, wie ihre federlosen Kehlen unter der Anstrengung des Schreiens anschwollen und sich die blulichen, knorpeligen Kammfetzen vor Angriffslust aufrichteten. Der Rumpf war fast l m lang, ihre weien Schwingen leuchteten an der Unterseite in der Sonne. Den Reisenden erschienen die vor Gier rasenden Vgel wie geflgelte Haifische, die ihre Opfer umkreisen. Hr zu, Samuel, sagte Kennedy. 14 Stck sind es, und 17 Kugeln knnen wir aus allen Waffen hintereinander abfeuern. Die ersten mssen zweifellos dran glauben, antwortete der Doktor, aber der Rest wird sich auf den Ballon strzen und die Hlle zerfetzen 1000 m ber Grund! In diesem Augenblick lste sich ein Geier aus dem Schwrm und strzte sich mit aufgerissenem Schnabel und gespreizten Fngen auf den Ballon. Noch ehe der Doktor Feuer gerufen hatte, verschwand der Vogel, getroffen, unter der Gondel. Vom Knall erschreckt, fuhr der Schwrm auseinander, aber gleich darauf flatterte der ganze Haufen kreischend auf die Victoria los. Kennedy und Joe schssen, zwei Geier taumelten, an Hals und Flgel getroffen, durch die Luft, aber die anderen erhoben sich pltzlich und verschwanden ber dem Ballon. Kennedy und der Doktor sahen sich stumm an, Fergusson war bla geworden. Da hrten sie auch schon das durchdringende Gerusch von zerreiender Seide; die Gondel fing an zu schaukeln.Aus, sagte Fergusson, als er das jh ansteigende Barometer sah. Ballast raus! Blitzschnell waren alle Quarzstcke aus der Gondel geworfen. Die Victoria sank weiter. Joe, wirf die Wasserkanister ber Bord! schrie der Doktor. Wie eine anschwellende Sturmflut schien die Seeoberflche auf ihn zuzukommen, keine 70 m war die Gondel mehr ber dem See. Da flogen auf Befehl des Doktors auch noch die Lebensmittel hinaus. Fr einen Moment stabilisierte sich der Fall, aber dann sank die Victoria unaufhaltsam tiefer. Alles raus! schrie der Doktor verzweifelt. Nichts mehr da! antwortete Kennedy. Doch, sagte Joe ruhig, schwang sich ber den Rand und verschwand. Dr. Fergusson schrie vor Entsetzen, als er den strzenden Krper verfolgte. Langsam gewann die Victoria wieder Hhe und stieg bis auf 100 m. Rasch fuhr der Wind in die erschlaffte Hlle und trieb den Ballon nach Norden. ~17 Kennedy und der Doktor hielten verzweifelt nach Joe Ausschau, aber der Ballon war schon viel zu weit abgetrieben. Nach einer Fahrt von 100 km landeten die beiden schlielich an einem verlassenen Teil des Seeufers und lieen den Anker in einen Baum hinab. Ihr Landeplatz lag gnstig ein schmales Stck Boden inmitten eines unabsehbaren Sumpfes mit einem Schilfgrtel von der Hhe europischer Wlder. Nur zum See hui war der Platz offen. Weder Fergusson noch Kennedy konnten an diesem Abend einschlafen, und am nchsten Tag vermieden sie zuerst, Joes Namen zu erwhnen. Kennedy brach schlielich den Bann:Vielleicht ist ihm gar nichts passiert. Er kann jedenfalls schwimmen wie kein anderer, und wenn wir uns in der Nhe halten, wird er uns sicher wiederfinden. Fergusson und Kennedy hatten kaum begriffen, was er sagte, da sahen sie seinen Krper schon in der Luft und auf die Fluten des Tschad-Sees zustrzen. JOB! schrie der Doktor. Gott gebe, da du recht behltst, antwortete Fergusson. Aber wir mssen zuerst mal die nutzlose uere Ballonhlle abziehen; das erleichtert die Victoria um 325 kg. Stck fr Stck muten sie vom Taft abreien und unter den Maschen des Netzes hervorzerren. Allmhlich wurde der innere Ballon frei. Die Victoria war um ein Fnftel kleiner geworden. Pat Joe denn berhaupt noch mit hinein? fragte Kennedy. Werden wir gleich sehen. Ich mu das berechnen. Ich hatte brigens den Eindruck, da er dicht neben einer Insel in den Tschad-See gesprungen ist, sagte Kennedy. Das wird ihm wenig helfen, antwortete der Doktor. Auf diesen Inseln wohnen doch berall Piraten. Wie ich Joe kenne, kommt er da schon durch! Kennedy ging auf Jagd, um den dezimierten Lebensmittelbestand wieder aufzufllen, und Fergusson machte sich an seine Gewichtsberechnungen. Der innere Ballon besa 450 kg weniger Auftriebskraft als vorher, bei einem Volumen von 2460 m3 enthielt er 1770 m3 'Wasserstoffgas, das etwa 1500 kg heben konnte. Gondel, Aggregat, Wasservorrat, Lebensrnittel und die Reisenden selbst wogen zusammen 1415 kg, somit blieb ein Rest von 85 kg, der mit Ballast aufzufllen war. Joes Gewicht wurde einstweilen durch weiteren Ballast ersetzt. Kennedy kehrte gegen Abend mit einem Sack voll Gnsen, Wildenten, Knkenten, Bekassinen und Regenpfeifern zurck, die er alle genlich ausnahm und ber einem Feuer rucherte. Joe mu unbedingt auf irgendeine Weise erfahren, wo wir sind, sagte der Doktor am nchsten Morgen. Sollen wir ihm vielleicht schreiben? fragte Kennedy. Wir steigen sofort auf. Der Wind steht gnstig, wir mssen nur zusehen, da wir uns den ganzen Tag ber der Seeflche halten knnen. Joe wird uns vor allem oben in der Luft suchen. Vielleicht kann er sich sogar bemerkbar machen. Vorausgesetzt, er ist noch allein. Auch wenn man ihn erwischt hat, wird er uns sehen. Die Eingeborenen haben zum Glck noch keine verschlossenen Arrestzellen. Falls er uns aber dennoch kein Zeichen gibt? Dann werden wir so lange am Nordende des Sees suchen, bis wir eine Spur am Ufer finden, wo er ans Land gestiegen sein knnte. Also los! rief Kennedy. Fergusson bestimmte genauestens die Lage der kleinen Insel, dann machten sie die Victoria los. Der Ballon erhob sich zgernd, drehte sich um sich selbst, aber dann wurde er in 70 m Hhe mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h ber den See getrieben. Fergusson wechselte stndig die Flughhe, und Kennedy feuerte seinen Karabiner ab. Schwebten sie ber einer Insel, lieen sie den Ballon so tief sinken, da sie fast hinter jeden Busch sehen konnten. Manchmal flog der Ballon so dicht ber den Einbumen der Schwarzen dahin, da sich die Fischer vor Angst ins Wasser strzten und ans nchste Ufer schwammen. Immer noch nichts! Abwarten; wir sind nicht mehr weit von der Unfallstelle. Fast 150 km hatte die Victoria bis 9 Uhr zurckgelegt. Auf einmal wechselte der Wind und fhrte den Ballon im rechten Winkel zum bisherigen Kurs nach Osten. Als sie ber die Insel Farram kamen, auf der sich das Hauptquartier der Biddiomahs befand, untersuchten sie den Boden besonders aufmerksam. Htte sich Joe irgendwo blicken lassen, wre er im Nu aufgenommen worden. Und fr den Fall, da er gefangen war, htte man ihn wie den Pfarrer entfhren knnen. Um 14.30 Uhr erreichte der Ballon bei dem Dorf Tangalia das Ostufer des Sees. Fergusson glaubte schon, er msse landen, um nicht wieder in die zentralafrikanische Wste verschlagen zu werden, aber in 300 m Hhe fand er schlielich einen Luftstrom, der ihn nach Nordwesten ber den See zurckfhrte. Wenn Joe auf einer der Inseln gewesen wre, htten sie ihn bemerken mssen. Dr. Fergusson vermutete, man habe ihn an Land geschleppt Aber zugleich erinnerten sich beide an eine Grundweisheit jedes Biologieunterrichts: Das Krokodil kommt hauptschlich im Tschad-See vor. Der Doktor spielte auf den schrecklichen Verdacht an, als er schlielich sagte: Es gibt hier zwar Krokodile, aber nur an den Ufern, auerdem sind sie lange nicht so gefhrlich, wie man immer denkt. Die Schwarzen zum Beispiel baden seelenruhig neben ihnen. Kennedy zweifelte allerdings an Fergussons Trost, aber er schwieg.. Gegen 17 Uhr berquerte der Ballon die Stadt Lari, deren Bewohner vor ihren Schilfhtten in umzumten Baumwollfeldern arbeiteten. Dr. Fergusson frchtete abermals, ber Land getrieben zu werden, da geriet die Victoria in eine Windstrmung, der die Reisenden bis zu der Landzunge folgen konnten, von der sie am Morgen aufgestiegen waren. Der ausgeworfene Anker glitt von dem Baum ab, der ihn halten sollte, verfing sich in einem Schilfdickicht und sa nun fest im MorastUm drei Uhr frh begann der Wind so heftig zu werden, da er den Ballon in das Schilf niederdrckte. Der Doktor drngte auf sofortigen Abflug. Und was wird aus Joe? fragte Kennedy. Keine Angst, wir lassen ihn nicht im Stich, und wenn wir bis ber die Wste abgetrieben werden. Aber hier unten hat keiner von uns mehr eine Chance. Kennedy machte sich niedergeschlagen an die Startvorbereitungen. Zu allem bel hatte sich der Anker unter dem Zug des Ballons so tief im Schilfdickicht verhakt, da der Schotte ihn nicht herausreien konnte. Der Ballon zerrte mit aller Macht am Halteseil, es war keine Zeit mehr zu verlieren, Kennedy stieg auf Gehei des Doktors in die Gondel und hieb die Leine durch. Die Victoria schnellte mit einem Satz 100 m in die Hhe und wurde vom Sturm in nrdlicher Richtung mit fortgerissen, ohne da die Ballonfahrer gegen den falschen Kurs etwas unternehmen konnten. ~18 Der Ballon war jetzt nicht mehr anzuhalten oder gar zurck zum Tschad zu lenken. Man htte bei dem Sturm nicht einmal mehr landen knnen. Mit gleichbleibendem Tempo trieb die Victoria ber das Tibbu-Land, die dornige Wste Belad el Dscherid am Rand des Sudans und schlielich hinein in die unabsehbare Sandwste. Der letzte Grngrtel verschwand am sdlichen Horizont, und bald zog ein Karawanenlager der Araber unter den Reisenden vorbei. Kamele streckten ihren Kopf in den Sand, der gestreifte Stoff der Zelte hob sich vom Grau der Wste ab. Die Victoria befand sich nach kurzer Zeit bereits 100 km tief in der Wste. Wenn es so weitergeht und -weht, fliegen wir noch ber die Sahara hinaus! rief der Doktor verzweifelt. In diesem Augenblick erhob sich vor ihnen eine Staubwolke, in deren Kern ein Wirbelsturm Massen von Sand in die Luft ri. Und mitten in diesem Tornado, vom Sturm zu Boden geschmettert und vom Sand berschttet, versank eine ganze Karawane. Kariele brllten in ihrer Todesangst, verzweifeltes Schreien drang vereinzelt durch den stickigen Nebel, da und dort leuchteten bunte Gewnder aus den Sandwirbeln auf, die sich auftrmten und herabsenkten. Wo eben noch platte Ebene war, reckte sich jetzt ein wandernder Hgel empor, das ungeheure Grab der untergegangenen Karawane. Fergusson und Kennedy starrten viel zu gebannt auf das grausige Schauspiel, als da sie an ihre eigene Gefahr gedacht htten. Zu Manvern war es sowieso zu spt, der Ballon wurde jetzt in den Strudel hineingezogen und drehte sich mit rasender Schnelligkeit, so da die Gondel wie in einem Karussell herumgeschleudert wurde. Instrumente kirnten, die Rohrverbindungen verbogen sich, Kanister fielen scheppernd von einer Ecke in die andere, und die Reisenden konnten sich nur noch mit aller Kraft am Tauwerk festhalten. Kennedy war bleich geworden, aber der Doktor blieb ruhig und gefat. Schlielich hatte der Ballon den Rand des Wirbels erreicht, der Sturm jagte ihn davon, diesmal in sdlicher Richtung. Die ganze Wste schien in Bewegung geraten zu sein, Sandwogen rollten bereinander her. Der Ballon flog offensichtlich nicht auf demselben Weg zum See zurck, den er am Morgen genommen hatte. Wenigstens stimmt die Richtung, sagte der Doktor. Notfalls knnen wir in den Stdten Wuddie oder Kuka landen. Der Sandsturm legte sich nur allmhlich, und die Staubwolken lsten sich auf. Kennedy suchte mit dem Glas den Horizont ab, um auch nicht den kleinsten Anhaltspunkt zu bersehen. Pltzlich packte er Fergusson: Vorne am Horizont scheint sich etwas zu bewegen, eine riesige Staubwlke wlzt sich da voran. Wenn mich nicht alles tuscht, ist es eine Tierherde. Genausogut kann es auch ein neuer Sandsturm sein, der uns wieder nach Norden jagt, antwortete der Doktor und schaute durchs Glas. Bis dahin sind's noch mindestens 1015 km. Genaues kann ich jedenfalls nicht sehen. Mir kommt das spanisch vor; eine wilde Tierherde luft doch nicht in Formation! Das mssen Reiter sein. Tatschlich! Ein Trapp Araber, der genau vor uns herreitet. Warte noch eine halbe Stunde, dann haben wir sie eingeholt. Kennedy sphte wieder durch das Glas. Der Trapp hob sich nun deutlich ab, ein Flgel schien auszuschwenken. Entweder machen sie eine Gelndebung, oder sie jagen, sagte der Schotte. Ich mchte blo wissen, was da los ist. Nur noch ein bichen Geduld, gleich sind wir ber ihnen. Mit unserem Tempo hlt kein Pferd mit. Einige Minuten spter meldete Kennedy: Jetzt seh ich es ganz deutlich. Etwa 50 Araber jagen mit fliegendem Burnus hinter ihrem Anfhrer her. Na ja, bessere Formalausbildung. Wenn es darauf ankommt, gehen wir hher. Aber sag mal: fr eine bung schulden die ihre Pferde ganz schn. Das kann kein Manver sein! Und der einzelne Reiter vor der Abteilung ist auch nicht der Anfhrer, sondern ein Flchtling! Inzwischen hatte sich die Distanz zu den Reitern weiter verringert. Samuel, ich seh wohl nicht recht. Red schon, was ist los? Das ist ja er, Keine hundert Schritt mehr, wie ein Hase vor den Hunden! Fergusson nahm das Glas. Tatschlich, Joe, der rmste! Wenn er uns wenigstens sehen oder hren knnte. Ach was, ich feuere einfach den Karabiner ab! Das hat keinen Sinn, Joe kann nicht ui unsere Richtung umkehren, die Araber haben ihm den Rckzug abgeschnitten. Aber wenn wir so weitersinken, sind wir in einer Viertelstunde mit der Gondel dicht ber dem Boden. Auf jeden Fall mssen wir die Araber berholen. Wenn Joes Pferd die nchsten 3 km noch durchhlt, dann haben wir ihn. Verdammt! rief Kennedy. Joes Pferd war zusammengebrochen, und sein Reiter flog in hohem Bogen in den Sand. Jetzt hat er uns entdeckt! rief Fergusson. Er winkt! Was ntzt das, gleich haben sie ihn ... um Himmels willen, warum bleibt Joe stehen ...? Joe hatte sich blitzschnell wieder aufgerichtet und erwartete seine Verfolger. Dem Pferd des vordersten Reiters wich er geschickt aus, warf sich aber mit einem gewaltigen Sprung hinter den Araber in den Sattel, packte den Reiter am Hals, erwrgte ihn mit bloen Hnden und stie ihn vom Pferd. Der brige Trupp preschte unter Wutgeschrei heran, aber Joe schlug das Pferd mit der nackten Hand. Immer noch hatte keiner der Reiter die Victoria entdeckt, die in 10 m Hhe nur noch 500 Schritt hinter ihnen war. Die Masse der Verfolger kam nicht nher als 20 Pferdelngen an Joe heran, einer aber lste sich pltzlich aus dem Haufen und jagte mit erhobener Lanze dicht hinter dem Flchtling her, da, im letzten Augenblick, hob ihn eine Kugel von Kennedy aus dem Sattel. Joe mute den Schu gehrt haben, galoppierte aber unbeirrt weiter. Einige Araber warfen sich beim Anblick der Victoria auf die Erde, aber die anderen setzten weiter hinter Joe drein. Wunderbar, rief Fergusson. Er hlt sich genau in unserer Fahrtrichtung. Noch 200 Schritt, und er ist in Sicherheit. Was knnen wir jetzt noch tun? Macht es dir etwas aus, wenn du 75 kg Sand statt deiner Flinte halten mut? Und der Doktor stapelte Kennedy Sandscke auf die Arme. La um Gottes willen nichts fallen, bevor ich das Kommando gebe. Sonst ist es aus mit Joe. Die Gondel hing jetzt ganz knapp ber den Kpfen der Araber, die mit verhngten Zgeln weiterjagten. Fergusson stand am Rand des Korbes und hielt die zusamengerollte Leiter in den Hnden. Zwischen Joe und den Reitern waren nur noch 15m Abstand. Jetzt pa auf, Dick! Alles klar. Fertigmachen, Joe! schrie der Doktor und schleuderte die Leiter hinunter, deren Ende im Sand schleifte. Joe schaute kurz nach hinten, ohne das Tempo zu verlangsamen, zog die Leiter zu sich heran und hielt sich daran fest In diesem Augenblick schrie der Doktor Los!, der Ballast ging ber Bord und Joe hing m der Luft; der Ballon stieg sofort, weil das Gewicht Joes geringer war als das der Sandsacke, und blieb in 50 m Hhe. Die Strickleiter schwang hinund her, so da Joe sich mit aller Gewalt daran festklammern mute. Trotzdem brachte er es fertig, den wutenden Arabern die unglaublichsten Grimassen zu schneiden. /w letzten Augenblick bekam Joe die schwankende Strickleiter zufassen, zog sich daran empor und stie sich von dem galoppierenden Pferd ab. Kennedy und Fergusson muten ihn ber den Rand hieven, so entkrftet war er. Er stie nur noch die Namen seiner Kameraden hervor, dann verlor er vor Erschpfung das Bewutsein. Kennedy war noch immer fassungslos, nur der Doktor ging sofort in aller Ruhe daran, Joes zerschundenen Krper zu verbinden. Bald schlug der Diener die Augen wieder auf und bat um Schnaps. Kaum hatte er ein Glas geleert, lste sich auch schon seine Zunge, alles auf einmal wollte er erzhlen, aber der Doktor verordnete ihm absolute Ruhe. Die Victoria wurde jetzt nach Westen abgetrieben, ber die Dornenwste und vom Sturm geknickte oder entwurzelte Fahnen hinweg, und gegen Abend waren die drei Reisenden mehr als 300 km von der Stelle entfernt, an der sich das Entfuhrungsdrama abgespielt hatte. Am anderen Morgen erhob sich ein krftiger Wind, der aber so unstet blies, da der Ballon zuerst nach Sden, dann wieder nach Norden und schlielich in westlicher Richtung davonflog. Die Reisenden kamen ber ein welliges, bebautes Gebiet, das der Doktor auf seiner Karte als das Knigreich Damerghu identifizierte. Die Htten waren aus Schilf und Schwalbenwurzzweigen geflochten, auf den Feldern standen Kornmhlen auf Pfhlen, damit sie vor Musen und Termiten geschtzt waren. Dahinter tauchte die Stadt Sinder auf, die wegen ihres blitzschnellen Stadthenkers berhmt ist. Kaum war der Ballon ber die Stadt hinaus, wechselte die Windrichtung von neuem. Dann fahren wir eben nach Timbuktu! Timbuktu sehen und dann sterben! rief Joe pltzlich unter der Zeltbahn hervor. Kamerad Joe ist auch schon wach. Wie fhlst du dich? Wie sich ein alter Mann eben fhlt nach einer Bade und Wanderkur. Hast du in der Zwischenzeit begriffen, da du dein Leben fr uns aufs Spiel gesetzt hast? Was heit hier Leben, antwortete der Diener. Ich habe nur die Gelegenheit bentzt, mich ein bichen im Kunstspringen zu ben. Der Doppelnelson ist dir auch fabelhaft gelungen. Aber kannst du uns jetzt vielleicht erklren, wie man in den Tschad-See springen und mitten in der Wste auf einem Pferdercken wieder auftauchen kann? Mglich ist alles, und was mglich ist, geschieht, Herr Doktor, das wissen Sie selbst. Warum soll ich es dann erzhlen? Unmglich dagegen finde ich, da diese schne Gans seit gestern unverdaut neben mir liegt. Mit Ihrer allergndigsten Erlaubnis werde ich sie in den Zustand des Gebratenseins konjugieren. Joe grillte die Gans unverzglich ber dem Knallgasherd. Mit Tee und Grog brachte man ihn schlielich so weit, da er seine Geschichte erzhlte. ~19 Als ich nach meinem stilistisch einwandfreien Kopfsprung wieder an die Wasseroberflche kam, blieb mir zunchst keine andere Wahl, als wieder die Augen aufzumachen. Da sah ich auch schon die Victoria steigen und allmhlich im Norden verschwinden. Es stand also ziemlich schlecht, aber ich hielt es immer noch fr natrlich und mathematisch belegbar, da sich einer fr zwei opfern soll. Den Lmmergeiern konnte ich nicht recht bse sein, sie hatten sich so benommen, wie es sich fr Lmmergeier gehrt und wie man es eigentlich von diesen hlichen Vgeln nicht anders erwartet. Wenn man in einen See hineinkommt wieso sollte man dann nicht mehr herauskommen? Ich entledigte mich aller Kleidung, die mich am Schwimmen hinderte, und hielt auf die nchstliegende Insel zu. Von mir aus htte ich 10 km schwimmen knnen, aber schon nach anderthalb Stunden war ich ganz nah an der Insel. 200 Schwimmste htte ich vielleicht noch gebraucht, um das baumbestandene Ufer zu erreichen, da stieg mir ein abscheulicher Moschusgestank in die Nase. >Krokodile<, dachte ich, sind hier auf Europerfleisch wahrscheinlich besonders scharf. Ich bin dann ganz vorsichtig weitergeschwommen und getaucht, aber schon streifte mich etwas Schuppiges. Ich wagte kaum mehr aufzutauchen. Eine Viertelstunde ging das so weiter, ich hatte entsetzliche Angst, weil ich dauernd hrte, wie hinter mir riesige Kinnladen knarrend auseinanderfuhren. Auf einmal legte sich etwas zuerst um meinen Arm und dann um meinen Bauch. Ich wollte schon das letztemal an meinen lieben Arbeitgeber denken, als ich mich wunderte, da ich nicht in die Tiefe gezogen wurde. Ich wei ja, da Krokodile ihre Beute immer am Grund tranchieren. Dieses Krokodil schleppte mich an die Oberflche. Ich machte die Augen einen Spalt breit auf und sah zwei rabenschwarze Neger, die frchterlich kreischten und mich um den Bauch faten. >Wie kann man denn neben Krokodilen baden gehen<, dachte ich mir, >die sind ja verrckt.< Wenn die Neger meinen Sprung aus der Victoria gesehen hatten, wrden sie mich als Gott der Himmelsspringer sicher nicht allzu schlecht behandeln, hoffte ich. Wenigstens nicht gleich auffressen. Inzwischen war das ganze Dorf auf den Beinen, alle Altersklassen, Geschlechter sah ich, aber nur eine einzige Hautfarbe, das Standardschwarz der Biddiomahs. Zuerst hatte ich Bedenken mit meinem etwas gewagten Aufzug, aber mit dem Hemdchen, das ich anhatte, war ich durchaus auf der Hhe der Lokahnode. Der Kreis um mich wurde allmhlich enger, die meisten warfen sich auf den Boden und heulten, einige besonders Fromme betasteten meinen Bauch und klopften auf mir herum. Dabei begann mein Magen zu knurren. Im Nu ging ein Bote ab zur Volkskche und kam mit einer Schale voll Dickmilch und in Honig gestoenem Reis zurck. Ich haute gaoz schn rein und zeigte diesen Laienbrdern, was ein gttlicher Appetit ist. Allerdings wute ich mimer noch nicht, ob man mich wieder als Mondsohn verehrte: wre nur der Ballon wiedergekommen, dann htte ich ihnen auch gleich das grte aller Wunder inszeniert: eine echte Himmelfahrt! Am Abend kamen die Ortszauberer, nahmen mich ganz lieb an der Hand und fhrten mich zu einer Htte, um die lauter Totemfiguren standen. Neben der Tr lag ein schner groer Knochenhaufen aber was soll's, sagte ich mir, und ging hinein. Vor der Htte wurde ein Gesangsfestival abgehalten, bis spt in die Nacht bte man Chorsingen, dazu wurde getrommelt und mit altem Eisen gekleppert, Tnzer renkten ihre Knochen aus und wieder ein. Durch die Ritzen in der Schilfhtte konnte ich das alles ausgezeichnet sehen, wie vom Logenplatz im Zirkus, aber ich war hier mimer noch unter Wilden, und das strte mein Amsement. Bald war ich jedoch zu mde, um weiter Angst zu haben, und schlief ein. Bestimmt htte ich bis gegen Mittag geschlafen, wenn es nicht mitten in der Nacht etwas feucht geworden wre. Eine so strmische Feuchtigkeit habt ihr noch nicht erlebt! >Eine berschwemmung? < fragte ich mich, >oder eine von diesen berchtigten chinesischen Todesstrafen? Jetzt aber nichts wie raus!< Das Wasser war mir schon bis an die Knie gestiegen, ich trat die Wand ein und . . . fiel mitten in den See! Schlechte Gegend fr Haus- und Grundbesitzen, dachte ich noch, bevor ich auf mein bewhrtes Langstreckentempo ging. Zufllig trieb bald ein Einbaum vor meiner Nase, ich kletterte hinein, packte die Schaufelruder, und schon wurde das Boot von einer krftigen Strmung fortgerissen. Zu meiner Beruhigung ging es dem Nordufer zu, so gegen 2 Uhr morgens stie der Kahn an Land. Ich sprang auf einen schilfbewachsenen Vorsprung, kletterte auf einen Baum und klemmte mich zum Schlafen in eine Astgabel. Es dmmerte noch, als ich wieder aufwachte und mir meinen Schlafbaum etwas genauer ansah. Sie knnen sich meinen Schrecken kaum vorstellen: was ich in der Nacht fr Frchte gehalten hatte, waren Schlangen und Chamleons, die sich an die Zweige klammerten und das Laub unter ihren halichen Leibern verschwinden lieen. Unter den ersten Sonnenstrahlen begannen sie sich zu rkeln und zu zischen, und ich fiel mehr vom Baum, als da ich hinunterstieg. >Das ist wieder so etwas, was mir am Stammtisch keiner glaubt<, dachte ich betrbt Dann lief ich los Richtung Nordosten, Kilometer um Kilometer, wenn vor mir ein Dorf auftauchte, ging ich mimer hbsch drumherum. Den ganzen Tag habe ich den Himmel abgesucht, ohne etwas zu entdecken, manchmal wurde ich schon ganz mutlos. Zu meiner Mdigkeit kam noch der Hunger, denn mit Wurzeln und Pflanzenmark hlt man auf die Dauer keinen 50-km-Marsch durch. Ich denk, ich seh nicht recht, als ich aufwache: ein Teil der ste waren Chamleons und Schlangen; unter diesem widerlichen Gezcht hatte ich die Nacht verbracht! An Akazien, Mimosen und den Dornen der Schilfpflanzen hatte ich mir berall die Haut aufgerissen, und mit den Blutblasen an meinen Fen konnte ich kaum noch laufen. Trotzdem: Zahne zusammen und weiter! Bald fand ich auch einen Schlafplatz am Seeufer. Kaum lag ich flach, da strzten sich Moskitos und Fliegen auf mich, und Riesenameisen krabbelten auf mir herum. Innerhalb von zwei Stunden hatte mir das Ungeziefer die restlichen Kleider vom Leib gefressen. In dieser schauerlichen Nacht habe ich kein Auge zugetan. Die Tiere veranstalteten ihr Nachtkonzert, Eber, Bffel und Seekhe schlichen um mich herum, in den Bschen raschelte es, und im Wasser war es auch nicht geheuer. Endlich kam der ersehnte Tag; der fing aber auch nicht besser an als der vorhergehende. Stellen Sie sich vor, was neben mir in meinem Schilfbett lag: eine dicke fette Krte, die mich mit ihren blden Augen anglotzte! Ich sprang rasch ins Wasser, bevor mir bel wurde, lief los, kaute ein paar Bltter und bildete mir ein, es ginge mir schon wieder besser. Aber mein Magen stlpte sich vor Hunger fast um; da ich weder Hose noch Grtel hatte, mute ich ihn mit einer Liane zusammenschnren. Wenn ich allerdings an die Wste dachte, war ich froh, da es immerhin Wasser gab. Wo blieb die Victoria? Der Wind kam aus dem Norden, sie htte lngst wieder ber dem See erscheinen mssen. Um mich nicht stndig wieder enttuschen zu lassen, klammerte ich den Gedanken an den Ballon vorlufig aus und berlegte, ob irgendeine Stadt in erreichbarer Nhe lge. Dort konnte ich schlielich auch nicht schlechter dran sein als hier am See mit Schlangen, Krten und Moskitos. Pltzlich sah ich eine Gruppe Eingeborener vor mir und konnte gerade noch rechtzeitig hinter einem Gebsch verschwinden. Die Wilden schienen mich nicht bemerkt zu haben, denn sie waren damit beschftigt, ihre Pfeile mit Wolfsmilchsaft zu vergiften. Lange Zeit blieb ich im Dickicht sitzen und schaute ngstlich nach allen Seiten, und auf einmal schimmerte etwas durch das Laub: die Victoria flog in nur 30 Meter Hhe ber mich hinweg und trieb auf den See ... Und ich konnte in diesem Moment doch keinen Laut von mir geben, sonst htten mich die Wilden entdeckt! Ich habe zuerst einmal richtig geheult, Herr Doktor, jawohl, geheult: mein Herr hatte mich also nicht vergessen! Es dauerte Ewigkeiten, bis die Eingeborenen abrckten und ich ans Seeufer laufen konnte, aber schon war die Victoria am Horizont verschwunden. Kurze Zeit spter kam sie wieder zurck, diesmal aber so weit im Osten, da ich mir umsonst die Kehle heiser schrie. Als der Ballon abermals verschwand, war ich restlos verzweifelt. An dieser Stelle wrden Sie bestimmt nicht mehr vorbeikommen, und es war zudem sehr wahrscheinlich, da der Sturm die Victoria weit ber die Wste hin entfhrt hatte. Die Folgen fr mich waren berhaupt nicht auszudenken. Den Rest des Tages und die halbe Nacht mu ich wie besessen darauflos gelaufen sein. Irgendwann fiel ich schlielich auf die Knie und kroch auf Hnden und Fen weiter; lange konnte es nicht mehr dauern, dann wrde ich mit meinen Krften am Ende sein. So, auf allen vieren kriechend, kam ich bis zu einer dunklen Stelle, die ich zu spt als Sumpf ausmachte, rutschte in den Schlamm und sackte ein, in Minutenschnelle stand ich bis zum Bauchnabel im Morast. >So sieht also der Tod aus<, dachte ich, >na schn.< Ich strampelte mit Armen und Beinen, um aus dem zhen Brei wieder herauszukommen, mit dem Effekt, da der Platz fr mein Grab allmhlich grer wurde. Wenn ich wenigstens noch ein Schilfrohr oder ein Stck Holz erwischt htte aber meine Hnde griffen ins Leere. Da wute ich, da alles aus war, das Ende mute in wenigen Minuten kommen; ich machte die Augen zu und schrie in wilder Verzweiflung um Hilfe. Ich war wirklich berzeugt, es wre endgltig aus, ich habe mir noch einmal Ihre Gesichter vorgestellt, und pltzlich, wei der Himmel wie, kam ich ein kleines Stck frei, man kann sich ja nicht so einfach vom Sumpf verschlucken lassen als homo sapiens. Auf einmal sah ich etwas Helles vor mir. Es war ein Tauende, das noch nicht lange abgeschnitten sein konnte. Mit letzter Kraft schob ich mich durch den Schlamm und bekam das Tauende zu fassen, zog daran, fhlte Widerstand, es hielt. Ich hangelte mich daran entlang und hatte bald Boden unter den Fen. Wissen Sie, was am anderen Ende des Taues hing? Der Anker der Victoria! Hier hatten Sie also haltgemacht, und an der Richtung, in die das Tau zeigte, erkannte ich auch, wohin Sie geflogen waren. In diese Richtung marschierte ich los, die halbe Nacht hindurch, und schlielich kam ich am Saum eines unabsehbar groen Waldes an eine Pferdekoppel. Es gibt Augenblicke im Leben eines Menschen, da kann er sogar reiten. Ohne lange zu fackeln, rutschte ich einem der Vierfler auf den Buckel und preschte davon Richtung Norden. Von den Stdten, die ich nicht gesehen, und den Drfern, um die ich herumgeritten bin, brauche ich wohl nichts zu sagen; ich jagte ber Felder, durchbrach Gebsch, setzte ber Zune hinweg und trat dem Gaul in die Weichen. Pltzlich hrte die Kultur auf, die Wste begann, das war mir diesmal sogar lieber, weil ich dort einen viel besseren berblick hatte. Ich schaute immer wieder nach oben, ob da nicht die Victoria herumflanierte, und als ich nach ein paar Stunden wieder einmal auf die Erde blickte, war ich schon fast mitten in einem Araberlager. Herr Kennedy, Sie sind ein groer Jger, aber Sie wissen dennoch nicht, was eine Jagd ist, weil man Sie noch nie ber das Gelnde gescheucht hat. Sie haben gesehen, wie dann mein Pferd zusammenbrach, wie die Burschen dicht hinter mir waren, wie ich in meiner Angst vielleicht ein bichen zu fest zugedrckt habe, als ich dem armen Araber in den Rcken sprang. Dann na, das wissen Sie ja selbst, wie Sie am Korbrand standen, mit den Sandscken auf dem Arm wie ein schchterner Taufpate. Sie mssen doch zugeben, alles hat sich vllig natrlich, einfach und logisch abgespielt. Wenn es darauf ankme, wrde ich es noch einmal machen. Man mu sich nur anpassen knnen und alles nehmen, wie es kommt. ~20 Hier verlief die Marschroute Barths, sagte der Doktor, in Tagelel trennte er sich von den Begleitern Richardson und Overweg. Wir fliegen ja schon wieder nach Norden, sagte Kennedy. Ich glaube, du willst unbedingt bis Tripolis. Vorher mache ich schon noch eine Pause. Zum Beispiel in Timbuktu. Wenn ich nicht wenigstens Timbuktu gesehen habe, mu ich mich als Afrikafahrer schmen, meinte Joe. Also gut: Direktflug nach Timbuktu. Wir mssen allerdings zwischen dem 17. und 18. Breitengrad auf eine Luftstrmung warten, die uns nach Westen trgt. Wie weit ist es noch bis dorthin? Rund 250 km. Bis dahin gehe ich hier am Gondelboden auf Horchposten, sagte Kennedy. Wnsche wohl zu fliegen, meine Herren. Stunden spter wurde die Victoria mit groer Geschwindigkeit ber kahle Granitrcken hinweggefhrt, einzelne schroffe Spitzen ragten bis zu 1300 m hoch. Dann kamen Wlder mit Akazien, Mimosen, Suahs und Dattelpalmen; Giraffen, Antilopen und Straue ergriffen beim Nahen des Ballons die Flucht. Nach der Eintnigkeit der Wste erschien hier die Vegetation um so lebhafter. Das war das Land der Kailuas, ein Nachbarstamm der Tuaregs. Alle Bewohner dieser Breiten verdecken ihr Gesicht mit Baumwolltchern. Der Wind, der die drei Reisenden 400 km weit getrieben hatte, legte sich gegen 22 Uhr. Der Ballon schwebte jetzt langsam ber eine Stadt dahin, deren Ruinen und Minaretts im Mondlicht zu erkennen waren. Nach dem Sternstand mute das Agades sein, ein frher wichtiges Handelszentrum, aber schon zu der Zeit von Barths Forschungen groenteils verlassen und zerstrt. Die Victoria landete 3 km weiter auf einem Hirsefeld. Ein rasches Abendessen, eine ruhige Nacht: schon um 5 Uhr frh kam neuer Wind auf, der Doktor lie die Victoria sofort wieder steigen. Bald breitete sich wieder die Wste unter den Reisenden aus. Den ganzen Tag ber flog der Ballon in gerader Richtung nach Sdwesten, sein Schatten beschrieb eine exakte Gerade auf der platten Sandflche. Nach Sden hin fiel das Plateau allmhlich ab, zeigte aber mimer noch die gleiche drre Gestalt. An Landen war abends nicht zu denken, es wimmelte in dieser Gegend von auelimminianischen Tuaregs. Der Doktor hatte vorsorglich die Kanister gefllt, auerdem waren noch die Bekassinen brig, die Joe tglich mit Liebe zubereitete, man konnte also ohne Sorge in der Luft bleiben. Bei gnstigem Wind und Mondlicht trieb der Ballon ruhig durch die Nacht, nachdem er auf 150 m gestiegen war. Der Luftstrom nderte sich allerdings noch whrend der Nacht, und am Morgen war die Victoria auf Kurs Nordwest. Bald nach Tagesanbruch begegneten den Reisenden ein paar Raben, und in der ferne zogen Geier vorbei, die dem Doktor erneut einen heftigen Schrecken einjagten. Wo wren wir wohl jetzt, wenn Sie der Victoria keinen Unterrock angezogen htten? fragte Joe. Der zweite Ballon ist tatschlich unser Rettungsboot gewesen. Eine Victoria ohne Unterrock ist ganz unvorstellbar, sagte Fergusson. Leider hat das Rettungsboot nicht all die guten Eigenschaften seines Mutterschiffs bernommen. Was soll das heien? fragte Kennedy. Die kleine Victoria zeigt Degenerationserscheinungen. Entweder ist der Taft beschdigt, oder der Gummiberzug ist unter der Gashitze pors geworden, jedenfalls leckt der Ballon. Ich mu das Knallgasgeblse immer strker aufdrehen, um den Ballon in der Luft zu halten. Verflucht, sagte der Schotte, und wir haben nicht einmal Klebstoff dabei. Wir mssen eben ab jetzt auch nachts fliegen, um Zeit zu gewinnen. Wie weit ist's denn noch bis zur Kste? fragte Joe. Kste ist gut, antwortete der Doktor. Hier gibt's viele Ksten. Ich kann dir nur die Entfernung bis Timbuktu sagen: noch 650 km. Und wie lange brauchen wir bis dorthin? Wenn der Wind so bleibt, bis bermorgen abend. In diesem Augenblick berholte die Victoria eine Karawane mit 150 Kamelen. Jedem Tier hatte man einen Sack unter den Schwanz gehngt, damit kein Gramm Kamelmist, die Kohle der Wste, verlorenging.. Fergusson freute sich ber den willkommenen Anla zu einem populrwissenschaftlichen Vortrag. Seine Gefhrten erfuhren, da die Kamele der Tuaregs 37 Tage ohne zu trinken und 2 Tage ohne zu fressen auskommen, da sie schneller laufen als Pferde und da der Transport von 250 kg Last von Timbuktu nach Tafilet auf Kamelrcken 125 Franc kostet. Auf Joes Frage, woran die Araber denn ihre Wege in der Wste erkennen knnten, kam die Auskunft: jeder Stein, jedes Grasbschel bedeute fr die Einheimischen einen Wegweiser, und in der Nacht richte man sich nach dem Polarstern. Man reise langsam: eine Karawane lege pro Stunde nur 3 km zurck; in der grten Mittagshitze sei allgemeine Rast. Am Abend erreichte die Victoria den Meridian von Paris, 2 20', und kam whrend der Nacht um noch einen Lngengrad weiter nach Westen. Mit Tagesanbruch begann es krftig zu regnen, Gondel und Ballonhlle saugten sich voll, so da der Doktor das Knallgasventil noch strker aufdrehen mute. Das Land war von zahlreichen Wasserlufen durchschnitten, ber die sich die Eingeborenen an Lianen hinberhangelten. Die Htten der Bewohner sahen brigens aus, als habe man ihnen anstelle eines Dachs armenische Hte aufgesetzt Wir nhern uns dem Niger, sagte Fergusson. So wie hier wechselt die Landschaft in der Nhe von Flssen mimer ihre Gestalt. Die Strme haben die Vegetation und Schlielich auch die Zivilisation hervorgebracht. Hier am 4000 km langen Lauf des Niger liegen die wichtigsten Stdte Afrikas. Um die Mittagszeit trieb der Ballon an der ehemaligen Hauptstadt Gao vorbei, die aber schon zu einem rmlichen Marktflecken heruntergekommen war. In der Ferne konnte man auch fr kurze Zeit das weite, glnzende Band des Niger erkennen, aber der Ballon wurde rasch wieder von der Richtung des Flulaufs abgetrieben. Sind die Nigerquellen eigentlich schon entdeckt, oder erledigen wir das gleich mit? fragte Joe. Schon seit langem, antwortete Fergusson. Von 1749 bis 1758 durchstreifte Adamson diese Gegend, von 1785 bis 1788 Golberry und Geoffroy, und 1795 wurde der berhmte Mungo-Park, der Freund Walter Scotts, von der afrikanischen Gesellschaft in London hierhergeschickt, 1805 reiste er nochmals hierher, kam aber nicht mehr zurck. Die Nigerquellen wurden dann 1822 von Major Laing entdeckt. Angeblich sind sie kaum l m breit, dennoch soll man sie nicht berspringen knnen, weil jeder, der sich der Quelle nhert, magisch hineingezogen wird und ertrinkt. Die Victoria befand sich jetzt innerhalb des Nigerbogens, an dessen nrdlichem Ende Timbuktu liegt. Fruchtbare Felder wechselten mit Ginstersteppen und Sandwsten. Im allgemeinen war der Boden flach, die Victoria kam zgig voran, trieb aber etwas zu weit nach Sden, so da der Doktor glaubte, man wrde Timbuktu verfehlen. Ab und zu tauchte ein Tuareglager auf. Die Mnner saen in den Htten, whrend die Frauen drauen schufteten, Kamele molken und aus riesigen Pfeifen qualmten. Am Abend lagen weitere 300 km hinter den Reisenden. Sie nherten sich den Hombori-Bergen, die im sprlichen Mondlicht aussahen, als bestnden sie aus Basalt. Ihre bizarren Konturen erinnerten an mittelalterliche Burgruinen oder an geborstene Eisberge im Dunkel der Polarnacht. Hier knnte Dracula wohnen ..., sagte Fergusson trumerisch. Ich wrde das Ganze am liebsten mitnehmen und in Schottland an den Ufern des Loch Lomond wieder aufbauen, sagfe Joe. Und jeder Tourist zahlt einen Schilling. Du httest doch Geschftsmann werden sollen, meinte Fergusson. Das nchstemal nimmst du dir einen Riesenballon mit, der den ganzen Schamott nach Hause trgt. Jetzt mut du mit unserem kleinen vorliebnehmen. ~21 Am anderen Morgen sahen die Reisenden unter sich ein unbersichtliches Netz von Flssen, Kanlen und Seitenarmen des Niger, der Strom selbst fl in einer Breite von 1600 km zwischen Tamarinden und Kruziferen dahin; Krokodile lagen im Ufermorast und lauerten den Gazellen auf, die ihre geringelten Hrner ins Gras steckten. Unter den Bumen hielten Karawanen Rast, hochbepackte Esel und Kamele. Nach einer Biegung des Stroms tauchten im Halbkreis angeordnete, flache Huser auf, deren Terrassen und Dcher mit Futter bedeckt lagen, das aus der ganzen Umgebung angeliefert und hier zum Trocknen ausgebreitet wird. Kabra! Der Hafen von Timbuktu, rief der Doktor. Keine 8 km mehr! Sie sehen aus, als seien Sie endlich einmal zufrieden, sagte Joe. Das macht mir fast Angst. Zwei Stunden spter tauchte Timbuktu, die geheimnisvolle Knigin der Wste, vor ihnen auf. Die Stadt war wie ein Dreieck angelegt, dessen Spitze nach Norden in die Wste zeigte. An schmalen Straen standen die Huser, teils aus Ziegelsteinen, teils aus Stroh oder Schilf gebaut. Buntbekleidete Mnner sonnten sich auf den Terrassen, ohne auch.nur einen Augenblick lang die Lanze oder Muskete aus der Hand zu legen. Frauen knnt ihr um diese Tageszeit leider nicht sehen, sagte Dr. Fergusson. Schade. Angeblich sind es die schnsten Frauen von ganz Afrika. Auer ihnen gibt es eigentlich nur noch wenige Sehenswrdigkeiten in der Stadt. Von allen Moscheen sind nur drei briggeblieben. Auch nach Palsten braucht ihr nicht zu suchen: der moderne Scheich ist heute Einzelhndler und bewohnt ein Bro. Auch die Wlle scheinen zerstrt, sagte Kennedy. Die Fullanen haben sie 1826 zum letztenmal genommen. Bis zu diesem Jahr war Timbuktu um ein ganzes Drittel grer, aber unter schien verschiedenen Eroberern und Besitzern, den Tuaregs, Sonrayen, Marokkanern und Fulanen, wurde die Stadt planmig dezimiert. Dieses Kulturzentrum der arabischen Welt, das wie Athen und Rom gelehrte Akademien und Lehrsthle fr Philosophie besa und worin der Gelehrte Achmed-Baba im 14. Jahrhundert eine Bibliothek mit 1600 Manuskripten unterhielt, ist heute nichts anderes mehr als das Lagerhaus Zentralafrikas. Timbuktu wies alle Symptome einer Stadt auf, die degeneriert und dem Verfall preisgegeben ist. In den Vorstdten wuchsen die Schutthalden in die Hhe, die einzigen Unebenheiten in dieser flachen Gegend. Als die Victoria ber den Husern erschien, begannen sich die Gassen zu beleben. Trommeln wurden geschlagen. Wahrscheinlich gab es in den Mauern keinen Gelehrten mehr, der diese Himmelserscheinung htte interpretieren knnen. Die Aufregung ging auch bald vorber, denn ein guter Wind sorgte dafr, da die Stadt Timbuktu fr die drei Ballonfahrer rasch nur noch eine vage Erinnerung war. Der Anblick aus den Lften hatte die Reisenden belebt, und Joe wurde sogar bermtig. Wenn es nach mir ginge, sagte er, knnten wir ruhig wieder nach Sansibar reisen und dann gleich weiter nach Amerika. Das geht leider nicht mehr. Warum nicht? Unser Gasdruck lt stndig nach. Wir knnen froh sein, wenn wir berhaupt noch bis zur Kste kommen. Die Gondel wird allmhlich zu schwer fr den schwachen Auftrieb des kleinen Ballons. Das wundert mich nicht, antwortete Joe. Wenn man den ganzen Tag faul auf der Hngematte liegt und lebt wie im Schlaraffenland, mu man ja fett werden. In London wird man glauben, wir seien zur Kur gewesen. Wir mssen einfach abnehmen! Typisch Joe, sagte Kennedy. Wenn es nach mir ginge, meinte der Doktor, wrden wir zwischen Sierra Leone und Portendik landen, wo wir befreundete Kolonien finden. Ich wre doch froh, wenn wir das Abenteuer bald bestanden htten. Halten wir wenigstens die Richtung? Fast; bis jetzt geht's noch zu den Nigerquellen. Als die Nacht hereinbrach, muten die letzten Ballastscke abgeworfen werden. Der Ballon erhob sich zwar ein ganzes Stck, hielt sich aber nur bei voll aufgedrehtem Geblse konstant in der Luft. Die Victoria war inzwischen bereits 100 km sdlich von Timbuktu, und als die Reisenden am nchsten Morgen aufwachten, schwebte sie ber dem Nigerufer in der Nhe des Debo-Sees. Der Niger wurde hier von zahlreichen Inseln unterbrochen, zwischen denen die Strmung schneller hindurchscho. Der Ballon trieb nun ganz nach Sden und hatte bald den Debo-See berflogen. Fergusson versuchte Steige- und Fallmanver, um in eine gnstigere Luftstrmung zu kommen, aber durch den erhhten Druck auf die Ballonhlle ging nur noch mehr Gas verloren, so da er seine Versuche bald aufgab. Er mute damit rechnen, die Kste im Sden und nicht im Westen zu erreichen, und im Augenblick trieb der Ballon genau auf das berchtigte Knigreich Dahome zu, dessen Knig bei greren Festen schon Tausende von Menschen hatte schlachten lassen. Joe machte pltzlich auf eine drohende Wolke aufmerksam. So ein Ding von Wolke habe ich aber noch nie gesehen, sagte er, das sind ja Grannen, wie auf eine Schnur gezogen! Das ist Gott sei Dank keine Wolke von der gewhnlichen Art, sagte der Doktor. Was denn jetzt schon wieder? Heuschreckenschwrme! Milliarden von Heuschrecken ... Armes Land, die Wste wchst. Warte noch ein paar Minuten, dann wirst du eine Landschaftsvernderung ohnegleichen miterleben. Die Wolke mit einem Umfang von mehreren Kilometern nherte sich, das Brausen schwoll an, der Boden versank in tiefen Schatten. 300 Schritt vom Ballon entfernt senkte sich das Heer von Schnarrheuschrecken auf ein in vollem Grn stehendes Feld. Als er nach einer Viertelstunde wieder aufstieg, sah die Erde aus, als sei der Winter ins Land gefallen; Bume und Bsche waren kahlgefressen, die Wiesen erschienen wie abgemht. Bis jetzt hat man noch keine Methode gefunden, derartige Verheerungen zu verhindern, sagte Fergusson. In ihrer Verzweiflung haben die Bauern hier schon Wlder und Felder angezndet, aber die ersten Wellen der Schwrme erstickten das Feuer mit ihrer Masse, und der Rest strzte sich auf das nchste Feld. Die Eingeborenen halten sich zum Ersatz an den Heuschrecken selbst schadlos: sie gelten als Delikatesse. Die Krabben der Luft. Spter flogen sie ber Sumpfland dahin, die Wlder wurden dnner, am Nigerufer entlang standen Tabakstauden und Futterpflanzen. Und dann tauchte pltzlich auf einer groen Insel mitten im Strom die Stadt Dschenna mit ihren zwei Minaretten auf. Von unzhligen Schwalbennestern an den Huserwnden stieg ein wahrer Pestgeruch bis zu den Reisenden empor. Es war schon Nacht, aber in den Straen herrschte noch ein reger Betrieb. Dschenna war Handelszentrum, von hier aus versorgte man Timbuktu auf dem Land- und Wasserweg. Schade, da wir keine Zeit verlieren drfen, sagte der Doktor. Hier wre ich gern gelandet, um mich mit Arabern zu unterhalten, die schon mal in Europa gewesen sind. Beim Schein der Morgensonne erblickten sie Sego, die aus vier kleinen Stdten bestehende Hauptstadt von Bambarra. Ein reger Fhrverkehr war dort unten im Gange, eine maurische Moschee huschte unter der Gondel vorbei, bald lag die Stadt wieder hinter ihnen. Wenn es noch zwei Tage so weitergeht, sagte der Doktor, kommen wir bequem bis an den Senegal. Sind dort schon befreundete Kolonien? fragte Kennedy. Noch nicht. Aber von dort aus knnten wir uns zu den Franzosen durchschlagen, wenn es der Ballon nicht mehr tut... Wenn er die paar hundert Kilometer noch aushlt... Wie schade, da das Spiel so bald schon vorbei sein soll, seufzte Joe. Aber einmal mssen wir wohl wieder herunter. Ich will berhaupt nur auf den Boden, damit ich erzhlen kann. Ich frchte, da man uns nicht die Hlfte von all dem glaubt, was wir erlebt haben. Tausend Augenzeugen sahen uns im Osten starten, und ebenso viele werden uns ankommen sehen, antwortete Fergusson mit fester Stimme. ~22 Am 27. Mai berflog die Victoria hgeliges Gelnde, das Gebirge anzukndigen schien. Der Doktor wollte auf keinen Fall in dieser Gegend hinuntergehen, dafr hatte er viel zu grausige Berichte ber die Bewohner und das Klima dieses Landes gehrt. Die Reisenden waren stndig auf den Beinen, weil immer mehr Ballast abgeworfen werden mute, damit die Victoria nicht sank. So ging es ber fast 100 km, und der Ballon wurde zu einem Sisyphusfelsen: kaum hochgebracht, fiel er wieder, seine Form wurde schmaler, und der Wind lie die erschlaffende Hlle knallen. Hat der Ballon nicht vielleicht doch einen Ri? fragte Kennedy. Nein, der Gummiberzug ist in der Hitze weich geworden. Jedenfalls mu jetzt alles raus, was wir entbehren knnen. Das Zelt zum Beispiel. Joe kletterte ber die Gondel und lste die Zeltbahnen dort, wo auch das Ballonnetz zusammengehalten wurde. Ein ganzer Negerstamm kann sich davon frische Unter- hosen machen, sagte er. Der Ballon stieg ein wenig, aber nach kurzer Zeit verlor er wieder an Hhe. Bald landen wir zum letztenmal, sagte Kennedy. Wir mssen noch mehr ber Bord gehen lassen, antwortete der Doktor. Hier unten ist die Hlle, seit sich 1854 ein Marabut aus dem Futa des Senegal, AI Hadschi, zum Gott erklrt und seine Stmme zum Kampf aufgehetzt hat. Er hlt sich in diesen Wldern mit seinen Banden versteckt, seit ihn die Franzosen ber den Senegal gejagt haben. Wenn das so ist, ziehe ich mir auch gern noch die Stiefel aus, rief Joe. Es ist nicht mehr weit bis zum Flu, aber ich glaube bald nicht mehr, da wir noch drber kommen. Vor uns liegen Berge, die wir kaum bewltigen, wenn wir den Ballon nicht ganz gehrig erleichtern. Die Gasheizung ntzt schon nichts mehr. Von diesen Zeltplanen kann sich ein ganzer Eingeborenenstamm Unterhosen schneidern lassen, rief der Diener. Kann man die Berge nicht irgendwie umschiffen? fragte Kennedy. Unmglich. Die erstrecken sich ber den ganzen Horizont. Entweder wir kommen drber, oder wir zerschellen daran. Sie scheinen von links und rechts auf uns zu zukommen, sagte Joe. Immer schneller trieb der Wind jetzt die Victoria auf spitzstarrende Klippen zu. Alles Wasser raus! befahl der Doktor. Nur die Ration fr einen Tag behalten! Erledigt! meldete Joe. Aber der Ballon stieg nur um 15m. Die schroffen Gipfel schienen fast auf den Ballon loszustrzen. Mindestens 150 m mute er noch steigen. Auch der Vorrat fr das Knallgasgeblse ging bis auf ein paar Liter ber Bord, ohne da ein nennenswerter Auftrieb zu spren gewesen wre. Alle leeren Kisten raus! La fahren dahin den irdischen Tand, sagte Joe. Komm nicht wieder auf krumme Ideen, Joe, rief der Doktor. Die Victoria war um 40 m gestiegen, schwebte aber noch immer ein gutes Stck unterhalb des Kamms. Ein geradliniger Bergrcken, der eine zerklftete Wand abschlo, ragte etwa 70 m ber dem Ballon auf. In zehn Minuten sind wir an dem Felsen zerschellt, rief der Doktor. Die Gondel noch mehr erleichtern! Joe, alles Fleisch ber Bord! Die Victoria gewann wieder etwas Hhe, gleichzeitig nahm aber auch ihre Geschwindigkeit zu. Beim Zusammenprall mute sie unweigerlich in Fetzen gehen. Die Gondel war fast ausgerumt. Wenn es darauf ankommt, wirst du deine Waffen opfern mssen, Dick, sagte Dr. Fergusson. Herrgottnochmal, die Dinger knnen uns das Leben kosten! Joe schrie entsetzt auf: der Ballon trieb jetzt 20 m unterhalb des Grats auf die Wand zu. Er warf die Schlafdecken hinaus und lie heimlich ein paar Sckchen Kugeln mitgehen. Im letzten Augenblick schaffte die Victoria eine weitere Klippe, und die Oberseite des Ballons leuchtete bereits in der Sonne, die sie von der anderen Seite des Grates traf. Aber die Gondel war in gleicher Hhe mit dem Felsgrat und mute jeden Augenblick auf ihn prallen. Kennedy! schrie der Doktor. Schmei die Waffen raus! Moment noch! rief Joe, und als Kennedy sich umdrehte, sah er den Diener unter der Gondel verschwinden. Joe! Joe! Der Grat war an dieser Stelle vielleicht 7 m breit, "" ~'' '- Joe hatte sich unter der Gondel festgeklammert und bugsierte hpfend, springend und schiebend den Ballon mit knapper Not ber den gefhrlichen Grat. die Gondel kam genau auf seinem Niveau an und mute jeden Moment den kiesbesten Boden streifen 'da hoben sich Korb und Gondel pltzlich. Wir sind drber! hrte man die Stimme des Dieners von unten durch den Korb dringen. Er hatte sich unten an die Gondel gehngt, lief mit und stie sie vom Boden ab, mute sich aber zugleich mit aller Kraft an ihr festhalten. Am Ende des Grats ghnte ein Abgrund, Joe hielt sich an den Stricken fest, zog sich mhsam hoch und kletterte wieder in die Gondel. Joe, mein Freund, sagte der Doktor sanft. Glauben Sie nur nicht, ich htte das fr Sie getan. Nur Herrn Kennedys Karabiner wollte ich retten. Ich hatte doch noch eine kleine Rechnung mit ihm zu begleichen. Wegen der Sache mit den Arabern. Jetzt sind wir hoffentlich quitt. Ich htte nicht mitansehen knnen, wie sich Kennedy von seiner liebsten Freundin trennt. Die Berge fielen wieder, die Victoria konnte jetzt langsam sinken, ohne in Gefahr zu kommen. Der Boden war jedoch so unregelmig, da eine Nachtfahrt nicht geraten schien und der Doktor sich am Abend schweren Herzens entschlieen mute, bis zum nchsten Morgen vor Anker zu gehen. Ich habe mir etwas ausgedacht, sagte er. Dazu mssen wir hinuntergehen. Es ist jetzt 18 Uhr gerade richtig. Joe, la den Anker ab. Mit dem pendelnden Eisen segelte der Ballon ber die Wlder. Knnen wir dann aussteigen? fragte Kennedy. Ich habe dir schon ein dutzendmal gesagt, da wir uns nicht trennen drfen. Ich brauche eure Hilfe nachher dringend. Da gab es einen Ruck, die Victoria hing fest. Mit dem Einbrechen der Dunkelheit legte sich der Wind, und der Ballon blieb imbeweglich, ber einem Wald von Sykomoren in der Luft stehen. Nach Fergussons Berechnungen blieben jetzt nur noch 40 km bis zum Senegal. ber den Senegal gibt es keine Brcke, und Boote werden wir auch nicht finden. Das heit also, wir mssen in jedem Fall noch mit dem Ballon hinberkommen. Das geht nicht, sagte Kennedy, der wieder Angst um seinen Karabiner bekam. Aber knnte nicht einer von uns hierbleiben, ich vielleicht... Herr Kennedy, meldete sich Joe, Sie wissen doch, da ich auf solche Unternehmen abonniert bin. Na, von Springen wollte ich nicht gleich gesprochen haben, aber so ein kleiner Fumarsch bis an den westafrikanischen Sandstrand .. . Kommt berhaupt nicht in Frage! Bevor ihr losmarschiert, bitte ich darum, auch mal einen Vorschlag machen zu drfen, sagte Fergusson. Ja, bitteschn. Wenn wir das Knallgasgeblse hinauswerfen, haben wir 450 kg weniger an Bord. Und wie lt du den Ballon dann steigen? Das wre dann nicht mehr ntig. Ich habe ausgerechnet, da wir drei zusammen mit dem Wichtigsten keine 250 kg wiegen. Und das schafft er! Sie schwiegen eine Weile und hatten alle ein Gefhl, als ginge es darum, dem Ballon das Herz auszureien. Du mut es wissen, du bist der Techniker, sagte Kennedy schlielich. Also raus! Stck fr Stck zerlegten sie den Apparat, zuerst den Mischungskasten, dann das Geblse und den Elektrodenkasten. Das Aggregat war so fest am Boden der Gondel festgezurrt worden, da sie es nur mit vereinten Krften herausreien konnten. Ein Metallteil nach dem anderen verschwand im Laub der Sykomoren. Am meisten Mhe machten die Rhren; Joe konnte zwar die Kautschukglieder ber der Gondel durchschneiden, aber die Rhren innerhalb des Ballons waren am oberen Ventil mit Messingringen befestigt. Joe leistete sein Gesellenstckchen. Er zog sich die Schuhe aus, um die Hlle nicht zu beschdigen, und kletterte Strick um Strick an der schwankenden und schaukelnden Ballonhlle bis zur Spitze empor, hielt sich dort mit einer Hand im Netz und schraubte mit der anderen die Ringe ab. Jetzt konnten die Rhren aus der unteren ffnung herausgezogen werden, und die Victoria, um fast eine halbe Tonne leichter, schnurrte empor und zerrte an den Halteleinen. Die drei nahmen ein Mitternachtshppchen aus Pemmikan und kaltem Grog, Joe und Kennedy legten sich schlafen, Fergusson bernahm die erste Wache. Ringsum war alles friedlich. Im Schein des letzten Mondviertels zerstreuten sich ein paar Wolken; die schwache Beleuchtung lie kaum etwas erkennen. Dr. Fergusson sttzte sich auf den Rand der Gondel und starrte unverwandt auf das Bltterdach unter sich. Er hing seinen Gedanken ber die Reise nach. Den stolzen Ballon hatte er mitsamt seiner Konstruktion fast vollkommen abwracken mssen. Die Einsamkeit dieser Nacht verstrkte seine dunklen Vorahnungen ber den Ausgang der Reise. Auf die Victoria konnte er sich nicht mehr verlassen ... so kurz vor dem Ziel war der Erfolg der Expedition drohend in Frage gestellt. Whrend dieser trben berlegungen schien es ihm einmal, als bewege sich etwas in den Wldern unter ihm, er glaubte, etwas aufblitzen zu sehen. Er nahm das Nachtglas und sphte angestrengt hinunter. Aber er entdeckte nichts, und die Stille schien ihm noch drckender als zuvor. Immerhin hielt er Kennedy, als er ihn ablsen kam, zu grter Wachsamkeit an. Der Schotte stopfte sich eine Pfeife, setzte sich in einen Winkel der Gondel und paffte genlich. Ein sanfter Wind raschelte in den Baumwipfeln und lie die Gondel ein bichen schaukeln; Kennedy dmmerte ein. Er ri zwar mehrmals die Augen erschreckt wieder auf und schaute ber den Rand, aber schlielich siegte die Erschpfung durch die wochenlangen Anstrengungen ber ihn, und er schlief ein. Wie lange er gelegen hatte, wute er nicht. Jedenfalls ri ihn pltzlich ein knisterndes Gerusch aus dem Schlaf. Sofort sprang er auf. Der Ballon leuchtete in rtlichem Widerschein. Der Wald brannte lichterloh! Feuer, Feuer! schrie er, und seine Kameraden fuhren hoch. Was ist denn los? fragte Dr. Fergusson. In diesem Augenblick ging unten ein furchtbares Geheul los. Den ganzen Wald haben die Wilden angezndet! rief Joe. Das sind Talibas! Die Marabuts des AI Hadschi! Rings um die Victoria stand der Wald in hellen Flammen, Zweige knisterten und knackten, Funkenregen schssen in den Nachthimmel. Die greren Bume stachen noch schwarz vom brennenden Untergrund ab, aber der feurige Widerschein drang schon bis zu den Wolken. Wir mssen runter! schrie Kennedy. Gleich brennt der Ballon! Aber Fergusson packte ihn am Arm und kappte das Ankertau mit einem Hieb. Schon schienen die Ballonwnde zu glhen, da endlich schnellte die Victoria 300 m steil in die Hhe. Geschrei und Flintenschsse beantworteten die Flucht, aber der Ballon entkam auch diesmal, dem Winde folgend, in westlicher Richtung. ~23 Htten wir den Ballon nicht schon gestern abend ausgerumt, sagte Dr. Fergusson, dann htten wir dieses Abenteuer gebraten oder frikassiert beendet Ich frchte nur, es war noch nicht das letzte, was wir zu bestehen haben. Was hast du denn jetzt schon wieder? fragte Kennedy. Dreh dich mal um! Die Victoria schwebte gerade ber dem Waldrand, da sprengten auch schon dreiig Reiter mit weiten Hosen und fliegendem Burnus unter den Bumen hervor, Lanzen und Musketen in der Hand. Sie schrien und fuchtelten mit ihren Waffen und ritten in kurzem Galopp die ersten Hnge der Senegalsenke hinab. Da sind unsere Freunde wieder! sagte der Doktor. Lieber im Wald mit wilden Tieren leben als mit diesen Banditen. Na, fliegen knnen die zum Glck noch nicht, bemerkte Joe. Bis jetzt sind wir doch ziemlich sicher vor ihnen, oder? fragte der Schotte. Und wenn erst mal der Flu zwischen uns und ihnen liegt, sind wir gerettet. Ich mu gestehen, ich fhle mich mit meinem Karabiner doch ganz wohl. Wie hoch sind wir jetzt? 250 m, antwortete Fergusson. Aber mit dem Windsuchen ist es jetzt aus. Die reiten ja nur Promenadentempo und knnen uns trotzdem folgen, rief Joe pltzlich. Sollen wir sie nicht auf Schuweite herankommen lassen? fragte der Schotte. Meine Kugeln reichen fr eine halbe Schwadron. Der Nachteil dabei ist, da sie uns dann mit ihren Musketen ebenfalls erreichen, antwortete der Doktor. Whrend des ganzen Vormittags schafften sie nicht mehr als 25 km in westlicher Richtung, und immer noch saen ihnen die Talibas dicht auf den Fersen. Unangenehmerweise war der Ballon inzwischen wieder 100 m abgefallen, und bis zum Senegal waren es noch mindestens drei Stunden. Pltzlich sank die Victoria um ein ganzes Stck, und die Talibas gaben ihren Pferden die Sporen. Der Ballon schwebte nur noch 50 m ber dem Boden, aber dort erfate ihn ein krftiger Wind und trieb ihn vorwrts. Die Talibas feuerten ihre Musketen ab, da hatte auch Kennedy den Karabiner hochgerissen und scho den vordersten Reiter aus dem Sattel. Die restlichen Verfolger hielten an, die Entfernung zwischen ihnen und den Reisenden vergrerte sich rasch. Jetzt sind sie wohl ein bichen vorsichtiger! Sie haben sich bestimmt schon ausgerechnet, wann der Ballon den Boden berhrt. Wir mssen wieder steigen, das ist unsere einzige Rettung. Joe, wirf die 15 kg Pemmikan hinaus. Zunchst erhob sich die Gondel, aber schon eine halbe Stunde spter schwebte sie nur noch knapp ber dem Erdboden. Das Gas schien immer schneller durch die Poren der Hlle zu entweichen. Der Gondelboden streifte bereits die Erde, die Talibas preschten heran, da hob sich die Victoria aus unerklrlichen Grnden pltzlich wieder, wie es schon fters geschehen war. Eineinhalb Kilometer weiter aber setzte sie erneut auf. Joe, wirf alles raus, Schnaps, Instrumente, auch den Anker. Joe packte, was er greifen konnte, und lie es ber den Gondelrand fallen. Der Ballon stieg fr einen Augenblick, sank aber gleich wieder hinab. Die Talibas waren jetzt auf 200 Schritt herangekommen. Flinten weg! schrie der Doktor. Aber nicht ohne Abschiedsgru߫, sagte Kennedy und scho viermal hintereinander. Vier Talibas wurden aus dem Sattel gerissen, die Horde brach in tierisches Gebrll aus. Die Victoria hpfte ein Stck, setzte wieder auf, sprang wie ein Gummiball durch das Gelnde und schien bei jeder Berhrung mit der Erde Kraft fr einen neuen Sprung zu schpfen. Aber auch diese Kraft mute bald erlahmen. Es war fast Mittag, der Ballon verlor immer rascher sein, Gas, so da er bald wie eine umgestlpte Flasche aussah. Die Hlle schlotterte im Wind, und die Falten des verzogenen Tafts legten sich eng umeinander. Wir haben immer noch 75 kg zum Abladen! rief der Doktor pltzlich. Was denn noch? fragte Kennedy und dachte, sein Freund sei bergeschnappt. Die Gondel! Wenn wir uns ins Netz lammern, schaffen wir's noch bis zum Senegal! Alle drei kletterten sie jetzt am Ballonnetz hoch, und whrend Joe sich mit einer Hand festhielt, schnitt er mit der anderen die Halterungen der Gondel durch. Sie fiel in dem Augenblick, als der Ballon sich endgltig auf den Boden setzen wollte. Befreit stieg er sofort auf 100 m Hhe und wurde dort von einem Windstrom gepackt, der ihn mit hoher Geschwindigkeit nach Westen trieb. Schmei die Flinten raus, Dick, sonst kriegen sie uns!" Aber nicht ohne Abschiedsgru߫, antwortete der Schotte. Obwohl die Talibas in gestreckten Galopp bergegangen waren, fielen sie bald zurck. Vor der Victoria tauchte ein schroffer Hgel auf, den sie mhelos berstieg. Das war der bentigte Vorsprung! Denn die Talibas muten in groem Bogen darum herumreiten. Whrend des luftigen Flugs hatten die Reisenden das Netz unter sich zusammengeknpft und saen jetzt in einer schaukelnden Tasche. Sie waren gerade ber dem Hgelkamm hinweg, da schrie der Doktor: Der Strom! Der Senegal! 3 km vor ihnen wlzte sich der Strom zu Tal. Das flache gegenberliegende Ufer war deutlich zu erkennen. Noch eine Viertelstunde! rief Fergusson. Das Gelnde fiel zum Strom hin sanfter ab, kahle Hnge gingen in Ebenen ber, die mit Felsbrocken berst waren, und darauf standen sprlich vertrocknete Grser. Wieder nherte sich der Ballon dem Boden, setzte kurz auf und sprang, bis die Sprnge immer krzer wurden und die Victoria schlielich mit dem Netz an den oberen Zweigen des einzigen Affenbrotbaums, der weit und breit zu sehen war, hngenblieb. Hundert Schritt vor dem rettenden Flu! jammerte Joe. Die drei lieen sich aus dem Netz gleiten und rannten zum Ufer. Erst jetzt hrten sie das Getse eines fernen Donners, und als sie am Fluufer anlangten, sahen sie auch die Ursache: die Wasserflle von Guina! Auf einer Breite von 650 m strzten die Wassermassen des Senegal 50 m in die Tiefe. In der Mitte des Kataraktes ragten bizarre Felsen in die Hhe und wirkten aus der Entfernung wie riesige Reptilien aus dem Erdmittelalter. Es wre in jedem Fall lebensgefhrlich gewesen, den Strom hier zu berqueren, unter den jetzigen Umstnden schien es vllig unmglich. Kennedy wurde schon von der Verzweiflung gepackt, da sagte Dr. Fergusson entschlossen: Wir haben immer noch eine Chance. Dacht ich mir's doch. Die Talibas knnen frhestens in einer Stunde hier sein. In dieser Zeit mssen wir mindestens einen Zentner trockenes Gras zusammensuchen. Was soll denn das schon wieder? Wenn wir kein Gas mehr haben, mssen wir, wie die Brder Montgolfier, mit heier Luft aufsteigen. Samuel, du bist der Grte. Dze